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Zeitschrift für christliche Kunst — 9.1896

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Schnütgen, Alexander: Ein neues Gemälde im altflandrischen Stile von Alexius Kleinertz
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https://doi.org/10.11588/diglit.3831#0088

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Abhandlungen.

Ein neues Gemälde
altflandrischen Stile von
Alexius Kleinertz.

Mit Lichtdruck (Tafel IV).
■^m Museum Wallraf-Richartz zu Köln
hat Alexius Kleinertz vor Kurzem das
hier abgebil-
dete, mitHarz-
^^7 färben auf Holz
im altflandri-
schen Stile gemalte, figuren-
C?y|^3> reiche Bild der Krönung Mariens
"""SiN- ausgestellt. Wenn er nach nahe-
' zu fünfzigjähriger, unermüdlicher
Thätigkeit, welche fast ausschliefslich an die ro-
manischen und gothischen Malereien des Nieder-
rheins und der Niederlande angeknüpft und in
deren selbstständiger Nachahmung zahlreiche
Wand- und Tafel-, Glas- und Miniaturmalereien
geschaffen, zu einem so grofsen, mit solcher
Liebe durchgeführten Bilde seine Kraft zu-
sammengefafst hat, so mag er damit eine Art
von Testament beabsichtigt haben. Wir nehmen
es dankbarst an mit dem Ausdrucke der wohl-
begründeten Hoffnung, dafs es nicht sein letztes
sein werde, denn der Meister ist noch ebenso
schaffensfreudig als schaffenstüchtig.

Eigenthümlich muthet in der Zeit, in welcher
Zeichnungslosigkeit und Farbenwillkür als das
Ideal nicht nur der Originalität, sondern auch
der Kunst gepriesen werden, ein Gemälde an,
auf welchem die Konturen streng durchgeführt,
die Ornamente mit der gröfsten Sorgfalt be-
handelt sind, auf welchem nur der echte Idealis-
mus das Szepter schwingt. Eine visionäre Szene
ist es, welche der Künstler gewählt hat, ganz
im Verhältnisse zu seinen Fähigkeiten, die nicht
dem Ausdrucke der Affekte und Leidenschaften,
wohl aber der stillen, holdseligen Beschaulich-
keit gewachsen sind, wie die altkölnischen Maler
sie gepflegt haben. Diese klingen in ihrer Anmuth
durch alle Schöpfungen des Kleinertz'schen Pin-
sels durch und auch in die Nachbildungen der
altflandrischen Meister, deren gröfsere Naturtreue
und schärfere Charakterisirung ihn später öfters
gefesselt hat, spielen immer noch die kölnischen

Erinnerungen und Eindrücke hinein. Aber sie
verdichten sich nicht zu direkten Imitationen,
stets bewahrt der Meister seine Selbstständig-
keit in den Gruppirungen, wie in den Einzel-
figuren.

Von der Architektur ist auf dem vorliegen-
den Gemälde fast die ganze obere Hälfte
beherrscht, insoweit sie nicht durch den
überaus delikat punzirten Goldgrund ausge-
füllt wird, und es läfst sich nicht leugnen,
dafs sie zu schematisch aufgebaut, zu kleinlich
durchgeführt ist. Ein stilistisch korrekt be-
handelter, breiter Baldachin, für welchen Stein
oder Bronze besser als Elfenbein das Material
abgegeben hätte, unter Verzicht auf all den
minutiösen Goldschmiededekor, würde mehr im
Sinne der Alten und viel wirkungsvoller ge-
wesen sein, selbst wenn von den entzückenden
Engelchörchen einige hätten geopfert werden
müssen. Die zu grofse Symmetrie, der sie
unterliegen, beherrscht auch fast zu sehr den
die allerheiligste Dreifaltigkeit umgebenden
Engel- und Heiligenchor, dessen Abschlufs die
knieenden Gestalten von Papst und Kaiser
bilden. Voll Anmuth in Haltung und Be-
wegung ist diese ganze grofse Gruppe der
Apostel, Märtyrer, Bekenner, Ordensstifter jung-
frauen, und wenn auch deren Charakterisirung
vornehmlich durch die Attribute bewirkt wird,
welche sie in den Händen tragen, so pafst doch
der liebliche Ausdruck ihrer Köpfe in das zur
Andacht stimmende Gesammfbild. Wesentlich
trägt zu seiner feierlichen Wirkung das harmo-
nische Zusammenklingen der Farben bei, von
denen manche in Wärme und Schmelz an die
Leistungen der alten Flamländer heranreichen,
diesen ebenbürtig in Bezug auf die Korrektheit
und Feinheit der Musterungen, mögen sie den
Grund, die Teppiche, die Gewänder schmücken..
Ein mehr in die Tiefe gehender Vergleich mit
den besten Gemälden der altkölnischen und
flandrischen Schule wird ja bei diesen einen
höheren Grad der Empfindung, des inneren
Lebens, der Gluth zeigen und es wird das höchste
Ziel aller im mittelalterlichen Sinne wirkenden
Maler sein und bleiben müssen, auch diesen
höchsten Gipfel zu erklimmen. Schnitt gen.
 
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