Wegrnn ser anHLrorDemnGsn LanMagLMgung
«M 18. September.
Verabschiedung er neuen Gemeindeordnung.
Karlsruhe, 6. Sept. Der Badische Landtag wird am
Donnerstag, den 15. d. M., vormittags 1116 Uhr M der ersten
Sitzung der Herbstsession zufammentreten. Als einziger Punkt steht
der Bericht des Ausschusses für Rechstpflege und Verwaltung und
Beratung über den Gesetzentwurf einer dich. Gemeindeordnung
samt einschlägigen Gesuchen auf der Tagesordnung.
Die sozialdemokratischen Kandidaten zur Lanötagswahi.
6. Lan d t a g s w ah lk r e i s.)
1. Georg Strobel, Parteisekretär, Mannheim.
2. Adam Remmels, Minister, Karlsruhe.
3. Bernhard Gchweiler, Bürgermeister, Altlußheim^
' 4 Therese Blase, Hausfrau, Mannheim. D
5. Maximilian Arnold, Sieinarbeiter, Mannheim.
6. Karl Wehner, Schlosser, Mannheim.
7. Karl Hahn, Parteisekretär, Mannheim.
8. Wilhelm Reineke, Kaufmann, Weinheim.
9 Johann Schäfer, Bürgermeister, Waüstadt.
16. Lothar Hertel, Rektor, Mannheim.
11. Johann Friedrich Bröckel, Zigarrenmacher, Hockenheim.
12. Georg Eifler, Landwirt, Sandhöfen.
13. Jakob Trumpfheller, Werkzeugschlosser, Mannheim-Neckarau.
14. Else Heiser, Hausfrau, Mannheim.
15. Friedrich Weidenhammer, Bezirksleiter, Hemsbach.
46. Peter Landwehr, Schuhmachermeister, Schriesheim.
7. Lanbtagswahlkreis:
1. Emil Maier, Wirtschaft skeamter, Heidelberg.
2. Karl Rausch, Regierungsrat, Karlsruhe.
Z.Dr. Emil Kraus, Redakteur, Heidelberg.
4. Albert KuntzemnWer, Realschuldir., Tauberbischofshsim.
5. Engelhard, Gew-erkschaftssskretär, Heidelberg.
6. Robert Bvlschweiler, Bürgermeister, Ziegelhausen.
7. Joses Heck, Mechaniker, Lauda.
8. Georg Roth, MetaWdrücker, Sinsheim.
9. Jakob Gantzer, Reisender, Sennfeld.
10. Frau Christine Sommer, Kinderpflegen», Heidelberg.
11. Wilhelm Frank, Maurer, Eppingen.
12. Gg. Jakob Frey, Bürgermeister, Neckarelz.
13. Karl Heller, Schreinermeister, Buchen.
14. Rupert Pastötter, Maler, Heidelberg.
15. Theodor Steltz, Pfarrer, Neunstetten.
(Die ersten fünf Kreislisten folgen morgen, die Namen der
Landesliste standen bereits gestern in der Parteitagsbeiiage.)
LV Skl G?VkWOSk!lIkWU
Die Verlobten.
Won Alleffandrs Manzoiri.
(184. Fortsetzung.) (Nachdruck verboten.)
Wr die ArhsiLerpreffe — gegen die bürger-
liche Presse.
Die Karlsruher Gewerkschastsfmrkttoriäre und Betriebs-
Verirarrensleute für die Arbeiterpresse.
Die GsMerkschaftsksMmWon und dec Vollzugsrat der Karls-
ruhe-Durlacher Bsiriebsräte hatte zum Montag abend die Gewerk-
schaftsfunktionärs und die Betriebsobleute zu einer Versammlung in
den „Elefanten" ei »geladen, in der Genosse Abg. Schspslin und der
Redakteur der unabhängigen „Tribüne", Genosse B e r g, über die
Bsd-euümg der Axbeiterpresss zur Führung der poMschen und Wirt-
schaftlichen Kämpfe sprachen.
Der Besuch war glänzend. Das Versammlungslokal war dicht
MM. Beide Redner zeigten den Versammelten, wie dringend
geboten es ist, wenn die Arbeiterschaft die kommenden schweren
wirtschaftlichen Kämpfe bestehen will, daß an Stelle der bÄrgerlichsn
Presse die Arbeiterpresse in die Wohnungen der Arbeiter Einzug
HW.
Genosse Schöpslin bemerkte einleitend, daß er es für not-
wendig Halts von Männern aus der Werkstatt und von. den Ver-
werden. Dabei muß man berücksichtigen, daß der starke Zustrom zu
hören. Die Wirtschastskämpfe werden für die Zukunft noch schärfer
werden. WDbei muß man berüsichtt'gsn, daß der starke Zustrom zu
den Gewerkschaften auch Mitglieder gebracht hat, die mit der Ar-
beiterbewegung noch nicht so vertraut sind. Da gilt es Erziehungs-
arbeit zu leisten. Ins Gewicht fällt aber insbesondere, daß das
Unternehmertum über glänzende politische und wirtschaftliche Or-
ganisation verfügt.
Für uns entsteht dis Frage, wie sollen die Wirtschastskämpfe
geführt werden, wenn die Massen der Arbeiter nicht a-uf Kampf,
den Zweck, Ziel und Disziplin eingestellt sind. Es muß deshalb
versucht werden, die Massen auch geistig zu uns herüberzüöringen.
Neben Versammlungen aller Art ist es aber die Presse, die auf
die Masse einwirken kann.
Und hier steht die Zahl der Abonnenten aller sozialistischen
Zeitungen in keinem Verhältnis zur gewerkschaftlich organi-
sierten Arbeiterschaft.
Renzo erhielt den Brief und sandte mit der Zeit sine Gegen-
antwort. Kurz, es bildete sich zwischen beiden Teilen ein Brief-
wechsel, der zwar nicht schnell und regelmäßig, aber doch selbst unter
Absätzen und Zwischenräumen fortgeführt wurde.
Renzos erster Bries enthielt vielfache Punkte. Zuerst eine Er-
zählung der Flucht, kürzer, aber fast noch übler behandelt, als sie
aus unserer! Händen gekommen; dann eine Darstellung seiner gegen-
wärtigen Verhältnisse. Daraus entnahm Weder Agnes« noch ihr
Dolmetscher eine klare oder vollständige Einsicht — Heimlichs Wei-
ung, Annahme eines fremden Namens, sicher sein, aber im Verbor-
zensn leben, das waren Dinge, mit welchen ihr Verstand schon an
ich selbst nicht vertrant war; die rätselhafte Bezeichnung im Briefs
machte sie vollends unverständlich. Dann betrübte, leidenschaftliche
Nachfragen über Lucias Schicksale, nMt dunklen schmerzvollen Win-
ken über die Gerüchts, welche in dieser Hinsicht auch zu seinen Ohren
gelangt waren. Zuletzt kamen ungewisse und entfernte Hoffnungen,
hingeworfens Pläne für dis Zukunft, währenddessen Versprechungen
und Bitten, in der gelobten Treue nicht zu wanken, Geduld und Mut
nicht zu verlieren, und es nur einige Zeit es noch mit anzusehen.
Nach einigem Zwischenraum fand Agnes« ein sicheres Mittel,
ihm eins Antwort mit den fünfzig Scudi, welche Lucia für ihn be-
stimmt hatte, zukommen zu lassen. Bei dem Anblick so vielen Gol-
des wußte er nicht, was er denken sollte; die Seele wie von einem
Wunder erfüllt, in einer Ungeduld, die sich durchaus nicht fügen
mochte, suchte er spornstreichs seinen Schreiber auf, um den Brief
sich erklären zu lassen und zum Schlüssel eines so seltsamen Ge-
heimnisses zu gelangen.
In dem Briefs hatte Agnesens Schreiber, nachdem er über die
geringe Deutlichkeit ihres Vortrags bittre Klagen erhoben, in einem
ebenso kläglichen Tone die entsetzliche Geschichte jener Person — so
hieß es in dem Schreiben — erzählt; dann gab er Auskunft über
bis fünfzig Scudi; endlich kam er auf das Gelübde zu sprechen, ging
aber dabei mit Umschreibungen zu Werke, und teilte nur am Schluffe
in einfachen deutlichen Ausdrücken den Rat mit, Renzo möchte sich
zufrieden geben und an das Mädchen nicht weiter denken,
ü Wenig fehlte, so wäre der Jüngling feinem dolmetschenden
cosm yar sie MmsM-rarwn m Zrsrlsruye em emvruKsvoues
Bild hinterlassen, aber die Arbeiter und AngGeMen miisM dauernd
auf den Kampf emgeflsltt sein. An der Volkswirtschaft haben die
Arbeiter das größte Interesse. Soll aber die Arbeiterpresse sich
mit Volkswirtschaft befassen, so muß aber zuerst dis materielle
Grundlage dazu geschaffen werden. Dazu kann jeder A r-
beiter beitragen, indem er die sozialistische Presse unterstützt. Mit
den Lesern der bürgerlichen Presse können wir die Kämpfe nicht
durchführen, denn diese erziehen keine Sozialisten! Wicht aller
Arbeiter ist es, die sozialistische Presse zu abonnieren. Es gilt des-
halb für die beiden hier in Betracht kommenden sozialistischen Blät-
ter zus agitieren in Betrieben und wo es sonst geht. Wir müssen
neben- und miteinander den aeMeinfamen Feind, „den Unverstand
der Massen, den wir am meisten Lassen", bekämpfen. Es gilt für
ein gemeinsames Ziel, für bas sich die G.P.D. und U.S.P. ein-
setzen müssen. Dre Arbeiter müssen den Wert der Presse endlich
erkennen lernen, wie dies Lei Stinnes der Fall ist. Es liegt im
Interesse der Gewerkschaften, ihrer Einigkeit und Schlagkraft.
Mosbach.
Am Sormtag, de« 1L. September, nachmittag»
3 Uhr findet im Lokal „Zum Felsenkeller" eine
Tagesordnung:
1. Bericht vom Parteitag
(Berichterstatter: Gen. Aue rnhamm er-Mosbach).
2. Festsetzung der Agitationsversammlungen.
Es ist Pflicht einer jeden Mitgliedschaft, auf der Kon-
ferenz vertreten zu sein.
Der Arntsbezirkrirorstand.
Gen. Berg- Mannheim, Redakteur der Mannheimer „Tri-
büne", führte aus, daß die sozialistische Presse Klarheit bringen
muß. MeSnforderungen kann die Presse in der Zeit der wirt-
schaftlichen Kämpfe nicht entsprechen. Wir müssen die Wirtschafts-
kämpfe zu unseren Gunsten, für dm Sozialismus, gestalten.
Mit dem UnternchmsrÄrm können wir nichts gemeinsam erreichen,
sie haben nichts übrig für soziale Bessergestaltung der Arbeitneh-
merschaft. Die Regierungen allein können ohne dis Ar-
beiterschaft nicht den WWen derselben erfüllen. Dschalb ist es
Wicht der sszialistifchen Presse, die Wünsche der Arbeiter zu ver-
treten. Sehr bedauerlich ist, daß die Jugend größtenteils im Sport
aufgcht, rvas aber nicht heißen soll, daß der junge Arbeiter keinen
Sport treiben soll. Ein Hauptaugenmerk ist auch auf die Frauen
zu richten, die sich vom bürgerlichen Preffeklatsch nicht trennen kön-
nen. Hier muß dm Grauen Aufklärung gegeben Werben. Die
sozialistische Presse mutz vor allen Dingen aufkiärend und mit alter
Klarheit wirken. Das Gift, das hie bürgerliche Presse in die Häuser
bringt, mutz ausgerottet werden, deshalb gilt es für die sozialistische
Presse zu wirken.
Den beiden Referaten folgte eine recht ausgiebige Aus-
sprache, die nicht nur von großer Sachlichkeit getragen war, son-
dern aus einem geistig sehr hohen Niveau gestanden hat. Von allen
Rednern wurde scharf verurteilt, daß noch so viele GWerkschastler
Leser der bürgerlichen Presse sind und dadurch .die Arbeitnehmer-
interessen aufs schwerste schädigen. Der Kampf gegen dis bürgerliche
Presse bedeute nichts anderes als ein Stück Selbsterhaltungstrieb
für die Arbeiterschaft. Gewünscht wurde auch, daß der Kampf der
sozialistischen Presse gegeneinander nobel geführt werden möge. Ver-
schiedene Redner beklagten sich darüber, dcch dis Jugend nur
Interesse am Sport habe und sich um wirtschaftliche und politi-
sche Dinge nicht kümmere. Aus der ganzen DiÄufston klang er-
freulicherweise nur ein Wille hervor: Heraus mit den bürgerlichen
Zeitungen aus den Arbeiter- und Angestellten-Wohnungm, hinein
mit bet sozialistischen Presse. Für dieses Ziel wollen wir unsere
Kraft einsetzen.
Arbeiter und Angestellte Heidelbergs! Wollt Ihr an Kampfts-
mui und Opfergeist -hinter dm Karlsruher Genossen zurückstehe«?
Aus dem ParLeilböeK»
m. Ziegelhäusern 6. Sept. Am Samstag abend hielt Gen. Dr.
Kraus im Saale des Gasthauses „zur Rose" ein Referat mit dem
Thema: „Der Mord an Erzberger und Hie politische Lage". Der Besuch
war befriedigend. 8m Verlauf seiner Ausführungen schilderte er die
politische Tätigkeit Erzbergers, der durch seine Ankshaltung den Groll
der Rechtsparteien auf sich zog, dem er auch zum Opfer fiel. Er geißelte
mit scharfen Worten die unverschämte Kampfesweise der Rechten, die
den mit dem Belagerungszustand geschmückten" Staat Bayern als den
Leser zu Leibe gegangen; er zitterte, er entsetzte sich und geriet über
das, was er verstanden, wie über das, was er nicht verstanden, in
besinnungslose Wut. Drei- oder viermals ließ er sich das Schmer-
zensblatt von neuem lesen; dadurch begriff er manches besser, man-
ches, was ihm anfangs klar geschienen, stand nun erst in finsterer
Verwirrung da. Und in dieser Fieberhitze der Leidenschaft verlangte
er, der Schreiber sollte augenblicklich sich niedersetzen und antworten.
Nach den ungestümsten Ausdrücken des Mitleids und des Schreckens,
um Lucias Schicksale willen, sagte er diktierend: „Schreibt, daß ich
mich nicht zufrieden geben will und nimmermehr geben werde; daß
das kein Rat ist, den man einem Menschen, wie ich, erteilt; daß ich
das Geld mit keinem Finger berühren werde; daß ich's beiseite lege
und es bewahre, zur Mitgift fürs Mädchen: daß ich immer habe
sagen hören, dis Jungfrau tritt herzu, um Geängstigten zu helfen
und dafür Dank zu erhalten, daß sie aber rät, einen Schimpf anzu-
tun und sein Wort zu brechen, hält' ich msmalen gehört; daß es so
nicht bleiben kann; wenn ich jetzo in der Klemme stecke, so ists em
Sturm, der bald verbraust sein wird." — Und dergleichen mehr.
Agnsse empfing diesen Brief und ließ antworten; so ward der Brief-
wechsel m der angegebenen Weise fortgesetzt.
Sobald Lucia von der Mutter erfahren, daß Renzo am Leben
und in Sicherheit sei, auch Nachricht erhalten habe, fühlte sie eine
große Erleichterung und wünschte nur, er möchte sie vergessen, oder
um es gewissenhafter auszudrücken, er möchte sich bemühen, sie zu
vergessen. Ihrerseits faßte sie wohl hundertmal täglich einen ähn-
lichen Entschluß, und wandte auch jedes Mittel an, um ihm Wirk-
samkeit zu verschaffen. Unermüdlich fesselte sie sich an dis Arbeit
und suchte ihrs ganze Seele dabei zu beschäftigen; trat Renzos
Bild ihr vor die Augen, so sagte sie oder sang im Geiste fromme
Gebete her. Aber dieses Bild tauchte, gerade als wenn Bosheit
es leitete, gewöhnlich nicht offen empor; es schlich sich verstohlen
hinter Andern ein, und nur nach einiger Zeit erst gewahrte die Seele
der- Gast. Lucias Gedanken — und wie hätten sie nicht sollen? —
weilten oft bei der Mutter; der Renzo ihrer Einbildungskraft trat
dann leise der dritte hinzu, wie der wirkliche so oft getan. So stellte
sich mit allen Personen, an allen Orten, bei allen Erinnerungen aus
der Vergangenheit, der Jüngling zugleich mit ein. Und wenn die
Arme sich bisweilen mit spinnender Einbildungskraft in das Dunkel
ihrer Zukunft verirrte, erschien er auch dort, um wenigstens zu sagen:
Ich werde auf keinen Fall zugegen fein. Nicht an ihn zu denken,
war ein verzweifeltes Beginnen; indessen dachte Lucia doch seltener
an ihn, seltener als ihr Herz wollte, und jo gelang ihr ihre Absicht
W Mll Ȁ Stil MUMM.
Weinheim. (Feuer in den Le der werken.) Aus unauf-
geklärter Ursache entstand im Kesselhause der kedeMverke Freudenberg
«Feuer. Während das Kesselhaus vollständig niederbrannte, konnte dcch
anschließende Maschinenhaus gerettet werden. Der «Fabrikbetrieb erleide:
keine Störung.
Singen. Liebesdrama.) Der städtische Arbeiter Otto Schön!«
hat am Sonntag abend beim Tanz seine Geliebte, die Hermine Ziegler
erichcsten. Darauf jagte er sich selbst eine Kugel in den Kopf. Er war
sofort tot.
bis zu einem gewissen Punkts. Es war aber noch eine Dame Prassede
vorhanden. Diese spannte alle Segel auf, um dem Mädchen den
jungen Bösewicht aus dem Herzen zu reißen, und fand kein besseres
Mittel, als recht oft von ihm zu sprechen. — „Nun," sagte sie manch-
mal, „denken wir nicht mehr an ihn?« — Ich denke an niemanden,"
war Lucias Antwort.
orvimngsMMAWren «mar anprersrn, wen Ile von rmgSffvrk ryr gemeines
unverschämtes Werk gegen die Republik betreiben können. eRdner hob
besonders hervor, daß nur durch eine geschlossene Einheitsfront der Ar-
beiter den Machenschaften der Reaktion Einhalt geboten werden kann
und appellierte an die Arbeiter, alle Kleinlichkeits und Perfönlichkeitp-
streitereim beiseite zu lassen und überall auf die Einigung Les Prole-
tariats hiiMwirken. Die Versammlung nahm mit sichtlichem Interesse
den Vortrag entgegen und gab reichlich Beifall. Da sich in der Die-
kuffion niemand zum Wort meldete, schloß Gen. Bvlsschweiler die Ver.
fammlung.
Der Parteitag der schweizerischen Sozialdemr tratst.
Luzern, 4. Sept. Unter dem Vorsitz von Reinhard
(Bern) wurde am Samstag in Luzern der Kongreß der Svzial-
HZmokratischen Partei der Schweiz eröffnet. In seinem Eröff-
nungswort führte Parteipräsident Reinhard aus: Trotz der Spal-
tung steht die Partei ungeschwächt da, während die Kommunistische
Partei in der Schweiz wie in Deutschland im Rückgang begriffen
ist. Die Spaltung unserer Partei war im Hinblick auf die
Reaktion, besonders die Lex Häberlin, ein Verbrechen an der Ar-
beiterschaft.
Als fremde Gäste sind anwesend Friedrich Adler (Wien),
Dr. Rosenfeld (Berlin) und georgische Genossen. — Der Ge-
schäftsbericht wird genehmigt, ebenso die Rechnungsablage. In der
Berichtsperivde 1918/20 ist die MWiederzahi von 39 068 auf
54 099 gestiegen. Die Rechnung weist ein Aktivsaldo von 58 000
Franken gegenüber 28 000 Franken im Jahre 1918 auf.
Den Hauptpunkt der Tagesordnung bildete die Frage des
Beitrittes der Schweizer Partei zur Wiener' Internattonalen Ar-
beitsgemeinschaft. Nationalrat Grimm <Bem) vertritt den An-
trag der Geschäftslsitung, die sozialdemokratische Partei solle der
Arbeitsgemeinschaft Lestreten. Die Fehler und Mängel der Zweiten
-Internationale seien das Kriterium, nach dem die Arbeitsgemein-
schaft aufgebaut werde, die noch keine Internationale sei und keine
zu sein beanspruche, sondern eine die großen Massen der Arbeiter-
schaft umfassende Organisation, die dis Intemalionals vorbereitm
soll. Die Wicht der Durchführung der Beschlüsse müsse, statt wie
in der Zweiten Internationale bei der Führerschaft, bei der großen
Masse Regen. Die Konferenz in Wien sucht die Grundlagen für
den internationalen Kampf und lehnt den Sozialpatriolismus und
die Landesverteidigung ab. Nur die Parteien, die in ihrer großen
Mehrheit auf diesem Standpunkt stehen, können der Arbeitsge-
meinschaft beitreten. Wer den Glauben an die Möglichkeit, daß
die großen Massen der Arbeiterschaft zu diesem Prinzip sich be-
kennen werden, verloren hat, hat den Glauben an den Sozialismus
verloren. Zur Demokratie Stellung nehmend, steht die ArLeits--
gememschafk auf dem Standpunkt, daß diese in den kapitalistischen
Staaten ein Mittel zur Unterdrückung der Arbeiterklasse sei. Der
bürgerlichen Diktatur müsse die proletarische Diktatur in Form von
Arbeiter-, Bausrn- und Soldatenräten gegenübergestM werden,
wenn jene eine zustaMegekommene sozialdemokratische Mehrheit mit
Gewalt unterdrücke-; wolle. Der Arbettsgememschaft sind heute
zwölf Länder angeschlossen. Ein organisatorisches Zusammengehen
mit der Zweiten Internationale sei ausgeschlossen. Gelegentliche
Konferenzen mit ihr zu informatorischen Zwecken seien der Einheit-
lichkeit der Arbeiterbewegung förderlich und notwendig. Aus eine
Revision -der 21 Bedingungen könne nicht -gehofft werden, da von
feiten der Dritten «Internationale der Wille hierzu fehle. Unsere
Part« müßte mindestens in der Form so behandelt werden, wie
Moskau mit Lloyd George verhandelt. Wenn Turatt sogar aus
der italienischen Partei ausgeschlossen werden soll, so können wir
uns ein Bild über die Wirkungen der 21 Moskauer Bedingungen
machen. Uebrigsns werden sie nicht überall gehalten. «In Frank-
reich hatte die Spaltung im allgemeinen Ardcilerbuad (Evnsede-
ration Generale du Travail) verheerende Wirkungen. Im Interesse
der Erhaltung der Gewerkschaften müsse der Zellenbilö-ung und
den: «Kampf gegen die Amsterdamer Gewerst-Ha sie lntemaLst nals
Opposition gemacht werden. Die «Internationale könne nur durch
den unablässigen «Klassenkampf der «Arbeiter in allen Ländern er-
stehen. Die „-Splendid Isolation", die von den Genossen, die den
Gegenantrag aus Nichi-eintreten stellten, gedacht ist, können wir uns
nicht leisten. — Mit großem Beifall wird dis Aufforderung zum
Beitritt in die «mternattvrmle Arbeitsgemeinschaft ausgenommen.
Nach lebhafter Diskussion wurde der Beitritt zur Wiener
Arbeitsgemeinschaft mit 24S gegen 13 Stimmen vollzogen. Grimm
und Graber wurden in das Wiener Bureau MNZHlt.
NeuntesKapitel.
Nach der Empörung am Martinstage schien der Ueberfluß,
wie durch ein Zauber, nach Mailand zurückgekshrt zu sein. Dis
Brotlädsn waren überflüssig versehen; ein Preis, wie in fruchtbaren
Jahren, und auch für das Mehl ward verhältnismäßig gezahlt.
Wer an jenem Tage geschrien oder noch mehr getan, durste, mit
Ausnahme einiger "wenigen, sich jetzt Beifall zurufen, und sobald
nur der erste Schrecken der Verhaftungen vorüber, ließ man es
auch daran nicht fehlen. Aus den Plätzen, an den Straßenecken, in
den Schänken gab's ein öffentliches Jubeln; man wünschte sich Glück
und rühmte sich halblaut, Wühlfeiles Brot erwirkt zu haben. Mitten
im festlichen Schwungs aber gab sich eine Anruhe, ein Vorgefühl
zu erkennen, daß die Freude von keinem Bestand sein dürfte. Man
überlief die Bäcker und Mehlhündler, wie schon früher, bei Ferrers
flüchtigem Lrugüberfluß, geschehen war; wer etwas Geld liegen
hatte, setzte es in Brot und Mehl nm; aus Kisten, Tonnen und
Kesseln wurden Vorratskammern gemacht. Während man so im
Genüsse des gegenwärtigen Vorteils wetteiferte, machte man, da er
sich schon nicht länger währen konnte, selbst die kurze Dauer un-
unmöglich. Am fünfzehnten November erließ daher Antonio Ferrer
auf Befehl Ihrer Exzellenz eitte Verordnung, welche jedem, der
Getreide oder Mehl im Hause hatte, dergleichen zu kaufen verbot;
auch sollte niemand bei Geld- und Leibesstrafs für mehr als zwei
Tage Brot kaufen; man forderte zur Angebung der Uebertreter auf
und befahl den Richtern, in «-gezeigten Häusern Nachsuchungen an-
zustellen; aber auch den Bäckern ward angesagt, sie sollten „bei
fünfjähriger Galeerenstrafe" ihre Läden jederzeit hinlänglich mit
Brot versehen halten. Wer der Meinung sein wollte, daß solch einer
Verordnung Genüge geleistet ward, dec stellt sich die Dinge nach
seiner Weise vor, und' überhaupt, wenn alle, so^erschienen, in Aus-
führung gebracht worden wären, so hätte das Herzogtum Mailand
wenigstens ebensoviel Leute, als jetzt Großbritannien, auf dem Meere
haben müssen.
-Fortsetzung folgt.)
«M 18. September.
Verabschiedung er neuen Gemeindeordnung.
Karlsruhe, 6. Sept. Der Badische Landtag wird am
Donnerstag, den 15. d. M., vormittags 1116 Uhr M der ersten
Sitzung der Herbstsession zufammentreten. Als einziger Punkt steht
der Bericht des Ausschusses für Rechstpflege und Verwaltung und
Beratung über den Gesetzentwurf einer dich. Gemeindeordnung
samt einschlägigen Gesuchen auf der Tagesordnung.
Die sozialdemokratischen Kandidaten zur Lanötagswahi.
6. Lan d t a g s w ah lk r e i s.)
1. Georg Strobel, Parteisekretär, Mannheim.
2. Adam Remmels, Minister, Karlsruhe.
3. Bernhard Gchweiler, Bürgermeister, Altlußheim^
' 4 Therese Blase, Hausfrau, Mannheim. D
5. Maximilian Arnold, Sieinarbeiter, Mannheim.
6. Karl Wehner, Schlosser, Mannheim.
7. Karl Hahn, Parteisekretär, Mannheim.
8. Wilhelm Reineke, Kaufmann, Weinheim.
9 Johann Schäfer, Bürgermeister, Waüstadt.
16. Lothar Hertel, Rektor, Mannheim.
11. Johann Friedrich Bröckel, Zigarrenmacher, Hockenheim.
12. Georg Eifler, Landwirt, Sandhöfen.
13. Jakob Trumpfheller, Werkzeugschlosser, Mannheim-Neckarau.
14. Else Heiser, Hausfrau, Mannheim.
15. Friedrich Weidenhammer, Bezirksleiter, Hemsbach.
46. Peter Landwehr, Schuhmachermeister, Schriesheim.
7. Lanbtagswahlkreis:
1. Emil Maier, Wirtschaft skeamter, Heidelberg.
2. Karl Rausch, Regierungsrat, Karlsruhe.
Z.Dr. Emil Kraus, Redakteur, Heidelberg.
4. Albert KuntzemnWer, Realschuldir., Tauberbischofshsim.
5. Engelhard, Gew-erkschaftssskretär, Heidelberg.
6. Robert Bvlschweiler, Bürgermeister, Ziegelhausen.
7. Joses Heck, Mechaniker, Lauda.
8. Georg Roth, MetaWdrücker, Sinsheim.
9. Jakob Gantzer, Reisender, Sennfeld.
10. Frau Christine Sommer, Kinderpflegen», Heidelberg.
11. Wilhelm Frank, Maurer, Eppingen.
12. Gg. Jakob Frey, Bürgermeister, Neckarelz.
13. Karl Heller, Schreinermeister, Buchen.
14. Rupert Pastötter, Maler, Heidelberg.
15. Theodor Steltz, Pfarrer, Neunstetten.
(Die ersten fünf Kreislisten folgen morgen, die Namen der
Landesliste standen bereits gestern in der Parteitagsbeiiage.)
LV Skl G?VkWOSk!lIkWU
Die Verlobten.
Won Alleffandrs Manzoiri.
(184. Fortsetzung.) (Nachdruck verboten.)
Wr die ArhsiLerpreffe — gegen die bürger-
liche Presse.
Die Karlsruher Gewerkschastsfmrkttoriäre und Betriebs-
Verirarrensleute für die Arbeiterpresse.
Die GsMerkschaftsksMmWon und dec Vollzugsrat der Karls-
ruhe-Durlacher Bsiriebsräte hatte zum Montag abend die Gewerk-
schaftsfunktionärs und die Betriebsobleute zu einer Versammlung in
den „Elefanten" ei »geladen, in der Genosse Abg. Schspslin und der
Redakteur der unabhängigen „Tribüne", Genosse B e r g, über die
Bsd-euümg der Axbeiterpresss zur Führung der poMschen und Wirt-
schaftlichen Kämpfe sprachen.
Der Besuch war glänzend. Das Versammlungslokal war dicht
MM. Beide Redner zeigten den Versammelten, wie dringend
geboten es ist, wenn die Arbeiterschaft die kommenden schweren
wirtschaftlichen Kämpfe bestehen will, daß an Stelle der bÄrgerlichsn
Presse die Arbeiterpresse in die Wohnungen der Arbeiter Einzug
HW.
Genosse Schöpslin bemerkte einleitend, daß er es für not-
wendig Halts von Männern aus der Werkstatt und von. den Ver-
werden. Dabei muß man berücksichtigen, daß der starke Zustrom zu
hören. Die Wirtschastskämpfe werden für die Zukunft noch schärfer
werden. WDbei muß man berüsichtt'gsn, daß der starke Zustrom zu
den Gewerkschaften auch Mitglieder gebracht hat, die mit der Ar-
beiterbewegung noch nicht so vertraut sind. Da gilt es Erziehungs-
arbeit zu leisten. Ins Gewicht fällt aber insbesondere, daß das
Unternehmertum über glänzende politische und wirtschaftliche Or-
ganisation verfügt.
Für uns entsteht dis Frage, wie sollen die Wirtschastskämpfe
geführt werden, wenn die Massen der Arbeiter nicht a-uf Kampf,
den Zweck, Ziel und Disziplin eingestellt sind. Es muß deshalb
versucht werden, die Massen auch geistig zu uns herüberzüöringen.
Neben Versammlungen aller Art ist es aber die Presse, die auf
die Masse einwirken kann.
Und hier steht die Zahl der Abonnenten aller sozialistischen
Zeitungen in keinem Verhältnis zur gewerkschaftlich organi-
sierten Arbeiterschaft.
Renzo erhielt den Brief und sandte mit der Zeit sine Gegen-
antwort. Kurz, es bildete sich zwischen beiden Teilen ein Brief-
wechsel, der zwar nicht schnell und regelmäßig, aber doch selbst unter
Absätzen und Zwischenräumen fortgeführt wurde.
Renzos erster Bries enthielt vielfache Punkte. Zuerst eine Er-
zählung der Flucht, kürzer, aber fast noch übler behandelt, als sie
aus unserer! Händen gekommen; dann eine Darstellung seiner gegen-
wärtigen Verhältnisse. Daraus entnahm Weder Agnes« noch ihr
Dolmetscher eine klare oder vollständige Einsicht — Heimlichs Wei-
ung, Annahme eines fremden Namens, sicher sein, aber im Verbor-
zensn leben, das waren Dinge, mit welchen ihr Verstand schon an
ich selbst nicht vertrant war; die rätselhafte Bezeichnung im Briefs
machte sie vollends unverständlich. Dann betrübte, leidenschaftliche
Nachfragen über Lucias Schicksale, nMt dunklen schmerzvollen Win-
ken über die Gerüchts, welche in dieser Hinsicht auch zu seinen Ohren
gelangt waren. Zuletzt kamen ungewisse und entfernte Hoffnungen,
hingeworfens Pläne für dis Zukunft, währenddessen Versprechungen
und Bitten, in der gelobten Treue nicht zu wanken, Geduld und Mut
nicht zu verlieren, und es nur einige Zeit es noch mit anzusehen.
Nach einigem Zwischenraum fand Agnes« ein sicheres Mittel,
ihm eins Antwort mit den fünfzig Scudi, welche Lucia für ihn be-
stimmt hatte, zukommen zu lassen. Bei dem Anblick so vielen Gol-
des wußte er nicht, was er denken sollte; die Seele wie von einem
Wunder erfüllt, in einer Ungeduld, die sich durchaus nicht fügen
mochte, suchte er spornstreichs seinen Schreiber auf, um den Brief
sich erklären zu lassen und zum Schlüssel eines so seltsamen Ge-
heimnisses zu gelangen.
In dem Briefs hatte Agnesens Schreiber, nachdem er über die
geringe Deutlichkeit ihres Vortrags bittre Klagen erhoben, in einem
ebenso kläglichen Tone die entsetzliche Geschichte jener Person — so
hieß es in dem Schreiben — erzählt; dann gab er Auskunft über
bis fünfzig Scudi; endlich kam er auf das Gelübde zu sprechen, ging
aber dabei mit Umschreibungen zu Werke, und teilte nur am Schluffe
in einfachen deutlichen Ausdrücken den Rat mit, Renzo möchte sich
zufrieden geben und an das Mädchen nicht weiter denken,
ü Wenig fehlte, so wäre der Jüngling feinem dolmetschenden
cosm yar sie MmsM-rarwn m Zrsrlsruye em emvruKsvoues
Bild hinterlassen, aber die Arbeiter und AngGeMen miisM dauernd
auf den Kampf emgeflsltt sein. An der Volkswirtschaft haben die
Arbeiter das größte Interesse. Soll aber die Arbeiterpresse sich
mit Volkswirtschaft befassen, so muß aber zuerst dis materielle
Grundlage dazu geschaffen werden. Dazu kann jeder A r-
beiter beitragen, indem er die sozialistische Presse unterstützt. Mit
den Lesern der bürgerlichen Presse können wir die Kämpfe nicht
durchführen, denn diese erziehen keine Sozialisten! Wicht aller
Arbeiter ist es, die sozialistische Presse zu abonnieren. Es gilt des-
halb für die beiden hier in Betracht kommenden sozialistischen Blät-
ter zus agitieren in Betrieben und wo es sonst geht. Wir müssen
neben- und miteinander den aeMeinfamen Feind, „den Unverstand
der Massen, den wir am meisten Lassen", bekämpfen. Es gilt für
ein gemeinsames Ziel, für bas sich die G.P.D. und U.S.P. ein-
setzen müssen. Dre Arbeiter müssen den Wert der Presse endlich
erkennen lernen, wie dies Lei Stinnes der Fall ist. Es liegt im
Interesse der Gewerkschaften, ihrer Einigkeit und Schlagkraft.
Mosbach.
Am Sormtag, de« 1L. September, nachmittag»
3 Uhr findet im Lokal „Zum Felsenkeller" eine
Tagesordnung:
1. Bericht vom Parteitag
(Berichterstatter: Gen. Aue rnhamm er-Mosbach).
2. Festsetzung der Agitationsversammlungen.
Es ist Pflicht einer jeden Mitgliedschaft, auf der Kon-
ferenz vertreten zu sein.
Der Arntsbezirkrirorstand.
Gen. Berg- Mannheim, Redakteur der Mannheimer „Tri-
büne", führte aus, daß die sozialistische Presse Klarheit bringen
muß. MeSnforderungen kann die Presse in der Zeit der wirt-
schaftlichen Kämpfe nicht entsprechen. Wir müssen die Wirtschafts-
kämpfe zu unseren Gunsten, für dm Sozialismus, gestalten.
Mit dem UnternchmsrÄrm können wir nichts gemeinsam erreichen,
sie haben nichts übrig für soziale Bessergestaltung der Arbeitneh-
merschaft. Die Regierungen allein können ohne dis Ar-
beiterschaft nicht den WWen derselben erfüllen. Dschalb ist es
Wicht der sszialistifchen Presse, die Wünsche der Arbeiter zu ver-
treten. Sehr bedauerlich ist, daß die Jugend größtenteils im Sport
aufgcht, rvas aber nicht heißen soll, daß der junge Arbeiter keinen
Sport treiben soll. Ein Hauptaugenmerk ist auch auf die Frauen
zu richten, die sich vom bürgerlichen Preffeklatsch nicht trennen kön-
nen. Hier muß dm Grauen Aufklärung gegeben Werben. Die
sozialistische Presse mutz vor allen Dingen aufkiärend und mit alter
Klarheit wirken. Das Gift, das hie bürgerliche Presse in die Häuser
bringt, mutz ausgerottet werden, deshalb gilt es für die sozialistische
Presse zu wirken.
Den beiden Referaten folgte eine recht ausgiebige Aus-
sprache, die nicht nur von großer Sachlichkeit getragen war, son-
dern aus einem geistig sehr hohen Niveau gestanden hat. Von allen
Rednern wurde scharf verurteilt, daß noch so viele GWerkschastler
Leser der bürgerlichen Presse sind und dadurch .die Arbeitnehmer-
interessen aufs schwerste schädigen. Der Kampf gegen dis bürgerliche
Presse bedeute nichts anderes als ein Stück Selbsterhaltungstrieb
für die Arbeiterschaft. Gewünscht wurde auch, daß der Kampf der
sozialistischen Presse gegeneinander nobel geführt werden möge. Ver-
schiedene Redner beklagten sich darüber, dcch dis Jugend nur
Interesse am Sport habe und sich um wirtschaftliche und politi-
sche Dinge nicht kümmere. Aus der ganzen DiÄufston klang er-
freulicherweise nur ein Wille hervor: Heraus mit den bürgerlichen
Zeitungen aus den Arbeiter- und Angestellten-Wohnungm, hinein
mit bet sozialistischen Presse. Für dieses Ziel wollen wir unsere
Kraft einsetzen.
Arbeiter und Angestellte Heidelbergs! Wollt Ihr an Kampfts-
mui und Opfergeist -hinter dm Karlsruher Genossen zurückstehe«?
Aus dem ParLeilböeK»
m. Ziegelhäusern 6. Sept. Am Samstag abend hielt Gen. Dr.
Kraus im Saale des Gasthauses „zur Rose" ein Referat mit dem
Thema: „Der Mord an Erzberger und Hie politische Lage". Der Besuch
war befriedigend. 8m Verlauf seiner Ausführungen schilderte er die
politische Tätigkeit Erzbergers, der durch seine Ankshaltung den Groll
der Rechtsparteien auf sich zog, dem er auch zum Opfer fiel. Er geißelte
mit scharfen Worten die unverschämte Kampfesweise der Rechten, die
den mit dem Belagerungszustand geschmückten" Staat Bayern als den
Leser zu Leibe gegangen; er zitterte, er entsetzte sich und geriet über
das, was er verstanden, wie über das, was er nicht verstanden, in
besinnungslose Wut. Drei- oder viermals ließ er sich das Schmer-
zensblatt von neuem lesen; dadurch begriff er manches besser, man-
ches, was ihm anfangs klar geschienen, stand nun erst in finsterer
Verwirrung da. Und in dieser Fieberhitze der Leidenschaft verlangte
er, der Schreiber sollte augenblicklich sich niedersetzen und antworten.
Nach den ungestümsten Ausdrücken des Mitleids und des Schreckens,
um Lucias Schicksale willen, sagte er diktierend: „Schreibt, daß ich
mich nicht zufrieden geben will und nimmermehr geben werde; daß
das kein Rat ist, den man einem Menschen, wie ich, erteilt; daß ich
das Geld mit keinem Finger berühren werde; daß ich's beiseite lege
und es bewahre, zur Mitgift fürs Mädchen: daß ich immer habe
sagen hören, dis Jungfrau tritt herzu, um Geängstigten zu helfen
und dafür Dank zu erhalten, daß sie aber rät, einen Schimpf anzu-
tun und sein Wort zu brechen, hält' ich msmalen gehört; daß es so
nicht bleiben kann; wenn ich jetzo in der Klemme stecke, so ists em
Sturm, der bald verbraust sein wird." — Und dergleichen mehr.
Agnsse empfing diesen Brief und ließ antworten; so ward der Brief-
wechsel m der angegebenen Weise fortgesetzt.
Sobald Lucia von der Mutter erfahren, daß Renzo am Leben
und in Sicherheit sei, auch Nachricht erhalten habe, fühlte sie eine
große Erleichterung und wünschte nur, er möchte sie vergessen, oder
um es gewissenhafter auszudrücken, er möchte sich bemühen, sie zu
vergessen. Ihrerseits faßte sie wohl hundertmal täglich einen ähn-
lichen Entschluß, und wandte auch jedes Mittel an, um ihm Wirk-
samkeit zu verschaffen. Unermüdlich fesselte sie sich an dis Arbeit
und suchte ihrs ganze Seele dabei zu beschäftigen; trat Renzos
Bild ihr vor die Augen, so sagte sie oder sang im Geiste fromme
Gebete her. Aber dieses Bild tauchte, gerade als wenn Bosheit
es leitete, gewöhnlich nicht offen empor; es schlich sich verstohlen
hinter Andern ein, und nur nach einiger Zeit erst gewahrte die Seele
der- Gast. Lucias Gedanken — und wie hätten sie nicht sollen? —
weilten oft bei der Mutter; der Renzo ihrer Einbildungskraft trat
dann leise der dritte hinzu, wie der wirkliche so oft getan. So stellte
sich mit allen Personen, an allen Orten, bei allen Erinnerungen aus
der Vergangenheit, der Jüngling zugleich mit ein. Und wenn die
Arme sich bisweilen mit spinnender Einbildungskraft in das Dunkel
ihrer Zukunft verirrte, erschien er auch dort, um wenigstens zu sagen:
Ich werde auf keinen Fall zugegen fein. Nicht an ihn zu denken,
war ein verzweifeltes Beginnen; indessen dachte Lucia doch seltener
an ihn, seltener als ihr Herz wollte, und jo gelang ihr ihre Absicht
W Mll Ȁ Stil MUMM.
Weinheim. (Feuer in den Le der werken.) Aus unauf-
geklärter Ursache entstand im Kesselhause der kedeMverke Freudenberg
«Feuer. Während das Kesselhaus vollständig niederbrannte, konnte dcch
anschließende Maschinenhaus gerettet werden. Der «Fabrikbetrieb erleide:
keine Störung.
Singen. Liebesdrama.) Der städtische Arbeiter Otto Schön!«
hat am Sonntag abend beim Tanz seine Geliebte, die Hermine Ziegler
erichcsten. Darauf jagte er sich selbst eine Kugel in den Kopf. Er war
sofort tot.
bis zu einem gewissen Punkts. Es war aber noch eine Dame Prassede
vorhanden. Diese spannte alle Segel auf, um dem Mädchen den
jungen Bösewicht aus dem Herzen zu reißen, und fand kein besseres
Mittel, als recht oft von ihm zu sprechen. — „Nun," sagte sie manch-
mal, „denken wir nicht mehr an ihn?« — Ich denke an niemanden,"
war Lucias Antwort.
orvimngsMMAWren «mar anprersrn, wen Ile von rmgSffvrk ryr gemeines
unverschämtes Werk gegen die Republik betreiben können. eRdner hob
besonders hervor, daß nur durch eine geschlossene Einheitsfront der Ar-
beiter den Machenschaften der Reaktion Einhalt geboten werden kann
und appellierte an die Arbeiter, alle Kleinlichkeits und Perfönlichkeitp-
streitereim beiseite zu lassen und überall auf die Einigung Les Prole-
tariats hiiMwirken. Die Versammlung nahm mit sichtlichem Interesse
den Vortrag entgegen und gab reichlich Beifall. Da sich in der Die-
kuffion niemand zum Wort meldete, schloß Gen. Bvlsschweiler die Ver.
fammlung.
Der Parteitag der schweizerischen Sozialdemr tratst.
Luzern, 4. Sept. Unter dem Vorsitz von Reinhard
(Bern) wurde am Samstag in Luzern der Kongreß der Svzial-
HZmokratischen Partei der Schweiz eröffnet. In seinem Eröff-
nungswort führte Parteipräsident Reinhard aus: Trotz der Spal-
tung steht die Partei ungeschwächt da, während die Kommunistische
Partei in der Schweiz wie in Deutschland im Rückgang begriffen
ist. Die Spaltung unserer Partei war im Hinblick auf die
Reaktion, besonders die Lex Häberlin, ein Verbrechen an der Ar-
beiterschaft.
Als fremde Gäste sind anwesend Friedrich Adler (Wien),
Dr. Rosenfeld (Berlin) und georgische Genossen. — Der Ge-
schäftsbericht wird genehmigt, ebenso die Rechnungsablage. In der
Berichtsperivde 1918/20 ist die MWiederzahi von 39 068 auf
54 099 gestiegen. Die Rechnung weist ein Aktivsaldo von 58 000
Franken gegenüber 28 000 Franken im Jahre 1918 auf.
Den Hauptpunkt der Tagesordnung bildete die Frage des
Beitrittes der Schweizer Partei zur Wiener' Internattonalen Ar-
beitsgemeinschaft. Nationalrat Grimm <Bem) vertritt den An-
trag der Geschäftslsitung, die sozialdemokratische Partei solle der
Arbeitsgemeinschaft Lestreten. Die Fehler und Mängel der Zweiten
-Internationale seien das Kriterium, nach dem die Arbeitsgemein-
schaft aufgebaut werde, die noch keine Internationale sei und keine
zu sein beanspruche, sondern eine die großen Massen der Arbeiter-
schaft umfassende Organisation, die dis Intemalionals vorbereitm
soll. Die Wicht der Durchführung der Beschlüsse müsse, statt wie
in der Zweiten Internationale bei der Führerschaft, bei der großen
Masse Regen. Die Konferenz in Wien sucht die Grundlagen für
den internationalen Kampf und lehnt den Sozialpatriolismus und
die Landesverteidigung ab. Nur die Parteien, die in ihrer großen
Mehrheit auf diesem Standpunkt stehen, können der Arbeitsge-
meinschaft beitreten. Wer den Glauben an die Möglichkeit, daß
die großen Massen der Arbeiterschaft zu diesem Prinzip sich be-
kennen werden, verloren hat, hat den Glauben an den Sozialismus
verloren. Zur Demokratie Stellung nehmend, steht die ArLeits--
gememschafk auf dem Standpunkt, daß diese in den kapitalistischen
Staaten ein Mittel zur Unterdrückung der Arbeiterklasse sei. Der
bürgerlichen Diktatur müsse die proletarische Diktatur in Form von
Arbeiter-, Bausrn- und Soldatenräten gegenübergestM werden,
wenn jene eine zustaMegekommene sozialdemokratische Mehrheit mit
Gewalt unterdrücke-; wolle. Der Arbettsgememschaft sind heute
zwölf Länder angeschlossen. Ein organisatorisches Zusammengehen
mit der Zweiten Internationale sei ausgeschlossen. Gelegentliche
Konferenzen mit ihr zu informatorischen Zwecken seien der Einheit-
lichkeit der Arbeiterbewegung förderlich und notwendig. Aus eine
Revision -der 21 Bedingungen könne nicht -gehofft werden, da von
feiten der Dritten «Internationale der Wille hierzu fehle. Unsere
Part« müßte mindestens in der Form so behandelt werden, wie
Moskau mit Lloyd George verhandelt. Wenn Turatt sogar aus
der italienischen Partei ausgeschlossen werden soll, so können wir
uns ein Bild über die Wirkungen der 21 Moskauer Bedingungen
machen. Uebrigsns werden sie nicht überall gehalten. «In Frank-
reich hatte die Spaltung im allgemeinen Ardcilerbuad (Evnsede-
ration Generale du Travail) verheerende Wirkungen. Im Interesse
der Erhaltung der Gewerkschaften müsse der Zellenbilö-ung und
den: «Kampf gegen die Amsterdamer Gewerst-Ha sie lntemaLst nals
Opposition gemacht werden. Die «Internationale könne nur durch
den unablässigen «Klassenkampf der «Arbeiter in allen Ländern er-
stehen. Die „-Splendid Isolation", die von den Genossen, die den
Gegenantrag aus Nichi-eintreten stellten, gedacht ist, können wir uns
nicht leisten. — Mit großem Beifall wird dis Aufforderung zum
Beitritt in die «mternattvrmle Arbeitsgemeinschaft ausgenommen.
Nach lebhafter Diskussion wurde der Beitritt zur Wiener
Arbeitsgemeinschaft mit 24S gegen 13 Stimmen vollzogen. Grimm
und Graber wurden in das Wiener Bureau MNZHlt.
NeuntesKapitel.
Nach der Empörung am Martinstage schien der Ueberfluß,
wie durch ein Zauber, nach Mailand zurückgekshrt zu sein. Dis
Brotlädsn waren überflüssig versehen; ein Preis, wie in fruchtbaren
Jahren, und auch für das Mehl ward verhältnismäßig gezahlt.
Wer an jenem Tage geschrien oder noch mehr getan, durste, mit
Ausnahme einiger "wenigen, sich jetzt Beifall zurufen, und sobald
nur der erste Schrecken der Verhaftungen vorüber, ließ man es
auch daran nicht fehlen. Aus den Plätzen, an den Straßenecken, in
den Schänken gab's ein öffentliches Jubeln; man wünschte sich Glück
und rühmte sich halblaut, Wühlfeiles Brot erwirkt zu haben. Mitten
im festlichen Schwungs aber gab sich eine Anruhe, ein Vorgefühl
zu erkennen, daß die Freude von keinem Bestand sein dürfte. Man
überlief die Bäcker und Mehlhündler, wie schon früher, bei Ferrers
flüchtigem Lrugüberfluß, geschehen war; wer etwas Geld liegen
hatte, setzte es in Brot und Mehl nm; aus Kisten, Tonnen und
Kesseln wurden Vorratskammern gemacht. Während man so im
Genüsse des gegenwärtigen Vorteils wetteiferte, machte man, da er
sich schon nicht länger währen konnte, selbst die kurze Dauer un-
unmöglich. Am fünfzehnten November erließ daher Antonio Ferrer
auf Befehl Ihrer Exzellenz eitte Verordnung, welche jedem, der
Getreide oder Mehl im Hause hatte, dergleichen zu kaufen verbot;
auch sollte niemand bei Geld- und Leibesstrafs für mehr als zwei
Tage Brot kaufen; man forderte zur Angebung der Uebertreter auf
und befahl den Richtern, in «-gezeigten Häusern Nachsuchungen an-
zustellen; aber auch den Bäckern ward angesagt, sie sollten „bei
fünfjähriger Galeerenstrafe" ihre Läden jederzeit hinlänglich mit
Brot versehen halten. Wer der Meinung sein wollte, daß solch einer
Verordnung Genüge geleistet ward, dec stellt sich die Dinge nach
seiner Weise vor, und' überhaupt, wenn alle, so^erschienen, in Aus-
führung gebracht worden wären, so hätte das Herzogtum Mailand
wenigstens ebensoviel Leute, als jetzt Großbritannien, auf dem Meere
haben müssen.
-Fortsetzung folgt.)