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Zeitschrift für christliche Kunst — 33.1920

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Bardenhewer, Anton: Der Praktiker bei der Erhaltung alter Wandmalereien
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https://doi.org/10.11588/diglit.4307#0160

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Nr.J1/12 ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST. 147

proben, wonach sich beurteilen ließ, ob die Durchsichtigkeit und Haltbarkeit der
Farben der Alten erreicht war.

Bei der Aufzeichnung der von mir bei diesen Mal- und Putzproben gemachten
Beobachtungen beginne ich mit dem Malgrund (Wandputz). Die heute übliche
Technik ist die Filzputztechnik. Es wird der Mörtel bei ihr sehr wasserhaltig
auf die Wand geworfen, mit dem Richtscheit abgezogen und solange unter fort-
währendem Bespritzen mit dem filzbespanntem Reibbrett verrieben, bis die
gewünschte Glätte erzielt ist. Dabei entsteht nun eine ganz ungleichmäßige
Mischung. In den zutage tretenden Schichten wird der Kalk ausgewaschen und
überzieht dieselben ganz. Die später aufzutragenden Farben können des-
halb nicht in den Putz eindringen und sich mit demselben verbinden, auch setzt
er dem Eindringen der zum Abbinden nötigen Luft Schwierigkeiten entgegen.

Der mittelalterliche Putz ist Kellenputz. Der mindestens 1 x/2 Jahr vorher
gelöschte Kalk wird mit ebensoviel Wasser verrührt, so daß keine Knötchen mehr
darin sind. Die daraus entstandene Kalkmilch mische man mit dreimal soviel
gewaschenem Sand. Der daraus gewonnene Mörtel hat ungefähr das richtige
Verhältnis des alten Putzes, jedoch nicht solchen Wassergehalt wie der jetzt ge-
bräuchliche. Er wird ohne weiteren Zusatz von Wasser mit einer lanzettförmigen
Kelle auf die vorher gut gewässerte Wand gedrückt, und ohne, daß er noch mit
Wasser bespritzt wird, fertig glattgestrichen.

Durch das Auflösen des Kalkes im Wasser, vor dem Vermischen mit Sand,
kapselt der Sandbrei die einzelnen Körner besser ein und vermischt sich viel
leichter mit demselben. Es darf jedoch nicht zuviel Wasser sein, damit der Mörtel
nicht zu dünn wird, da man denselben sonst nicht mehr andrücken kann. Ich
halte es für sehr richtig, daß man ihn unter festem Druck an die Wand bringt.
Wird der Putz noch vor dem Glattstreichen mit Wasser bespritzt, so wäscht sich
der obere Kalk heraus und es entsteht eine ganz andere Mischung an der Ober-
fläche. Diese wird viel fester als die untere Schicht, dazu schärfer als der mittel-
alterliche Putz. Dieses vermeidet man durch das Trockenglätten. Bei solchen
Arbeiten habe ich schon viele Verputzer, die bis dahin nur Filzputz gemacht
hatten, zu Hilfe genommen, sie fanden sich sehr bald in die von mir gewünschte
Technik und bestätigten, daß dieselbe leicht zu handhaben sei. Das von mir eben
angegebene Verhältnis von Kalk und Sand ändert sich selbstverständlich mit der
Beschaffenheit des Materials, doch wird man nach Proben leicht das Richtige
finden. Ich mache den Putz möglichst mager, er darf keinesfalls nach dem Trocknen
Haarrisse zeigen, in dem Falle ist er zu fett. Besonders für Freskomalerei soll
er sehr mager sein.

Die Farbe des alten Putzes ist durch das Material, aus dem er besteht, bedingt,
also meistens graugelb, da er hergestellt ist aus grauem Kalk und dem mit gelbem
Oker vermischten Sand. Doch trifft man auch andersfarbigen an. In der alten
romanischen Kirche zu Nideggen ist derselbe von vulkanisch geglühtem, also
rotem Oker durchsetzt und infolgedessen hellrot gefärbt. Dieser Putz steht vor-
züglich zu dem dunkelroten Sandstein der tragenden Glieder und verlangt des-
halb keine Belebung durch Farbe. Dasselbe gilt auch von allen großen Kirchen
und Domen, bei denen das Innere aus Werksteinen ausgeführt ist. Dieselben
wirken durch ihre Verschiedenfarbigkeit, Aderung oder Marmorierung und be-
sonders durch ihren nicht zu grellen Ton harmonisch. Darum wurden sie auch
 
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