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Weinbrenner, Friedrich
Architektonisches Lehrbuch (Band 3): Über die höhere Baukunst — Tübingen, 1819

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https://doi.org/10.11588/diglit.6994#0038

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3i

genden Viertelskehle b wie 1 zu 2, das obere Randplättchen c zu dem Bedürfnissraum wie 1 zu 16 und
das Fussplättchen des Deckels zu der übrigen Höhe wie 1 zu 12.

Nimmt man hiebei das Plättchen d als den kleinsten Theil zum Maasse, so Ist dieses in der Dicke und
Höhe des Gefässes 24mal, in der Höhe des Fusses 6mal, und in der ganzen Höhe 42ttial enthalten»

Auf ähnliche Weise sollen sich bei allen Kunstobjecten die Theile Zu einander Verhalten, und sich
durch die kleinsten Theile wieder theil weise auflösen lassen. Die Architekten des Mittelalters) SertiO,
Vignola, Palladio etc. etc. und selbst Vitruv in früherer Zeit, haben schon solche Verhältnisse bei den
Säulenordnungen und andern plastischen Gegenständen, wo sich die Theile ohne Brüche in einander auflö-
sen lassen, aufzustellen gesucht, doch konnten diese Bemühungen der Schönheit der Form selbst nicht
förderlich werden, da jene Männer den Zweck des Gegenstandes nicht immer mit in Betracht zogen, und
sich überdiess selbst die kleinsten Glieder, wie die Brüche in der Rechenkunst, als Theile von einem
Ganzen angesehen, wieder unter gleiche Benennung bringen und auflösen lassen.

Uebrigens beschränken sich auch gute Verhältnisse auf keine allzukleine Theile, indem solche 00
und 3i in gehäufter Zahl dem Auge entgehen, welches am liebsten auf den Verhältnissen der Haupttheile
verweilt. Indessen gefallen uns aber um so mehr einfache Verhältnisse, Wenn sich, wie bei dem angeführ-
ten Beispiel, die Theile in einander eintheilen oder auflösen lassen, und die kleineren Glieder ohne Uebcr»
fluss, als blosse sinnreiche Uebergiinge der Formen eines Haupttheils zum andern berechnet sind»

Ueber die Formen und Verhältnisse der einzelnen architektonischen Glieder, welche an diesen Gelas-
sen zwar nur als untergeordnete Theile erscheinen, im Wesentlichen aber vieles zum Wohlgefälligen der
Uebergänge, z. B. des Fusses oder Deckels, zu dem Gefässeraum beitragen, werde ich, so wie Über die
einzelnen Verzierungen solcher Gefässe, im folgenden 2ten Heft, welches hauptsächlich von architektonischen
Gliedern und Verzierungen handeln soll, das Nöthige vorbringen, und will hier bloss bemerken, dasS Solche
wegen ihrer musterhaften symmetrischen Anordnung {§. 36) und Reichhaltigkeit ganz vorzüglich zu beachten,
und als die Resultate einer auf festen und scharfsinnigen Prinzipien gegründeten Verzierungslehre anzu-
sehen sind.

Die Verzierungen der marmornen Urnen, Fig. 28, 29, 5o, 35, 36, etc. etc. Tab. V und VT, bestehen
grösstentheils aus halberhabener Arbeit (basrelief), und geben der Oberfläche, ohne die Form des Gefässes
zu stören, eine sinnreiche Bedeutung, die sich oft auf den Gebrauch des Gefässes bezieht, oder auch, was
wir schon über die Fig. 28, 29, 3o etc. etc. Tab. V bemerkt haben, die Einförmigkeit auf eine gefällige
Art unterbricht und der Oberfläche ein gehaltvolles anmuthiges Spiel von Licht und Schatten gewährt.

Die gemahlten hetrurischen Verzierungen auf den aus Ton gebrannten Gefässen, Fig. 46, 47, ^8 etc.
etc. Tab. VII, haben diesen Reiz nicht, weil hier Licht und Schatten nur durch Farben angedeutet sind,
und des Lebens ermangeln. Die Bilder auf der Oberfläche solcher Gefässe erscheinen darum wie Bilder
im Spiegel, und hängen mit der plastischen Form wenig oder gar nicht zusammen, indem sie bloss die
Oberfläche zieren, ihrer Form aber keine besondere Anmuth geben können.

Nach den Bedingungen des Schönen und Wohlgereimten, §§. 37, 38, ist die an Fig. 5 a, 54, Tab. II
 
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