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Zwierz, Maria [Hrsg.]
Breslauer Schulen: Geschichte und Architektur — Wrocław, 2005

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https://doi.org/10.11588/diglit.38676#0086

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Teresa Kulak

Das Schulmuseum in den Jahren 1891-1945

Die Breslauer Lehrerschaft war sehr stolz auf das 1891 gegründe-
te städtische Schulmuseum, dessen Anfänge mit der Aktivität des
Schulrates Dr. Johann Otto Pfundtner verbunden waren. Diesem
hervorragenden Mitglied der städtischen Schuldeputation (1885—
-1905), dem Breslauer Schulinspektor und Direktor der Viktoria-
schule1 für Mädchen (bis 1901) gelang es, am 21. Juni 1889 den
Stadtrat dazu zu überreden, den Beschluss über die Gründung eines
Museums sowie über die Mittelzuwendung für diesen Zweck in
Höhe von 1500 Mark zu fassen. Das Museum sollte in der evan-
gelischen Mädchenschule an der Sadowastraße 8 (heute ul. Swo-
bodna) eingerichtet werden. Trotz dieses Beschlusses wurden mona-
telang keine Schritte unternommen, da der Breslauer Stadtrat für
die Realisierung seines Beschlusses noch die Einwilligung der Ber-
liner Behörden, vor allem des Preußischen Ministers der Geistlichen,
Unterrichts- und Medizinal-Angelegenheiten, benötigte. Erst nach
dieser offiziellen Bestätigung dieser Beschlusses wurde Max Hübner,
Lehrer an der Mädchenschule an der Sadowastraße 8, im darauf
folgenden Jahr damit beauftragt, das Museum in dieser Schule ein-
zurichten. Mit den Arbeiten wurde jedoch erst begonnen, als Hübner
zum Rektor (Direktor) dieser Schule ernannt und vom Stadtrat zum
Vorstand des Museums gewählt wurde.
Wie zu erwarten war, wurde Johann Otto Pfundtner zum
Vorsitzenden des Vorstands gewählt, dessen Mitglieder waren:
die städtischen Schulinspektoren Dr. P. Handloss (zuständig für
katholische Schulen), Dr. W. Kriebl (zuständig für protestantische
Schulen), L. Priebatsch, Verleger und Buchhändler, M. Pinzger,
Konstrukteur mechanischer Vorrichtungen für den Schulbedarf und
Rudolf Handtke, ein bekannter Breslauer Lehrer und der spätere
Rektor der evangelischen Mädchenschule an der Kirchstraße 1/22.
Die Einweihung des Museums fand am 8. April 1891 statt. Wenn
auch die Eröffnung des Museums ein Grund zum Stolz der Bre-
slauer Lehrerschaft war, so bemängelte man gleichzeitig, dass diese
Einrichtung lediglich aus zwei kleinen dunklen Räumen bestand.
Dank der Bemühungen des Vorstands sowie anderer Personen, die
zur Entstehung des Museums beigetragen hatten, zog das Museum
schon am 28. Juni 1892 in zwei große Säle (mit einer Gesamtfläche
von 239 m2) der Turnhalle am Lessingplatz um3.
Die Gründung des Museums entsprang dem Wunsch der
Volksschul- und Mittelschullehrer nach einem Fortbildungszentrum,
in dem sie sich auf verschiedene Prüfungen vorbereiten könnten,
die mit ihrer fachlichen Weiterentwicklung sowie ihrem beruflichen
Aufstieg verbunden waren. Auch die städtische Schulbehörde, die
neue Lehrmittel in lokale Volks- und Mittelschulen einführen woll-
te, war an einer Einrichtung interessiert, in der sich die Lehrer mit
diesen Neuheiten vertraut machen und sie vor der Einführung in
die Schuldidaktik testen konnten4.
Gleich nach seiner Gründung bestand das Museum aus drei
Abteilungen: der Lehrmittelsammlung für Anschauungsunterricht,

der Schulgerätesammlung sowie der Bibliothek pädagogischer
Schriften.
Die Lehrmittelsammlung für den Anschauungsunterricht ent-
stand sukzessiv und umfasste alle Schulgegenstände. Im Jahre 1896
zählte sie bereits 557 Exponate, darunter Pläne, Karten sowie Bil-
der für Geografie, Geschichte, Biologie, Natur-, Kunst- und, Hand-
werksgeschichte sowie Hilfstafeln für Fremdsprachenunterricht
(hauptsächlich mit Grammatik- und Rechtschreibregeln). Die umfas-
sendste Sammlung stellten jedoch die Lehrmittel für den Reli-
gionsunterricht dar, dem man in den damaligen Schulen den Vorrang
gabV Darüber hinaus verfügte das Museum über eine Sammlung
von Präparaten, Instrumenten und Geräten für Natur-, Physik- und
Chemieunterricht. Exponate wurden grundsätzlich, wie der
Museumsleiter Max Hübner schrieb, als Schenkungen erworben,
die von zahlreichen deutschen und ausländischen Lehrbuchverlagen
und Herstellern von Lehrmitteln, wie z.B. Perthes aus Gotha,
Baedeker aus Essen, Kaiser aus Bern oder Hölzl aus Wien stamm-
ten. Auch verschiedene Forschungseinrichtungen aus Bonn, und
Berlin machten Schenkungen für das Museum. Sehr fruchtbar
erwiesen sich Berufskontakte M. Pinzgers, eines Fachmanns für
mechanische Vorrichtungen, dem es gelang, 33 Modelle von
Maschinen und technischen Anlagen zu erwerben. Nur ca. 25%
der im Museum gesammelten Objekte, hauptsächlich neuester
Generation, wurden durch Kauf erworben. Für derartige Ausgaben
entschied man sich, um die Lehrer mit neuesten Lehrmitteln ver-
traut zu machen und sie auch zum Einsatz derselben im Unterricht
zu bewegen.
Im fünften Bestehensjahr des Museums beschloss der Museums-
vorstand, diese Museumsabteilung um die Sammlung der in den
Schulen nicht mehr gebrauchten oder nicht mehr benötigten didak-
tischen Hilfsmittel zu erweitern. Diese Entscheidung resultierte aus
der Überzeugung des Vorstands, dass das Museum über eine
Sammlung verfügen sollte, die die historische Entwicklung didak-
tischer Hilfsmittel für einzelne Fächer, wie Geschichte, Geometrie,
Naturkunde und Geografie, zeigen konnten. Dies führte dazu,
dass die Anzahl der Anschauungsmittel im Besitz des Museums
innerhalb von zwei Jahren (bis 1898) auf 719 Exemplare stieg0.
Die Sammlung historischer Lehrmittel entstand zum großen Teil
aus Schenkungen der Bevölkerung, wobei manche Objekte anhand
erhaltener Beschreibungen und Zeichnungen rekonstruiert werden
mussten. So wurden zum Beispiel Tafeln für den Bruchzahlen-
unterricht nach der Pestalozzi-Methode sowie Denzel-Tafeln, die
das Begreifen des Dezimalsystems erleichterten, rekonstruiert; darü-
ber hinaus wurden erste Exemplare der von Raumer und Cossmann
entworfenen mechanischen Rechenmaschinen erworben'.
In der Geräteabteilung wurden Klassenräume aus verschiede-
nen historischen Epochen mit deren Ausstattungen - Schulbänken,
Tafeln, Kartenständern und Lehrerkathedern - rekonstruiert. Präsen-

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