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Zwierz, Maria [Hrsg.]
Breslauer Schulen: Geschichte und Architektur — Wrocław, 2005

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https://doi.org/10.11588/diglit.38676#0027

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Lucyna Harc

Protestantische Schulen der Neuzeit in Breslau

Der Tätigkeitsbeginn der protestantischen Schulen
in Breslau
In der Zeit vor der Reformation bestanden in Breslau die Dom-
schule (1212) auf der Dominsel, mehrere Klosferschulen (u.a. der
Augustiner und der Dominikaner) sowie zwei Schulen an den städ-
tischen Pfarreien - die 1267 gegründete Schule an der Pfarrei
St. Maria-Magdalena und die 1293 gegründete Schule an der Kirche
St. Elisabeth. Die zwei letzteren änderten zu Beginn der Reformation
ihr konfessionelles Profil und bildeten den Anfang des protestan-
tischen Schulwesens in Breslau. Die Ursache dieser Veränderung
liegt in den Ereignissen des Jahres 1520. Nach dem Tode des Bischofs
Johannes V. Turzo übergab der sich um dessen Nachfolge bemü-
hende Jacob von Salza - seit 1516 Scholastiker des Domkapitels
und als solcher aufsichtsführend über die Breslauer Schulen, dem
Stadtrat von Breslau das Recht, die Direktoren der beiden städti-
schen Schulen zu benennen, was bisher das Vorrecht des Scho-
lastikers gewesen war. Dies war ein Wendepunkt in der Geschichte
dieser beiden Schulen. Schon im Jahre 1521 benutzten die Stadträte
das erhaltene Recht und beriefen Johannes Troger den Jüngeren1
zum Rektor der St. Elisabethschule. Der Verlauf der weiteren
Ereignisse in der Stadt führte zu eine Änderung des konfessio-
nellen Profils beider Schulen.
Der bei den Stadtbewohnern steigende Unwille gegenüber der
Kirchenobrigkeit, die Vertreibung der Bernhardiner aus der Stadt
im Juni des Jahres 1522, die Tätigkeit von zahlreichen Predigern,
die Lockerung der Disziplin unter dem Klerus, als Zeichen des-
sen z.B. die erste Eheschließung zwischen einem Mönch und einer
None im Kloster des Hl. Jakobus im Jahre 1523, aber vor allem,
dass viele Breslauer zum Studium nach Wittenberg fuhren und
persönliche Kontakte mit Martin Luther und Phillipp Melanchton
hatten, wie u.a. Ambrosius Moibanus, führten dazu, dass die Refor-
mation sehr schnell Breslau erreichte. Dadurch kam es, dass bereits
im Jahre 1523 der Stadtrat von Breslau die Pfarrei der Hl. Maria
Magdalena mit seinem Kandidaten, mit Johannes Hess besetzte,
der zuvor Prediger in Nürnberg gewesen war. Ohne Akzeptanz
des Bischofs wurde er am 21.Oktober 1523 in die Pfarrei einge-
führt und drei Tage später hielt er seine erste Predigt in der Kirche
der Hl. Maria Magdalena. Keine zwei Jahre später, im Sommer
1525 beschloss der Stadtrat über die Besetzung der zweiten Stadt-
kirche in Breslau. Der neue Pfarrer bei der Elisabethkirche wurde
Ambrosius Moibanus, obwohl er noch keine Priesterweihe hatte.
Kurz darauf übernahmen die Befürworte der Reformation auch
die dritte Pfarrkirche, die sich in einem schlechten baulichen Zustand
befindende Hl. Geist Kirche in der Neustadt. Jedoch wollte der
Stadtrat diese Kirche nicht renovieren und fand eine andere Lösung.
Er übergab der Gemeinde der Neustadt und der Sandinsel die seit
dem Jahr 1522 leer stehende Kirche des Hl. Bernhardin. Die Hl. Geist
Kirche wurde sohließlich im Jahre 1597 abgerissen2.

Der Übertritt der städtischen Pfarreien St. Maria Magdalena
(1523) und St. Elisabeth (1529) zum Luthertum sowie die Erlangung
des Rechts zur Besetzung der Rektorenstellen der zugehörigen
Schulen durch den Stadtrat machten beide Einrichtungen schon zu
Beginn der Reformation zu evangelischen Schulen. Der Stadtrat
ernannte zu Ostern 1525 Andreas Winkler zum ersten Rektor der
St. Elisabethschule und Johann Thilo zum ersten Rektor der St. Maria
Magdalena Schule3. Es wurde eine allmähliche und sukzessive
Reorganisation dieser beiden Schulen unternommen, wobei sie vor-
erst weiter hin städtische Schulen blieben.
Jedoch kam es unter der Leitung von Andreas Winkler, der
42 Jahre bis 1569 Rektor der Elisabethschule blieb, zu einer Verän-
derung dieser Schule. 1562 erhielt die Elisabethschule einen stei-
nernen Neubau in Renaissanceformen und wurde in den Rang
eines Gymnasiums - des ersten in der Stadt - erhoben4. Diese Ver-
änderungen wären wohl ohne die finanzielle Hilfe und des Patronats
des Stadtrats nicht möglich gewesen. Breslau brauchte dringend
ein Gymnasium für die Jugend. Zu diesem Zwecke veröffentlich-
te der Stadtrat im Jahre 1528 eine neue Schulordnung für seine
beiden städtischen Schulen. Zu den Personen, die einen grossen
Einfluss auf die Gestaltung dieser neuen Schulordnung hatten,
gehörte Dr. Johann Metzler, der zu dieser Zeit an der Elisabethschule
Griechisch und Latein unterrichtete. Es entstand ein Aufsischtsrat
für die städtischen Schulen, dessen Mitglieder Ambrosius Moibanus,
der große Verdienste bei der Umgestaltung der Elisabethschule
hatte, und Andreas Winkler als Schulinspektoren. Wurden gemäß
der neuen Schulordnung war der Unterricht in den beiden Schulen
kostenfrei. Kostenpflichtig waren lediglich die sogeannten Privat-
stunden, die die Schüler zusätzlich besuchen konnten3.
Im Herbst 1538 wurde an der Neustädtischen Pfarrei zum
Hl. Geist eine dritte protestantische Schule imter städtischer Aufsicht
gegründet. Ihre Entstehung ist mit der Tätigkeit von Franz Hanisch
verbunden, der Probst an der Kirche St. Bernhardin wie auch
Vorgesetzter der beiden Krankenhäuser des Hl. Benrhardin und
des Hl. Geistes gewesen war6. Das Hauptziel der Gründung die-
ser neustädtischen Schule war der Gesangsunterricht, vor allem
der Kirchenlieder. Der falsche Gesang der Gemeinde ärgerte den
Pastor Hanisch sehr7. Unterrichtet wurden die Kinder in einem
Saal des Wohnhauses der Vikary Hl. Geist Krankenhaus und daher
wurde die Schule als Schule zum Hl. Geist bezeichnet. Sie war
aber auch bekannt als Schule zum Hl. Bernhardin oder auch als
Neustädtische Schule. Sie bestand zuerst aus einer Klasse, aber die
Anzahl der Schüler wuchs ständig, so dass sie im Jahre 1550 153
Schüler erreichte. Deshalb entstand eine zweite Klasse, wobei man
innerhalb dieser zwei Klassen die Schüler in zwei Gruppen ein-
teilte8.

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