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Zeitschrift für christliche Kunst — 9.1896

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191

1896. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST

Nr. G.

192

Die Psalter Illustration im Mittelalter. Band I.
Die Psalterillustration in der Kunstgeschichte. Heft I.
B y z a n t i n i s c h e P s a 11 e r i 11 u s t r a t i o n. Mönchisch-
theologische Redaktion. Mit 6 Tafeln und 87 Text-
illustrationen. 90 Seiten in 4°. Von J. J. Tikkanen.
Helsingfors 1895, Druckerei der Finnischen Litteralur-
Gesellschaft.
Der Verfasser bespricht in diesem 1. Heft des auf
zwei Bände berechneten Werkes sechszehn illustrirte
morgenländische Psalterien des IX. bis XVII. Jahrh.
Er zeigt, dafs dieselben eine ziemlich geschlossene
Gruppe bilden, worin eine grofse Anzahl fest bestimmter
Illustrationen verwerthet wird. Diese Illustrationen
sind nehen dem Text auf den Rand gestellt. Ein
Theil derselben versinubildet drastisch den Wortlaut
des Textes (z. B. wie Löwen eine Seele erhaschen),
ein anderer Ereignisse des Neuen Bundes, welche in
den Psalmen prophetisch vorherverkiindet sind, ja so-
gar Ereignisse der Kirchengeschichte, auf die man
einzelne Psalmenverse bezog. Tikkanen weist nach,
dafs diese Illustrationen zwar einerseits glückliche Er-
findungen begabter Künstler sind, andererseits aber
aus dem liturgischen Gebrauch der Psalmen natur-
gemäfs erwuchsen. So bietet schon dies erste Heft
einen überraschenden Einblick in die praktische Ver-
werthung des Psalmenbuches und wird dadurch für
den Theologen ebenso wichtig, als für den Archäo-
logen und Kunstgelehrten. Durch die vielen werth-
vollen, den Handschriften entnommenen Bilder ist es
für die christliche Ikonographie eine Quelle ersten
Ranges und zeigt wiederum klar, wie sich manche
mittelalterliche Darstellungen aus antiken und früh-
christlichen heraus entwickelten. Steph. Beissel.

Robert S t i a s s n y, W a p p e n z e i c h n u n g e n Hans
Baidung Griens in Koburg. Wien 1895,
Kar! Gerolds Sohn.
In der vorliegenden Schrift, die bereits in zweiter
Auflage erschienen ist, bringt der Verfasser, der be-
kanntlich seit Jahren mit Studien über den ober-
rheinischen Meister beschäftigt ist, eine eingehende
Untersuchung über die im herzoglichen Kupferstich-
kabinet auf der Veste Koburg aufbewahrten 51 Scheiben-
risse, die neben dem Karlsruher Skizzenbuche über-
haupt die gröfste an einem Orte vereinigte Folge von
Zeichnungen darstellt. Beschreibungen von zehn bis-
her unbekannten Entwürfen im K. K. österreichischen
Museum zu Wien und von drei auf Schlofs Seebarn
beiKomenburg befindlichen sind angeschlossen. Stiassny
bietet nach einer ausführlichen Untersuchung über Her-
kunft und Schicksale der Koburger Folge, genaue Er-
läuterungen der Wappenzeichnungen, die durch die
heraldischen Analysen und die Fülle der historischen
Nachweise besonders werlhvoll sind. Von den Zeich-
nungen, die im Figürlichen etwas manierirt, dafür aber
in der ornamentalen Behandlung von der gröfsten
Freiheit und von hoher Grazie sind, sind die wich-
tigsten auf Lichtdrucktafeln veröffentlicht — der Griin-
hans hat in ihnen den heraldischen Stil der Renaissance
in klassische Formen gegossen. Eine gröfsere Zahl
der Koburger Entwürfe ist unterdessen auch im zweiten
Baude des Baidung-Werkes G. von Terey's wieder-
gegeben worden. Paul Clemen.

Studien zur Baugeschichte des Freiburger
Münsters von Fritz Geiges. Freiburg 1896,
Verlag von Herder.
Wie bei den meisten mittelalterlichen Domen, so
sind auch bei dem Freiburger manche Baudaten noch
sehr ungewifs. Der Verfasser dieser von ihm selbst echt
künstlerisch ausgestatteten Studie, mit der Geschichte
des Freiburger Münsters vertraut, wie irgend einer,
bringt nach dieser Richtung einige sehr schätzens-
werthe Ergänzungen, die auf solidester Grundlage
aufgebaut sind, zunächst durch den Nachweis, dafs
aus der Datirung der ältesten 1258 gegossenen Glocke
für die Zeitstellung einzelner Theile des Baues, be-
sonders des Thurmes, keinerlei Schlüsse berechtigt
seien, ebensowenig aus der am Thurmpfeiler ange-
brachten Jahreszahl 1270, weil diese ein halbes Jahr-
hundert vordatirt sei. — In den drei Nachträgen wird
nachgewiesen: 1. dafs der über dem Thurmsockel
eingeritzte sogenannte Meisterschild Erwins von Stein-
bach weder mit Zuverlässigkeit auf diesen zurück-
geführt, noch zu dessen Lebzeiten ausgeführt sein
könne; 2. dafs die frühgothischen Ostjoche auf mehrere
Meister zurückzuführen und die Pläne von einem
Strafsburger entworfen seien; 3. dafs der spätroma-
nische Münsterbau, der mit dem 1185 begonnenen
Baseler mancherlei Verwandtschaft hat, eher später
als früher zu datiren sei. Die Beweisführung ist
klar und präzis, das in Bezug auf Auswahl und
Technik vorzüglich behandelte Illustrationsmaterial sehr
geeignet, sie zu unterstützen. B.

Les vitraux de la Cathßdrale de Bourges
posterieurs au XHIme si bcle. — Dem in Bd. VII,
Sp. i)l8 besprochenen VII. Hefte schliefst sich mit
starker Verspätung das vorliegende an, welches auf
Tafel XV, XVI, XVII ein grofses viertheiliges Fenster
in vorzüglichen F'arbendrucken wiedergibt und auf sechs
Seiten dazu die Erklärung liefert. Stifter desselben ist
der 1517 gestorbene Bischof Dionysius von Bar, der die
Legende seines Namenspatrons des Bischofs von Paris
(der hier als identisch mit Dionysius dem Areopagiten
behandelt wird) in 16 Szenen hat darstellen lassen, die
(mit den das Bekrönungsmaafswerk belebenden 16 den
Heiland anbetenden Engeln) nicht weniger als 113
Figuren umfassen, also miniaturartig gehalten sind,
zumal breite Säulen mit ornamentalen Flachbogen die
einzelnen Felder einfassen und je eine zweizeilige
Minuskelunterschrift die Erläuterung bietet. Die Ikono-
graphie gewinnt also hier grofse Ausbeute, nicht
minder die Kultur-, namentlich die Kostümgeschichte,
aber auch der durch die zahlreichen naturalistischen
Motive gesteigerten Technik wird grofses Interesse
nicht versagt werden, obwohl dieselbe mit ihren vielen
Luftperspektiven über das Ziel eines monumentalen
Fensters hinausschiefst. s.

Der Verlag von Paul Neff in Stuttgart
veranstaltet neue Lieferungsausgaben von drei hervor-
ragenden Werken, welche z. Z. in unserer Zeitschrift
anerkennende Beurtheilung erfahren haben, von Burck-
hardt, i-Renaissance in Italien«, III. Auflage; Gurlitt,
»Geschichte des Barockstiles«; Ltibke, »Geschichte
der deutschen Kunst«. D. II.
 
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