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Thausing, Moritz
Wiener Kunstbriefe — Leipzig: Seemann, 1884

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https://doi.org/10.11588/diglit.47062#0335
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XXIII.

Giorgione und Ariosto, Tizian, Palma und Dürer.
Aus der Eszterhazy- Galerie.

enn Giorgione als Meister des Antonio Broc-
cardo vorstellenden Bildnisses immerhin noch
zweifelhaft bleibt, so braucht der Besucher in
der Pester Landes- Galerie doch nur eine kleine
Schwenkung zu machen und er steht wirklich vor
einem unzweifelhaften Giorgione, Nr. 143 des alten
deutschen Kataloges, wo die Darstellung seltsamer-
weise als „Zwei Blinde“ bezeichnet wird. Nein, mein
lieber Galerie - Director oder Katalog-Verfasser, der
du bist, wenn hier Jemand blind ist, diese zwei Männer,
die da im Bilde den Abhang niedersteigen, die sind
nicht blind, im Gegentheile, sie sind vornehmlich mit
Schauen beschäftigt, sie sind ganz Auge! Ihre Klei-
dung ist ungeordnet, die Bänder daran nicht geknüpft,
als wären sie eben aus der Nachtruhe aufgeschreckt
worden. Der Aeltere, Bärtige, steht, mit der Linken
auf einen langen Stab gestützt, mit der Rechten an
den Gürtel fassend, zähnefletschend vor Erregung und
blickt ernst nach links herab, wo ihm der Andere,
Jüngere, mit dem ausgestreckten rechten Arme etwas
zeigt, indess er den linken um seinen Nacken ge-
Thausing, Wiener Kunstbriefe. 21
 
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