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Zeitschrift für christliche Kunst — 9.1896

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Humann, Georg: Ist die Kapelle auf dem Valkhofe zu Nimwegen von Karl dem Großen erbaut?, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.3831#0077

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109

1896. -s ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 4.

HO

(Aachen, Heristall, Worms) durch häufigeren
und längeren Aufenthatt vor Nimwegen be-
vorzugt.8) Dennoch dürfte man wohl ver-
muthcn, dafs er auch die Pfalz zu Nimwegen
vollendet und eine Kapelle dort erbaut habe.
Wenn man übrigens für die noch erhaltene
Kapelle einschliefslich ihrer Fundamente eine
spätere Entstehungszeit voraussetzt, so mufs
angenommen werden, dafs entweder die ur-
sprüngliche Kapelle an einer anderen Stelle
gestanden hat und etwa nach einer Zerstörung
oder einer Erweiterung der Palastbauten ver-
legt sei (alsdann würden bei weiteren Nach-
grabungen vielleicht ihre Grundmauern auf-
gefunden werden), oder, was weniger wahr-
scheinlich ist, dafs die Kapelle ursprünglich
kein vom Palast vollständig getrennter Bau
gewesen, sondern dafs ein Raum im Palaste
selbst zur Kapelle eingerichtet war. Wie dem
auch gewesen sein mag, einen grofsen Um-
fang wird die ursprüngliche Kapelle keines-
falls gehabt haben. Es beweisen dies die sehr
geringen Mafsverhältnisse des jetzigen Baues.0)
Denn es ist kaum anzunehmen, dafs, falls ein
älterer Bau durch einen jüngeren ersetzt worden
sei, der letztere dem ersteren an Gröfse wesent-
lich nachgestanden habe. Ein im Vergleich
zur Aachener Kirche bescheidenes Raumver-
hältnifs braucht auch in Rücksicht auf den
Bericht Lamberts von Hersfeld,10) welcher den
Künigshof ein Gebäude von unvergleichlicher
und bewundernswerther Bauart nennt, noch
gerade nicht zu befremden. Denn wie Plath
(S. 19) wohl mit Recht bemerkt, diente die
Pfalz als „Wächterin der Rheinmündung, als
Trutzburg gegen die heidnischen, Beute suchen-
den Nordvölker an der grofsen Verkehrsstrafse
des Reichs". Die Pfalz wurde also wohl vor-

fi) Er weilte in N. nach Einhards Annalen nur
im Jahre 777, 806, 808, nach den Lorscher Annalen
auch im Jahre 804, aber meines Wissens nicht auch
im Jahre 796, wie Herrmann S. 92 angegeben hat.

") Der Durchmesser des achtscitigen mittleren
Raumes beträgt nur ca. 6,20 m. Der ganze Bau mit
seinen Umgängen würde ungefähr (genaue Messungen
habe ich zur Zeit nicht vornehmen können) den Mittel-
raum der Aachener Kirche einnehmen, ein Umstand,
auf den schon Otte aufmerksam gemacht hat (Geschichte
der romanischen Baukunst S. 85).

10) Lamb. ann. ad annum 1046.

zugsweise aus praktischen Gesichtspunkten
erbaut. Es genügte daher auch, wenn die
Kapelle für gewöhnlich Raum für die Be-
wohner der Pfalz bot, während die Aachener
Kirche eine gröfsere Bedeutung hatte und,
wie Dohme11) hervorhebt, „nicht sowohl zur
Pfalzkapelle des Kaisers bestimmt war, als
vielmehr zur srrofsen Hof- und Staatskirche
des Reiches".12)

Trotz aller vorstehenden Erwägungen mag
nun eine gewisse Berechtigung, die Kapelle
zu Nimwegen der Bauthätigkeit Karls des
Grofsen zuzuschreiben, bestehen bleiben.

Aber auch Ludwig der Fromme weilte in
Nimwegen, und zwar viel häufiger als sein
Vater.18) Dafs er dort manches zur Vollendung
und Verschönerung der Pfalz geschaffen, viel-
leicht sogar jene Kapelle errichtet habe, dürfte
daher auch nicht gerade jeder Wahrschein-
lichkeit entbehren, zumal Ludwig auch in
der Pfalz Diedenhofen eine Kapelle nach
dem Vorbilde von Aachen (instar Aquensis)
zu bauen begonnen hatte.14) Sie wurde je-
doch vor ihrer Vollendung von Ludwigs
Feinden zerstört, damit sie nicht als Befesti-
gung benutzt würde.

So lange nun nicht wichtigere Gründe als
bisher für eine Entstehung der Kapelle in
karolingischer Zeit beigebracht worden sind,
dürfte mindestens eine gleiche Berechtigung
der Ansicht vorbehalten bleiben, dafs der Bau
in einer späteren Periode errichtet worden sei,
etwa unter den in Nimwegen mehrfach weilen-
den sächsischen Kaisern oder nach dem Brande
vom Jahre 1047 unter Heinrich III., der auch
anderwärts (Goslar, Speier) eine grofsartige Bau-
thätigkeit veranlafst hat.

Vielleicht werden weitere Forschungen und
Nachgrabungen zu Nimwegen die bis jetzt un-
entschiedene Frage zur Lösung bringen.
Essen im Nov. 1895. Georg Humann.

") »Geschichte der deutschen Kunst« 1895, I, S. 8.

'-) Dieser Auffassung begegnet man sogar schon
bei einem Schriftsteller des IX. Jahrh. (Monachus
Sangall. L. I, cap. 27).

u) In den Jahren 817, 821, 825, 827, 830, 831
837, 838 (nach Einhards Annalen und den Annalen
von St. Bertin).

,4) Continuator Reginonis, ad annum 939.
 
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