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Zwierz, Maria [Hrsg.]
Breslauer Schulen: Geschichte und Architektur — Wrocław, 2005

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https://doi.org/10.11588/diglit.38676#0146

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Magdalena Szafkowska

Bildmaterial zu ehemaligen Breslauer Gymnasien

In der Graphiksammlung des Breslauer Nationalmuseums hat sich
nur eine Darstellung des Gebäudes des Magdalenaeums, des
Städtischen Gymnasiums zur Hl. Maria Magdalena, erhalten. Es han-
delt sich um einen Kupferstich aus dem Jahre 1736 von Johann
Matthias Steudlm (oder Steidlin, tätig in Augsburg 1720, 1722,
1728 und 1729), den er in zwei Versionen ausführte - die eme
schwarz-weiß (Inv. Nr. VII.-1109), die andere in Farbe (Inv. Nr. VII-
10744). Beide beruhen auf einer Zeichnung von Friedrich Bernhard
Werner (1690-1776) und stellen den neuen, 1710 errichteten Bau
des Magdalenaeums dar.
Der hölzerne Vorgängerbau der Schule von 1267 stand an der
damaligen Ring-Albrecht-Str., Ecke Altbüsser Straße (heute ul. Wita
Stwosza/Faciarska), an der Nordseite der Kirche. Eediglich zwei
Räume waren für den Unterricht bestimmt. Der Saal für die Schüler
der ersten Klasse befand sich im Erdgeschoss, er wurde durch elf
große Fenster beleuchtet. Die älteren Schüler mussten sich mit einem
kleineren Unterrichtsraum im ersten Stock zufrieden geben, der
zudem nur zwei Fensteröffnungen hatte. Im gleichen Geschoss
wohnten der Rektor und die Fehrer. 1558 wurde das Schulgebäude
modernisiert und für die damaligen Verhältnisse recht komfortabel
ausgestattet. Die Außenfassade und die davor stehenden kleinen
Häuser wurden renoviert. An der Fassade wurde eine Sonnenuhr
angebracht, die Wände der Klassenräume mit mehrsprachigen
Sinnsprüchen und Sprichwörtern gestaltet.
Die Glanzzeit der Schule fiel in die erste Hälfte des 17. Jahr-
hunderts, vor allem seit 1637 Heinrich Klose zum Rektor ernannt
worden war. Damals wurde eine besonders große Anzahl von
Schülern aufgenommen, so dass im Parterreraum gleichzeitig bis
zu zweihundert Zöglinge lernten. Die Klassenräume waren nur
durch dünne Bretterwände voneinander getrennt, die noch nicht
einmal bis zur Decke reichten. Dank dieses Aufschwungs wurde
die Schule am 29. Januar 1643 zum Gymnasium erhoben.
Der Bau eines neuen Schulgebäudes blieb dringend notwendig,
denn abgesehen von der räumlichen Enge störte Schüler und Lehrer
der Lärm der für die damalige Zeit belebten Straße. Während der
Amtszeit von Rektor Gottfried Küpfender konnte dann endlich ein
neues, hervorragendes Schulgebäude errichtet werden. Gestiftet
wurde es von Johann Kretschmar, der aus einer reichen Breslauer
Kaufmannsfamilie stammte und im Stadtrat und Schulvorstand saß.
Christoph Hackner (1663-1741), der bekannte Breslauer Architekt
aus der Barockzeit, entwarf das Gebäude; von 1708 bis 1710 wurde
es errichtet. Die neue Schule stand an der Stelle des sog. alten
Armenhauses, nun an der Südseite der Maria-Magdalena-Kirche.
Die feierliche Einweihung fand am 26. Juni 1710 statt. Musik-
aufführungen, Gesang und Instrumentalstücke gestalteten die Feier,
in Reden wurden die Verdienste Johann Kretschmars, des Vorsitzen-
den und Wohltäters der Schule gewürdigt. Über dem reich verzier-
ten barockem Eingangsportal brachte man sein vierfeldriges Familien-

wappen an. (1607 hatte die Familie Kretschmar den Adelstitel erhal-
ten.) Am Portal befand sich auch das Breslauer Stadtwappen, unter
welches eine schwarze Marmortafel mit einer eingravierten und
vergoldeten Stifterinschrift gesetzt wurde. Karl Adolph Menzel über-
setzte den lateinischen Text und zitierte in seiner Topographischen
Chronik von Breslau: „Der Gottheit heilig. Pflanzschule der Kirche
und des Staats, auf Befehl des Breslauschen Senats und durch Sorge
der Vorsteher der benachbarten Kirche zum Nutzen der Gottesfurcht,
zur Beförderung der Wissenschaften und zum Schmuck der Stadt
aus der Nachbarschaft hieher verlegt im Jahr des Heils 1710."1
Anlässlich dieser Feierlichkeiten stiftete Johann Kretschmer eine
besondere Gedenkmünze mit einer Abbildung der neuen Schule.
Die besten Schüler und alle Honoratioren der Stadt erhielten diese
Münze in Silber, die übrigen Schüler wurden mit Münzen aus eng-
lischem Zinn geehrt.
Das neue dreigeschossige Schulgebäude wurde von einem hohen
Satteldach mit Fenstern bedeckt; es beherbergte die Wohnungen
des Rektors und zweier Professoren sowie große Unterrichtssäle.
Ein Kupferstich von Johann Matthias Steudlin zeigt im Hinter-
grund das Gymnasium in Frontalansicht aus der Höhe des ersten
Stocks. Zu erkennen ist die lange siebzehnachsige Fassade mit den
einfach gerahmten Fenstern. Ein lateinischer und deutscher Text
informiert über die wichtigsten Ereignisse aus der Geschichte
der Schule bis zum Jahre 1736: ihre Entstehung 1267, die Erneuerung
des Gebäudes 1525, dann 1643 die Erhebung zum Gymnasium und
schließlich 1710 der Umzug in das neue Schulhaus.
1776 wurde das Maria-Magdalena-Gymnasium in ein Realgym-
nasium umgewandelt, 1810 dann in ein klassisches Gymnasium.
1867-69 ersetzte man das damalige Gebäude durch ein neues, sehr
viel größeres, das an der gleichen Stelle nach dem Entwurf des
Breslauer Baurates Carl Johann Christian Zimmermann (1831-1911)
errichtet wurde. Als neue Maria-Magdalena-Schule - Städtische
Oberschule für Jungen bestand sie bis 1929 im neuen Gebäude
an der Parkstraße 18-26 (heute ul. Parkowa) am Scheitniger Park
(Park Szczytnicki). Heute nutzt die 2. Allgemeinbildende Ober-
schule (II Liceum Ogölnoksztalcqce) den Bau. Das alte Schulgebäude
an der Magdalenenkirche diente bis zum Zweiten Weltkrieg als
Handelsschule, 1945 wurde es zerstört und dann abgetragen.
Schon im Mittelalter verfügte die Maria-Magdalena-Kirche über
eine reiche Bibliothek, die seit 1523 vom ersten Breslauer Pastor
und Büchersammler Johannes Hess (1490-1547) erweitert wurde.
Lehrer, Geistliche, aber auch Bürger folgten seinem Beispiel und
spendeten ihre Buchbestände der Bibliothek. 1601 entstand die erste,
leider unvollständige Inventarliste der Bibliothek.
David Tscheming (auch Tschemig oder Tschemich, um 1610/
1615-1691) aus einer bekannten Graphikerfamilie stammend, von
der noch die Rede sein wird, schuf 1644 einen Kupferstich (in der
Graphiksammlung des Nationalmuseums in Breslau befindet sich

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