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Zeitschrift für christliche Kunst — 33.1920

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Witte, Fritz: Die ersten Arbeiten des Institutes für religiöse Kunst in Köln
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https://doi.org/10.11588/diglit.4307#0126

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ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST. Nr. 8

und die Einsichtigen, die, welche Stil nicht in einigen leeren Formeln sehen,
haben die Historisiererei längst aus Überzeugung abgeschworen.

Gerade die Goldschmiedekunst scheint mir heute unter günstigen Au-
spizien zu arbeiten. Wir sind doch nicht blind! Mag man noch so erregt
über die Ausdruckskunst dieser Tage debattieren; sie ist ja längst durch
den Scheuersack hindurch, hat das gefunden, was uns fehlte: Kraft, Be-
tonung der inneren Werte an Stelle der äußeren, und vor den Toren steht
- man erschrecke doch nicht - eine leibhaftige Romantik, verwandt mit der,
die wir einmal hatten und doch so ganz anders wie sie. Keine Romantik
der Kunst, die künstlich sich großpäppelt an längst abgestandener Milch
aus früheren Jahrhunderten, eine Romantik, die auch in der Kunst echt ist
und wahr, die aus dem Bedürfnis nach Abklärung und Frieden erwacht
und erwächst und so stark ist wie das Bedürfnis nach innerem Frieden.
Gerade unsere Ausdruckskunst will dorthin, denn sie arbeitet
ja mit Seele, Seele! Diese Prophezeiung macht mich nicht bange, sie wird
sich erfüllen und - kein Mensch wird einen Stein gegen ihre Begründer
und Künder werfen. Die Goldschmiedekunst ist eine erklärte Freundin
aller Romantik, sie ist von Haus aus selber dorthin gerichtet; auch sie hat,
wenn sie Künstlerhänden entgleitet, starke seelische Tendenzen, ist tief, ist
Vergeistigung, ist Wiedergabe direkt transzendentaler Empfindungen. Das
Gold, die farbigen Steine, sie reichen unmittelbar an den Begriff des
Körperlosen heran, sobald sie das empfangen, ohne welches sie nicht leben
und nicht wirken können: das Licht. Ja, Licht! Und dieses Licht steht
hier in Gleichung zu Seele.

Riegel hat Fuß bei Mal gehalten in den Zeiten der Umwälzungen; daß
er diese verfolgt hat und sie mit durchlebt, das beweisen die Arbeiten, die
er nunmehr schafft. Eine ganze Anzahl von Entwürfen wird das an dieser
Stelle demnächst erweisen, daß er der moderne Romantiker ist, den wir
brauchen, da er die Sprache des Volkes spricht. Auch er sieht im Licht
und mit Licht, auch er liebt die Farbe, das Malerische. Gold paart sich
mit Email, umkränzt festlich das keusche Elfenbein, umschmeichelt suchend
das farbige Gestein. Krauses Filigran bringt Bewegung in die Flächen, zeugt
Schatten, die mit dem Lichte kämpfen. Das alles gibt prachtvolle Klänge,
so recht die Tonart, die auf die Altäre gehört.

Und Seele und Licht! Der Sehnsuchtsruf, der so tief, tief christlich
ist, aus farbigen Fenstern, aus leuchtenden Wandbildern, aus ausdrucksvollen
Plastiken dringt er in den kommenden Tagen zu uns herüber; und Seele
und Licht atmen die Räume, die die Architektur uns schenken soll. In
dieses Licht stellt sich das Institut mit all seinen Zielen und Arbeiten.

Man kann nur die Hoffnung aussprechen, daß gerade die Lehrwerkstätten von
Professor Riegel am Institut eine größere Anzahl tüchtiger Fachkünstler ausbilden
werden, damit diesem eminent wichtigen Zweige kirchlichen Kunstschaffens immer
neues Leben und Blut zugeführt wird und die abgedroschene romamsch-gotisch-
barocke usf. Katalogware möglichst bald in die äußerste Rumpelkammer wandert.
Die Werkstätten des Institutes werden tunlichst einer zu häufigen Wiederholung
der Formen aus dem Wege gehen und möglichst von Fall zu Fall durch neue Auf-
gaben auch zu neuen Lösungen zu kommen suchen, um dadurch einen ansehn-


 
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