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Zeitschrift für christliche Kunst — 9.1896

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Rüdell, Karl: Umbau der katholischen Pfarrkirche zu Bedburg (Kreis Kleve)
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https://doi.org/10.11588/diglit.3831#0118

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187

1896.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 6.

188

„Der ehemalige Vierungsthurm ruht auf
vier mächtigen Pfeilern mit quadratischem
Grundrifs von 1,40 m Seitenlänge. Die hohen
Bögen, in denen er sich gegen die Schilfe
öffnete, wurden bei dem Abbruch an drei
Seiten mit Backsteinen versetzt. Die Giebel-
ansätze sind überall deutlich sichtbar. Der
obere, dreimal eingerückte Theil des Thurmes
ist durch Rundbogenfries und senkrechte
Lisenen gegliedert und trägt einen schlanken,
achtseitigen, geschieferten Helm. In der
Glockenstube je zwei gekuppelte Bogenfenster.
Der Thurm, der durch den Abbruch der
Schiffe seine Widerlager verloren hat, ist mit
zwei aus starken Bohlen gezimmerten Böden
versehen, die zugleich als Verankerung dienen."

Der allmähliche Verfall der Kirche mag
wohl gegen Ende des vorigen Jahrhunderts
die Veranlassung zum Abbruch der drei Flügel
gewesen sein, und zu damaliger Zeit genügte
der kleinen Gemeinde der übrig bleibende
Raum zum Gottesdienst. Die Zeiten änderten
sich; die Gemeinde blühte langsam wieder auf
und das Bedürfnifs nach einer entsprechenden
Vergrößerung der Kirche ist schon seit längerer
Zeit so dringend geworden, dafs damit nicht
mehr gezögert werden darf; aufserdem be-
dürfen die vorhandenen Reste nothwendig einer
gründlichen Reparatur.

Den Architekten Rüdell & Odenthal zu
Köln wurde der Auftrag zu Theil, einen Plan
zur Vergröfserung der Kirche anzufertigen.
Ohne jede weitere Frage war es selbstverständ-
lich, dafs das Vorhandene, natürlich unter Be-
seitigung des sehr häfslichen Vorbaues am
Thurm und der noch häßlicheren Sakristei,
unter allen Umständen erhalten bleiben müsse.
Das Zunächstliegende war nun, die Kirche
ganz und gar in der ursprünglichen Kreuz-
form wiederherzustellen. Der blofse Anbau
von drei neuen Kreuzarmen in den ursprüng-
lichen Dimensionen genügte aber den ver-
schiedenen Bedürfnissen nicht, es mufste noth-
wendig Raum für Seitenaltäre und Sakristei,
sowie für die Unterbringung des Taufsteines
geschaffen werden.

Im vorliegenden Plane (Fig. 1 bis 5) ist die
beabsichtigte Lösung durch kapellenartige An-
bauten zwischen den Kreuzarmen in der zweck-
mäfsigsten Weise gegeben. Es entstanden bei
mafgebenden Personen Zweifel, ob diese kleine-
ren Anbauten wohl ursprünglich vorhanden ge-

wesen seien, worauf durch den Unterzeichneten
an den betreffenden Stellen Nachgrabungen
veranlaßt wurden, und in der That zeigten
die noch vorhandenen Fundamentreste mit
Bestimmtheit das frühere Vorhandensein der
kleineren Kapellen. Hiermit war im großen
Ganzen der einzuschlagende Weg vorgezeich-
net. Die vorhandenen architektonischen Formen
des Thurmes sowie des alten östlichen Flügels
zeigten auch den Weg für eine ebenso ein-
fache Behandlung der drei anderen Kreuz-
arme. Das in der westlichen Abschlußmauer
des Thurmes eingemauerte altromanische Portal
soll natürlich wieder als Haupteingang benutzt
werden (vergl. Fig. 5).

Für die innere Ausgestaltung sind die
Formen und Verhältnisse durch die theilweise
vorhandenen Gewölbe und Arkaden gegeben.
Der Thurm erhält ein neues überhöhtes Ge-
wölbe; im Uebrigen wird derselbe da, wo es
nothwendig erscheint, restaurirt. Der vor-
handene Helm bleibt bestehen, da derselbe
sehr gute Verhältnisse aufweist. Eine andere,
ebenfalls nicht unwichtige Frage war die
Lösung des eigentlichen Choranbaues. Wie
die Form des ursprünglichen Chores gewesen
ist, läßt sich nicht mit Bestimmtheit feststellen;
es ist möglich, dafs eine einfache halbrunde
Apsis den Abschluß gebildet hat, oder auch
eine glatte Wand. In der Erwägung, dafs man
Vorhandenes nicht abbrechen soll, wenn es
durch charakteristische Stilformen, selbst solche
die einer ganz anderen Zeitperiode angehören,
der Erhaltung werth ist, haben die Unter-
zeichneten auch das alte Chörchen mit den
mächtigen Strebepfeilern beibehalten. Die
beiden vorhandenen Fenster werden ergänzt,
das durch eine Nische angedeutete Fenster
in der Mitte wird erneuert und mit entsprechen-
dem Maßwerk versehen; ferner erhält das
Chörchen im Innern Gewölbe mit Rippen.

Die Grundrißdisposition ist aus dem Plane
(Fig. 1) klar ersichtlich. Im linken Kreuz-
(lügel ist ein Theil im Innern durch eine
Mauer abgetrennt und zur Sakristei umge-
wandelt. Auf der entgegengesetzten Seite be-
findet sich die Orgelbühne mit der Orgel.
Die Sakristei beansprucht nicht die ganze Höhe
des Kreuzschiffes; es bildet sich dadurch über
der Sakristei ein emporenartiger Raum (vergl.
Fig. 3), ähnlich wie die Orgelbühne im rechten
Kreuzflügel, wodurch sich das Innere wesent-
 
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