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Zeitschrift für christliche Kunst — 9.1896

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Schnütgen, Alexander: Zwei alte Armleuchter im erzbischöflichen Diözesan-Museum zu Köln
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https://doi.org/10.11588/diglit.3831#0133

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215

1896. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST - Nr.

216

Lilienkronen nachgebildet, wie diese, zumeist aus
einem Metallbande ausgeschnitten und durch die
Feile geregelt. Den oberen Fries überragen nur
noch der lange Kerzendorn für ein hohes und
kräftiges Wachslicht und die beiden für kleine
ungelochte Kerzen bestimmten Hülsen, die aus
vier lilienbekrönten, engere und weitereStellung
gestattenden Stäben bestehen. Die ganze Tech-
nik ist mithin sehr einfach aber durchaus kon-
struktiv, solid und wirkungsvoll, so dafs die
Nachbildung dieses formschönen Geräthes nicht
einmal ungewöhnliche Fertigkeiten verlangt und
ein ordnungsgemäfs geschulter und geübter
Schmied in genügender Weise dasselbe nach-
zubilden vermag, wenn er nur das hinreichende

Wappen den Stifter, oder durch ein Monogramm
seine sakrale Bestimmung zu erkennen gab.

Der hier die zweite Stelle behauptende Früh-
renaissance-Armleuchter, 24 cm lang, be-
steht in einem einheitlichen Bronzegufsstück
und stellt eine Groteske dar, einen bärtigen
und behelmten, in einen langgezogenen Fisch-
leib auslaufenden Mann, der mit beiden Händen
eine gewundene, sehr lebendig behandelte
Schlange hält, als den Träger des (erneuerten)
Lichttellers. Die beiden Schlitze auf dem Rücken
der durch eingemeifselte Arabesken verzierten
Groteskefigur hatten wohl die Bestimmung,
Flügel aufzunehmen, um die phantastische Wir-
kung noch zu verstärken. Die klare, durchsich-

Verständnifs für die Einzelformen besitzt, die
hier allerdings in besonderer Feinheit zum Aus-
drucke gelangt sind. Die kräftige phantasie-
volle Zeichnung wird noch gehoben durch die
dem ganzen Leuchter zu Theil gewordene poly-
chrome Behandlung, welche auf die drei Haupt-
töne der gothischen Bemalung: Blau, Roth,
Gold beschränkt geblieben ist und zwar durch-
weg Blau für die konstruktiven, Roth für die
füllenden, Gold für die verzierenden Glieder.
Auch diese Einfachheit in der Färbung ist von
wesentlicher Bedeutung, jedoch sind auch Silber
und Grün nicht unstatthaft, Lasurtöne nicht aus-
geschlossen. An dem Haken, welcher den letzten
Ausläufer des Tellerträgers bildet, hing ohne
Zweifel ein bemaltes Wappenschildchen, welches
dem Leuchter auch nach unten seinen dekora-
tiven Abschlufs sicherte und entweder durch das

tige, leichte Gestaltung, der fein abgewogene
Wechsel von Fülle und Leere, von Schatten
und Licht verschafft dem Leuchter eine vor-
treffliche Silhouettenwirkung, die ihn zu einem
vorzüglichen Vorbilde stempelt, nicht so sehr
für den kirchlichen als für den Profangebrauch,
besonders geeignet zur Verwendung an einem
zierlichen Hausmöbel. Auch in technischer Hin-
sicht verdient er Lob, denn unverkürzt ist er
aus der Form hervorgegangen, da kein Theil
später angefügt erscheint, und so rein war der
Gufs, dafs er nur ganz spärlicher Nachhülfe be-
durfte, die mit Recht derb gehalten wurde,
denn ein ausschließliches Erzeugnifs des Gelb-
giefsers sollte er sein, kein Schmuckstück eines
Goldschmiedes, wefswegen ihm auch das Orna-
ment mit dem Meifsel eingehauen und die Ver-
goldung erspart wurde. Schnütgen.
 
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