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Weinbrenner, Friedrich
Architektonisches Lehrbuch (Band 3): Über die höhere Baukunst — Tübingen, 1819

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https://doi.org/10.11588/diglit.6994#0061

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von denselben zur Verbindung perpendikulär übereinander gesetzter Gegenstände genommen wird, indem die
Platte, (Gurt oder Band) Fig. 7, die beiden auf einander gesetzten Gegenstände a und b stark, der Stab, Fig. 8,
etwas weniger stark, die Hohlkehle, Fig. g, aber auf eine homogene Art miteinander zu verbinden sucht.

Stellt man nun die sämmtlichen einfachen architektonischen Glieder zusammen, so gibt es deren drei,
welche nach Erforderniss die untern und obern Objekte mit einander verbinden, und sechs halbe, welche
nach ihren Zwecken als Deckel und Basis der Objekte dienen.

Die architektonischen Glieder lassen sich hienach folgendermassen zusammenstellen, als
1) die Platte (Gurt oder Band) Fig. 10,
a) der Rundstab (Stäbchen oder Wulst) Fig. IV, „

3) die Hohlkehle, Fig. 12,

4) der schräge An- und Ablauf, Fig. i3 und i4,

5) der Viertelsstab als marquirender An- und Ablauf, Fig. i5 und 16,

6) die Viertelskehle als schwacher An- und Ablauf, Fig 17 und 18,

7) der verkehrte Karnies, als schwach zu bemerkender An- und Ablauf, Fig. ig und 20,

8) der rechte Rarnies als stark zu bemerkender An- und Ablauf, Fig. 21 und 22.

Zu diesen acht einfachen Gliedern fügen noch mehrere Baumeister die Hängplatte oder das Hohl-

kehlplättchen, Fig. 23, weil dasselbe wie die Karniese (welche aus zwei gegen einander gerichteten Vier-
telsbogen geformt sind) ebenfalls aus einer geraden Linie und einer Viertelskehle bestehet.

Betrachtet man die drei verschiedenen einfachea architektonischen Glieder, welche zum Uebergang
von einer Form oder von einer Materie zur andern dienen, so ist die Viertelskehle a, Fig. 2.4, für ein
homogenes Zusammenfliessen der Linien die vollkommenste, hingegen kann sie wegen der Zerbrechlichkeit
der obern Spitze ohne die Platte d nicht wohl bestehen.

Der verkehrte Karnies b dagegen, ist aber da am stärksten, wo oben die Hohlkehle am schwächsten
ist, und deshalb in vielen Fällen, wo diese Form oben noch etwas zu tragen hat, mit Vortheil für die
Kehle zu gebrauchen. Imgleichen ist bei dem heterogenen Zusammenlaufen der Linien, Fig. 25, der rechte
Karnies b für den Viertelsstab a anzuwenden, wenn dem Karnies ebenfalls noch die Platte d beigegeben
wird. Doch kann bei einer oben aufgesetzten Last der Viertelsstab a als besserer Träger den Vorzug ver-
dienen. Der schiefe An- und Ablauf c ist zwischen der Kehle und dem verkehrten Karnies, Fig. 2/4, so
wie auch zwischen dem Stab und dem rechten Karnies a, b, Fig. 25, gleichsam eine Mittelform; und ob er
gleich nicht unter die vorzüglichsten architektonischen Glieder gehört, so kann er doch in vielen Fällen
für die Glieder mit Nutzen gebraucht werden.

Was hier von dem homogenen und heterogenen Zusammentreffen der Linien gesagt ist, darf übrigens
nicht in dem Sinn verstanden werden, als ob sich gerade immer alle Kehl - und Stablinien an die Haupt-
form anschliessen müssten, sondern es ist schon hinreichend, wenn das Hauptglied den Charakter der
Form angibt, der Uebergang kann dann fast spielend durch ein oder mehrere kleine Glieder geschehen,
welche im Ganzen wieder der Form von jenen entsprechen.

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