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Weinbrenner, Friedrich
Architektonisches Lehrbuch (Band 3): Über die höhere Baukunst — Tübingen, 1819

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https://doi.org/10.11588/diglit.6994#0197

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8o

§. 5.

Aus diesen Voraussetzungen geht hervor , dass die Schönheit

i) in einer vollkommenen Uebereinstimmung der Form mit dem Zweck des Erfordernisses,
•2) in der harmonischen Uebereinstimmung der Formen mit dem Material, und der technischen Bear-
beitung , so wie

3) in der Uebereinstimmung der Gestaltung des Ganzen , und der mit derselben etwa verbundenen Ver-
zierungen , als eine weitere sinnliche Zugabe , liege.

§• 6-

Die Formen - und Verzierungslehre soll uns nun geschickt machen , die in dem gegenwärtig folgenden
Hefte abgefassten architectonischeu Theile dem Zweck und Bedürfhiss nach gehörig zu gebrauchen, und mit
technischem Geschick auf das Ganze der Holz- und Sleinconstruction etc. anzuwenden.

§• 7-

Da wir ohne Licht und Schatten nichts sehen, und die Schönheit eines plastischen Kunstwerks auch
öfters schon von dem gehörigen Licht abhängt, auch oft wohl der auf eine Sache im Schatten fällende
Beflex noch vieles zui Erhebung des Ganzen beitragen kann , so ist für die gehörige Gestaltung der
Objecte die Lehre von Licht und Schatten und der Beflexion, so wie er in dem zweiten Hefte des ersten
Theils abgehandelt , sehr wichtig.

§• 8.

Ingleichem kann der Baumeister ohne die Renntniss der Luft, und vorzüglich der Linienperspectiv keine
Objecte für das Auge gehörig gestalten, weil der ästhetische Gehalt einer Form nicht allein aus den geo-
metrischen Zeichnungen , sondern wie wir zu sehen gewohnt sind , zu entnehmen ist.

§• 9-

Stimmt dann nach allen diesen Erhebungen die Form des Ganzen sowohl , als auch die Theile mit un-
serem Erforderniss überein , so muss man dabei nie ausser Acht lassen, dass zwar ein jeder architectonische
Gegenstand einer Vollkommenheit, aber nicht immer einer Schönheit wegen seiner charakteristischen Bezeich-
nung fähig ist.

§. 10.

Unter die Classe der Bauarten, welche nicht immer einer besonderen Schönheit neben ihrer Vollkommen-
heit fähig sind, und wobei die Schönheit selbst untergeordnet und nur zufällig ist , gehören grösstentheils
die ordinären bürgerlichen Wohn- und Oekonomiegebäude.
 
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