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Zeitschrift für christliche Kunst — 9.1896

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Tepe, Alfred: Die neue St. Martins-Kirche in Düsseldorf-Bilk
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https://doi.org/10.11588/diglit.3831#0041

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51

189G

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST

Nr. 2.

52

ausgezeichneter, selbst heiligmäfsiger Jesuiten
in Kirche und Schule. Der Konflikt der Patres
mit dem Bilker Pfarrer wird nicht vergessen.
Endlich nach Aufhebung des Jesuitenordens,
als Binterim die Pfarrstelle in Bilk angetreten,
und das altehrvvürdige romanische Kirchlein
für die wachsende Gemeinde zu klein geworden,
wird die Wallfahrtskapelle nach abermaliger
Vergröfserung zur Pfarrkirche.

Aber das aufblühende und heranwachsende
Düsseldorf verlängert seine Strafsen und Alleen
bis in die umliegenden Dörfer und darüber
hinaus in's Land hinein; die Bevölkerungszahl
der Bilker Pfarrgemeinde nimmt derartig zu,
dafs eine Theilung zur unbedingten Noth-
wendigkeit wird, und selbst nachdem drei
Pfarreien von der Urpfarre abgezweigt, bleibt
für diese noch eine Seelenzahl von 13—14000
übrig. Dafs für eine solche eine Kirche mit
einem Flächeninhalt von rund 370 qm, wovon
rund 250 qm Laienraum, völlig ungenügend,
und ein Neubau wiederum unvermeidlich sei,
braucht wohl nicht erwiesen zu werden.

Wir stehen also hier wieder vor dem von
Ludwig Arntz (Zeitschrift für christl. Kunst,
Bd. VIII, Sp. 33 ff.) mit Recht beklagten Fall,
dafs ein Stück frommer Tradition verschwunden,
ein historisches Bauwerk dem Drang der Um-
stände zum Opfer fallen mufs; denn von einer
Verwendung oder theilweisen Einbeziehung des
Alten in den Neubau kann in Anbetracht des
beschränkten und eigenartigen Bauterrains, so-
wie seiner Umgebung kaum die Rede sein, um
so weniger, da für die Regulirung und Er-
breiterung der umliegenden Strafsen schon ein
Theil des durch Abbruch frei werdenden
Raumes in Anspruch genommen werden soll.

An einem Kreuzweg stand der ursprüngliche
Bildstock; den Kreuzwegcharakter hat die Stelle
wahrlich nicht verloren. Lorettostrafse, Neufser-
strafse, Mühlenweg, jetzt Gladbacherstrafse ge-
nannt, Martinstrafse, Benzenbergstrasse und
Bilkerallee stofsen hier zusammen; es entstand
ein Platz in der Form eines fast ganz gleich-
seitigen Dreieckes, und auf diesem soll die neue
Kirche errichtet werden bei möglichster Aus-
nutzung der für die Bebauung zur Verfügung
stehenden achtzehn Ar.

Für das eigenartige Terrain wurde die Form
einer Hallenkirche als die geeignetste gewählt.
Die bedeutende Breite desselben bei verhältnifs-
mäfsig geringer und beschränkter Länge der

Mittelachse hätte bei der Wahl der Basiliken-
form zu unverhältnifsmäfsiger Höhenentwickelung
führen müssen. Der beschränkten Länge wegen
und um möglichst viel Laienraum'zu gewinnen,
konnte dem Priesterchor keine gröfsere Tiefe
gegeben werden. Es wurden demselben des-
halb zwei Nebenchöre zugefügt. Dadurch wurde
nicht blofs ein bedeutender Gesammtchorraum
erzielt, sondern die Kirche fand auch in diesem
Kapellenkranze, in reichem Fensterwerk laternen-
artig sich ausbauend, einen würdigen Abschlufs
nach Innen wie nach Aufsen. Diese geringe
Tiefe des Priesterchores liefs auch die Kon-
struktion eines eigentlichen Kreuzschiffes nicht
zu. Es würden sonst die stark ausladenden
Kreuzarme den Chor an Länge weit übertroffen
haben, was sowohl im Innern, als auch be-
sonders im Aeufseren durch die unpropor-
tionirten Dachlinien als unschön hätte empfunden
werden müssen. Dafür sind aber Doppel-Quer-
bauten vor dem Chorabschlufs an die Seiten-
schiffe angefügt, deren Dachfirste mit denen der
Seitenschiffe übereinstimmen und die Linie des
Hauptdaches ungebrochen erscheinen lassen.

Es blieb somit nichts Anderes übrig, als
die Bedachung der Schiffe in Paralleldächern
durchzuführen. Da das Dach des Mittelschiffes
wegen der etwas höheren Lage und bedeuten-
deren Spannung sich hoch über den Seiten-
schiffdächern erhebt, so entsteht dadurch in
Verbindung mit den Anbauten ein terrasse-
förmiges Emporwachsen der Dächer.

Durch das Dreieckige des Terrains ge-
zwungen, mufsten die Seitenschiffe beim ersten
Gewölbejoche links und rechts vom Thurm
abgeschrägt und halb polygon abgeschlossen
werden.

Auf der Evangelienseite ist der obengenannte
Querbau doppelstöckig angelegt. Die so ge-
wonnene geräumige Empore dient als Orgel-
bühne. Dadurch wurde ermöglicht, dafs Orgel
und Sängerchor mit dem Altare in näheren
Zusammenhang gebracht werden und das frei-
bleibende Innere des Thurmes gleichsam zu
einer Verlängerung des etwas kurzen Mittel-
schiffes ausgenutzt werden konnte.

Der Thurm ist im Grundriß sowohl als
auch in der Höhenentwickelung von bedeuten-
den Dimensionen. Ein auf der Epistelseite
halbvorspringender Treppenthurm führt zu den
oberen Etagen, die reichlichen Raum boten
für Anbringung einer Thurmuhr mit Schlag-
 
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