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Weinbrenner, Friedrich
Architektonisches Lehrbuch (Band 3): Über die höhere Baukunst — Tübingen, 1819

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https://doi.org/10.11588/diglit.6994#0060

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dass wegen der Schwere der Materie, das Ueberflüssige des Vorsprungs weggearbeitet > und der Körper
dennoch von oben gleich geschirmt, und von unten eben so gestützt werde, obgleich Deckel und Fuss,
wie bei Fig. 2, schief abgenommen sind. Durch diese Form, bei Welcher die überflüssige Materie hin-
wegfallt, entsteht zugleich der An- und Ablauf a b und cd Fig. 2, welche den Deckel und Fuss mit
dem Erfordernissraum durch die stumpfen Winkel b, c weniger merkbar, als durch die rechten Win-
kel c, e, bei der vorigen Figur verbindet. Diese beiden Formen von Fig. 1 und 2, geben nun zwei ver-
schiedene charakteristische jedoch nicht ganz künstliche Verbindungs-oder vielmehr Formen-Arten zu er-
kennen, wovon die erste, die aul einander gesetzten Theile stark markirt, die andere aber durch die schiefe
Zusammenhängung der horizontalen Und perpendiknlaren Linien, auf eine leichte homogene Verbindungsart
hindeutet, aus welcher sich der Zweck und die Erfindung aller architektonischen Glieder herleiten lassen.
Von gleichen charakteristischen Eigenschaften, aber weit angenehmer für das Auge, und kunstmassiger
als die beiden vorhergehenden Formen, sind die Viertelsstäbe und Viertelskehlen von Fig. 3 und 4« Ihre
Formen geben nach ErfordernisS, eine weit heterogenere oder homogenere Verbindungsart in den Umris-
sen zu erkennen, und sie müssen rieshalb, wo man die zusammengesetzten Theile wegen der ]\]aterie oder
wegen eines besondern Theils markirt, oder unmerklich in einander fortlaufen lassen will, als Norm ange-
nommen werden*

So schon übrigens der Viertelsstab das heterogene und die Viertelskehle das homogene Zusammen-
treffen der horizontalen Linien des Deckels und Fusses mit den perpendiknlaren des Körpers selbst ange-
ben, so kann es doch vorkommen, dass der Viertelsetab oben zu stark und die Viertelskehle daselbst zu
spitzig oder zu schwach sey. Die rechten und verkehrten Karniesformen von Fig. 5 und G entsprechen
alsdann diesem Erforderniss auf eine sehr schöne und sinnreiche Art, und es möchte in solchen Fällen
der rechte Karnies für den Viertelsstab, und der verkehrte Karnies für die Viertelskehle genommen wer-
den, insofern sich dieser Wahl-keine andere Schwierigkeit entgegensetzt.

Das was bisher von diesen sechs einfachen Gliedern, als der Plattendem schrägen An- und Ablauf
dem Viertelsstab, der Viertelskehle, dem rechten und dem verkehrten Karnies vom heterogenen oder
homogenen Zusammentreffen der Linien bemerkt worden, ist das Charakteristische derselben, und bei
Anordnung der architektonischen Glieder für die Verbindung verschiedener Materialien und Formen von
grösster Wichtigkeit, da durch sie bald die Formen- oder Materialien-Zusammensetzungen verborgen oder
mehr unterschieden werden, je nachdem es der besondere Zweck erfordert.

Ausser diesen sechs architektonischen Gliedern, welche unten oder oben, als An- oder Abläufe bei
Gebäuden gebraucht werden, gibt es für die Verbindung und Unterscheidung zweier auf einander gesetz-
ter architektonischer Gegenstände, noch drei einfache Glieder, als

1) die Platte (Band, Gurte),

2) den Stab oder Wulst, und

3) die Hohlkehle, wie Fig. 7, 8 und 9 anzeigen.

Bei diesen drei verschiedenen Gliedern bemerkt man wieder, dass es nicht gleichgültig ist, welches
 
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