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Lionardos Abendmahl.
Garten umgruben, und er beschwerte sich deshalb
beim Herzog Lodovico Sforza. Mit aller Schonung
und mit Hinweis auf den lästigen Abt fragte der
Herzog den Meister; und diesem antwortete nun Lio-
nardo mit einer glänzenden Auseinandersetzung über
das Wesen der Kunst und wie erhabene Geister zu-
weilen am meisten schaffen, wenn sie nicht arbeiten,
indem sie dann die herrlichen Ideen erfinden und im
Geiste gestalten, welche die Hände später nachbilden
und ausführen. Schliesslich drohte er, er würde, falls
er keine geeignetere Physiognomie für seinen Judas
fände, dem Verräther des Priors Kopf aufsetzen, der
auf alle Fälle dazu passend w’äre. Der Herzog lachte
und der Prior soll sich seitdem begnügt haben, seine
Gartenarbeiter zu beaufsichtigen, und liess Lionardo
in Frieden.
Bedenkt man diese zögernde, auch sonst beglau-
bigte Art Lionardos zu schaffen, so wird man gerne
Denjenigen zustimmen, welche eine längere Jahres-
reihe für die Ausführung seines Letzten Abendmahles
annehmen. Leider fehlt es uns zu sehr an Nachrichten
über seinen ersten Aufenthalt in Mailand. Vermuthlich
hängt die Schenkung eines Weinberges von sechzehn
Ruthen vor dem vercellischen Thore, die Lionardo im
Jahre 1499 kurz vor dem Sturze des Herzogs Lodo-
vico Moro von diesem empfing, mit der Vollendung
des grossen Werkes zusammen.
Allerdings ist das Original des Abendmahles von
Lionardo heute nur mehr eine schöne Ruine. Es be-
gann schon frühzeitig schadhaft zu werden, denn Lio-
nardo hatte wie gewöhnlich leider auch hier Experi-
mente in der Technik gemacht, die sich nach der
Hand immer schlecht bewährten. Ob er mit Oel, mit
Asphalt oder gar mit Druckerschwärze an die Wand
Lionardos Abendmahl.
Garten umgruben, und er beschwerte sich deshalb
beim Herzog Lodovico Sforza. Mit aller Schonung
und mit Hinweis auf den lästigen Abt fragte der
Herzog den Meister; und diesem antwortete nun Lio-
nardo mit einer glänzenden Auseinandersetzung über
das Wesen der Kunst und wie erhabene Geister zu-
weilen am meisten schaffen, wenn sie nicht arbeiten,
indem sie dann die herrlichen Ideen erfinden und im
Geiste gestalten, welche die Hände später nachbilden
und ausführen. Schliesslich drohte er, er würde, falls
er keine geeignetere Physiognomie für seinen Judas
fände, dem Verräther des Priors Kopf aufsetzen, der
auf alle Fälle dazu passend w’äre. Der Herzog lachte
und der Prior soll sich seitdem begnügt haben, seine
Gartenarbeiter zu beaufsichtigen, und liess Lionardo
in Frieden.
Bedenkt man diese zögernde, auch sonst beglau-
bigte Art Lionardos zu schaffen, so wird man gerne
Denjenigen zustimmen, welche eine längere Jahres-
reihe für die Ausführung seines Letzten Abendmahles
annehmen. Leider fehlt es uns zu sehr an Nachrichten
über seinen ersten Aufenthalt in Mailand. Vermuthlich
hängt die Schenkung eines Weinberges von sechzehn
Ruthen vor dem vercellischen Thore, die Lionardo im
Jahre 1499 kurz vor dem Sturze des Herzogs Lodo-
vico Moro von diesem empfing, mit der Vollendung
des grossen Werkes zusammen.
Allerdings ist das Original des Abendmahles von
Lionardo heute nur mehr eine schöne Ruine. Es be-
gann schon frühzeitig schadhaft zu werden, denn Lio-
nardo hatte wie gewöhnlich leider auch hier Experi-
mente in der Technik gemacht, die sich nach der
Hand immer schlecht bewährten. Ob er mit Oel, mit
Asphalt oder gar mit Druckerschwärze an die Wand