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Thausing, Moritz
Wiener Kunstbriefe — Leipzig: Seemann, 1884

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https://doi.org/10.11588/diglit.47062#0147
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IX.

Die Erwerbung des Skizzenbuches von Jacques
Callot für die Albertina.


s war an einem Januarabende des Jahres 1875,
dass mich der Kunsthändler Alexander Posonyi
in seine Wohnung lockte durch das wenn auch

noch so oft eitle, doch immer wieder zugkräftige Ver¬

sprechen mir eine echte Dürerzeichnung zu zeigen. Und
der Lockvogel war auch wirklich unecht. An jenem
Abende aber zog Posonyi wie zufällig noch ein anderes
kleines Blatt aus der Lade seines Schreibtisches und hielt

es mir so hin. Kunstfreunde wissen ja, welchen Werth
für die Erkenntniss eines Kunstwerkes der erste An¬

blick desselben hat. Es hängt freilich viel von der
augenblicklichen Stimmung des Betrachters ab, ob er
gut geschlafen, gut gefrühstückt hat und Gott weiss
was noch! Unter sonst gleichen Umständen aber
werden wir den ersten Eindruck, den ein Kunstwerk
auf uns macht, immer besonders in Rechnung ziehen.
Es ist, um einen hydropathischen Vergleich zu machen,
damit ähnlich, wie mit dem vielgepriesenen Choc beim
Hineinspringen in’s kalte Wasser. Oder vielmehr es
ist umgekehrt. Wenn Einem beim Kaltwasser-Choc
Hören, Sehen und Denken für eine zeitlang völlig
 
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