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Gailhabaud, Jules; Kugler, Franz [Editor]
Jules Gailhabaud's Denkmäler der Baukunst (Band 1): Denkmäler aus alter Zeit — 1852

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https://doi.org/10.11588/diglit.3501#0109

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Denkmäler zn Theben in Acgyptcn.

Nach Prisse d'Aveimcs.

Der Tempel des Khons zu Karnak.

Bevor wir eine Beschreibung dieses so wie anderer Bauwerke unternehmen, die die Pracht Thebens
bezeugen und wie Marksteine seine weite Ausdehnung im Alterthum bezeichnen, wollen wir eine Vor-
stellung dieser grossen Stadt, dieser ausgedehnten Metropole der alten civilisirten Welt, zu geben versuchen.

Der Name Theben wird von dem alten aegyptischen Tbaki, die Stadt, abgeleitet, oder von Tope^
Tape, das man noch in den hieroglyphischen Inschriften findet, um einen Thron oder den Ort des Thrones
zu bezeichnen. Theben war zu verschiedenen Zeiten der Sitz der Regierung der Pharaonen, die es mit
allen wunderbaren Schöpfungen der Kunst ihrer Zeit zu verschönern trachteten. Sein Glanz hörte erst zu
wachsen auf, als Memphis die Residenz der aegyptischen Könige wurde, besonders unter den Ptolemäern,
die dieses zur Hauptstadt des Landes machten. Nach und nach beraubt, um Alexandrien oder Kairo zu
schmücken, zeigt Memphis keine Spur mehr von seiner alten architektonischen Pracht; es ist ganz
begraben unter dem Schutt, der es wie ein Bahrtuch bedeckt. Glücklicher als seine Rivalin hat Theben
dagegen bis auf den heutigen Tag eine beträchtliche Anzahl von Tempeln und Palästen bewahrt, denen
es einst seinen Ruhm verdankte.

Diodorus von Sicilien, ein griechischer Schriftsteller aus augusteischer Zeit, giebt folgende Details
über die Metropolis des aegyptischen Reiches: „Die grosse Diospolis^ welche die Griechen Theben genannt
haben, hat drei Meilen im Umfang. Busiris, ihr Gründer, errichtete in ihr herrliche Bauwerke, die er mit
Pracht ausrüstete. Der Ruf von ihrer Macht und von ihren Reichthümern, die schon Homer feiert, hat
den Erdkreis erfüllt. Die zahlreichen Propyläen ihrer Tempel veranlassten diesen Dichter ihr den Namen
Hekatompyle, die hundertthorige, zu geben. Sie erhielt, wie schon erwähnt, sehr viele Weihegeschenke
an Gold, Silber, Elfenbein, an colossalen Statuen und an monolithen Obelisken. Besonders bewunderte
man ihre vier llaupttempel. Der älteste war von überraschender Grösse und Kostbarkeit: er hatte eine
viertel Meile Umfang; Mauern von 24 Fuss Dicke und 70 Fuss Höhe schlössen ihn ein; der Reichthum
und die Eleganz seiner Verzierungen entsprach seiner Würdigkeit; mehrere Könige hatten zu seiner Ver-
schönerung beigetragen. Er existirt noch, aber das Gold und Silber, das Elfenbein und die kostbaren
Steine wurden aus ihm genommen, als Kambyses an die Tempel Aegyptens Feuer legte.") Die Reich-
thümer dieses Landes waren zu jener Zeit so gewaltig, dass man nach der Beraubung und dem Brande
Thebens aus dem Schutte mehr denn 300 Talente Goldes und 2,300 Talente Silbers hervorzog." **)

Nach Strabo nahm Theben einen Raum ein von 80 olympischen Stadien Länge, Avas mit den Maassen,
die andere Schriftsteller dieser Stadt geben, von 400 oder 420 aegyptischen Stadien Umfang überein-
stimmen kann. Ihre Bevölkerung soll zur Zeit ihrer grössten Blüthe so gross gewesen sein, dass sie
nach dem Ausdrucke der Alten zwei Hundert Streitwagen und zehn Tausend Streiter aus jedem ihrer
hundert Thore ausziehen lassen konnte. Dies so wie der homerische Ausdruck Hekatompyle sind indessen
poetische Hyperbeln, deren ähnliche sich das Alterthum häufig bediente um Grösse und Macht zu
bezeichnen. Um eine solche Kriegsmacht stellen zu können, hätte die Stadt mindestens fünf oder sechs
Millionen Einwohner zählen müssen. Diese von Stephanus von Byzanz und den Scholiasten des Homer
angeführte Stelle bezieht sich nicht auf die Stadt Theben allein, sondern wahrscheinlich auf ganz Aegypten.
Die neuere Kritik ist jetzt darin einverstanden, dass man im Allgemeinen die Uebertreibungen einiger
Schriftsteller mit Vorsicht aufnehmen müsse, die Theben einen unermesslichen Umfang und eine ausser-
gewöhnliche Bevölkerung geben. Indessen musste diese grosse Stadt doch mindestens zwei oder drei
Millionen Einwohner enthalten, eine für das Alterthum sehr bedeutende Zahl. Die Bibel nennt oft eben
so Theben das volkreiche No.

*) Um nach der Beschreibung zu urtheilen, die Clemens von Alexandrien von den aegyptischen Tempeln seiner Zeit macht,

so besassen sie noch Schätze an edlen Steinen, an Gold und an Silber. (Paedag. cap. IT, pag. 216.)
"*) Diodor fügt noch hinzu, dass die Perser alle diese Schätze nach Asien führten, und mit Hülfe aegyptischer Bauleute, die
sie mitgenommen hatten, die berühmten Paläste von Persepolis, von Susa und von einigen anderen Städten Mediens er-
bauten. Diese Stelle beweist uns, dass Kambyses an den Künsten vielen Geschmack fand. Man weiss ferner, dass er
nach Persien Sculpturwerke brachte, die sich durch Kostbarkeit des Stoffs und durch Kunst auszeichneten. Die grosse
Zahl aegyptischer Künstler, die er mit sich nahm um den Palast von Persepolis zu erbauen, in dem die Reisenden (m. s.
Corneille Le Bruyn, Chardin u. A.) mit Bestimmtheit den aegyptischen Ursprung erkannt haben, und die Anwendung, die
er von den Früchten seiner Eroberung machte, Alles dieses vereinigt sich um Kambyses an den barbarischen Verwüstungen
schuldlos zu finden, deren ihn die aegyptischen Priester zeihen.

Denkmäler der Baukunst. CVII. Lieferung. 2)enrm. 5" %t)dtn 1.
 
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