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Weinbrenner, Friedrich
Architektonisches Lehrbuch (Band 3): Über die höhere Baukunst — Tübingen, 1819

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https://doi.org/10.11588/diglit.6994#0037

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3o

dem auf Tab. VI, VII und VIII gezeichneten Trink- und Opfer-Gefässe, welche zum Theil die behal-
lende und darreichende Form zugleich an sich tragen, wie die Trinkgläser Tab. I. Fig. 5i, 3a — 46, zum
Theil wie die Opfer- und Trinkschalen auf Tab. VIII die aufnehmende und wieder darreichende Form
haben. Man vergleiche vorzüglich Tab. II, Fig. 4.9, 5o —54.

In Absicht auf Schönheit ist bereits bei Erklärung unserer Trink gefässe, wie auch §. a5, bemerkt wor-
den, dass dieselbe eine reichhaltige dem Zweck entsprechende Form voraussetzt, und dass daher reine
mathematische Gestalten, wie Kugeln, Würfel etc. etc. dieselbe nicht unbedingt besitzen können. Wenn
wir nun bei dieser Voraussetzung unsere vorliegenden antiken Gefässe betrachten, so gehören zwar viele
Formen, wie die Gefässe Fig. 1, 2, 3, i4> *5 etc- etc« Tab. IV, nicht unter die reichhaltigen und schö-
nen, vielmehr lässt sich an ihnen dieselbe Ausstellung, wie an dem Weingefäss Tab. III Fig. 85, machen;
hingegen ist diese Einförmigkeit der Form durch Kunst bei Fig. 4> 5> 6, n, )2 etc. etc. Tab. IV auf
eine äusserst sinnreiche Weise durch die blossen horizontalen Abtheilungen der Verzierung unterbrochen und
dadurch diesen Gefässen eine scheinbare reichhaltige Gestalt gegeben, welche auf andere Weise den Ge-
fässen Fig. 67, 70, 73, 76 etc. etc. Tab. VIII durch verschiedene, zusammengesetzte Glieder mitgetheilt
worden.

Wie diese künstliche Unterbrechung der Einförmigkeit, sind auch, bei diesen sämmtlichen Gefässen,
die geraden und krummen Linienformen §. 16 und 17 auf das mannichfaltigste und künstlichste zum Vor-
theil eines jeden Gefässes analog zu seinem Zweck zusammengestellt, und sie geben hiedurch auf das ge-
falligste den Augen ihren Zweck charakteristisch zu erkennen. So erheben sich zum Beispiel die auf ihren
Fussgeslellen ruhenden Gefässe, Fig. 3^, 38, 39, 66, 67, 70 etc. etc. Tab. VI und VIII, in einer elegan-
ten Gestalt von unten nach oben, und es ist somit ihr Zweck in angemessenen Formen ausgeprägt, was
wir schon oben als wesentliche Bedingung zur Vollkommenheit des durch Linien begränzten Raums be-
merkt haben.

Betrachtet man die Haupttheile der Bedürfnissräume der einzelnen Gefässe im Verhältniss zu den
übrigen Theilen, und vergleicht z. B. das Fussgestell mit dem Deckel, den Griffen etc. etc., so ergibt sich
ein Verhältniss dieser Theile, (§. 27.) wie 1 zu 2, wie 1 zu 3, wie 1 zu 4 etc. etc., wodurch die har-
monische Gestaltung des Ganzen entspringt, die Haupttheile gehörig hervortreten können und die Auf-'
merksamkeit hauptsächlich auf sich ziehen.

So verhält sich z. B. an dem Aschengefäss Fig. 3 Tab. IV, welches aus drei Theilen, nämlich aus
dem Gefäss, dem Deckel und dem Fuss besteht, und wegen seiner wohlgeordneten Verhältnisse und ein-
fachen Form eine besondere Erwägung verdient, die Dicke oder der Durchmesser des Bedürfnissraums zu
seiner Höhe wie 1 zu 1, die Dicke des Fusses aber zu seiner Höhe wie 1 zu 2, oder zum Durchmesser
des Gefässes wie 1 zu 4> un^ die Dicke des Deckels zu dessen Höhe wie 1 zu 2. Die Dicke des Ge-
fässes verhält sich dabei wieder zur ganzen Höhe aller drei Theile wie 4 zu 7, und selbst die Theile pro-
portioniren die Höhe der Handhabe zu ihrer Hervorragung wie 1 zu i|. Betrachtet man nun noch das
Verhältniss der einzelnen Theile unter sich, so verhält sich die untere Platte a bei dem Fuss zu der lie-
 
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