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Gailhabaud, Jules; Kugler, Franz [Hrsg.]
Jules Gailhabaud's Denkmäler der Baukunst (Band 1): Denkmäler aus alter Zeit — 1852

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https://doi.org/10.11588/diglit.3501#0298

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Römische Gräber.

Das Grabmal des Caius Cestius in llom.

Das an der Via Ostiensis errichtete Grabmal des Cujus Cestius lag vor der Erweiterung Roms durch
Kaiser Aurelian ausserhalb der Stadtmauern, wurde aber durch die Aufnahme des Mons Testaceus, des heu-
tigen Testaccio (Scherbenberg) in die Umfangsmauern der Stadt zu einem Theil derselben, indem sich die
Stadtmauern an das Denkmal anlehnen. Dicht bei demselben wurde die Porta Ostiensis (das Ostiensische
Thor, heute Porta San Paolo genannt) errichtet, das nach Erweiterung der Stadtmauern vier ältere Thore,
die Porta Trigemina, Minucia, Navalis und Lavernalis ersetzte.

Die Pyramide des C. Cestius gehört zu den bedeutendsten Denkmälern des alten Rom und ist das ein-
zige noch ganz erhaltene römische Grabmal. Die Römer bedienten sich bisweilen dieser von den Aegyptern
entlehnten Form zu Grabmonumenten, wie dies ausser der in Rede stehenden auch die sogenannte Pyramide
des Seipio Africanus beweist, die bis gegen Ende des fünfzehnten Jahrhunderts im Borgo nuovo unweit der
heutigen Kirche S. Maria in Traspontina stand und die des Cestius an Grösse übertraf. Nach Fulvius Ver-
sicherung sah man zu seiner Zeit mehrere kleinere Pyramiden an den Landstrassen, ) besonders an der
Via x\ppia, Flaminia und Salaria.

Die beiden Inschriften auf der westlichen Seite des Monumentes zeigen an, dass C. Cestius, Praetor und
Volkstribun, das sehr ehrenvolle Amt eines Septemvir der Epulonen bekleidete, und dass das Denkmal nach
der Verordnung des Testamentes von den Erben des Verstorbenen, einem Pontius Mela, Sohn des Publius,
und von seinem Freigelassenen Pothus in 330 Tagen errichtet wurde. Die obere Inschrift lautet:

C. CESTIUS. L. F. POIi. EPUUO. PK. TR. PI..
VII. VIR. EPULONUM.

und die untere: opus, ahsolutum. ex. testamento. diebus. occxw.

ARB1TRATU.
PO^TI. P. F. CLA. MELAE. HEREDIS. ET. POTHI. L.

Jener Inschrift ungeachtet wurde das Monument im Mittelalter Grabmal des Remus genannt, und selbst
Petrarch scheint dieser Ansicht beigetreten zu sein, denn er spricht in einem Briefe von dem Grabmal des
Remus als noch zu seiner Zeit in Rom vorhanden.

Was nun das vom C. Cestius bekleidete Amt eines Septemvir der Epulonen anbetrifft, so waren diese
Epulones mit der Sorge für die epidae sacrificales oder Opfermahlzeiten betraut; bei den Römern folgte näm-
lich jedem Opfer ein Festmahl, bei dem die nicht den Göttern geopferten Theile des Opferthiers von den
eingeladenen Freunden des Opferdarbringenden verspeist wurden. Solche Opfermahlzeiten wurden sowohl
von Privaten wie vom Staate gegeben. Bei gewissen Gelegenheiten wurden sogar die Bildsäulen der Götter
auf kostbare Lagerbetten gelegt und ihnen Speisen vorgesetzt, als sollten sie eine Mahlzeit, halten. Solche
Gastmähler nannte man Lectisternia, sie wurden auf Kosten des Staats angeordnet und von den Epulonen
geleitet.

T. Livius giebt uns die Zeit der ersten Einsetzung dieser Würde an; sie steigt bis ins Jahr 558 der
Gründung Roms (also bis 195 v. Chr. Geb.) hinauf, in dem Lucius Furius Purpureo und M. Claudius Mareellus
Consuln waren. Anfangs gab es der Epulonen nur drei: triumviri epulonum; in der Folge vermehrte man
diese Zahl auf fünf: quintumviri epulonum, endlich auf sieben: septemviri; ja als Julius Caesar Pontifex war
wurde ihre Zahl sogar auf zehn vermehrt: decemviri epulonum, jedoch später wieder auf sieben reducirt, wie
man aus Inschriften aus der Kaiserzeit wahrnehmen kann. Nach Festus bestanden ihre Functionen darin,
dass sie den Tag ansetzten, an dem die heiligen Mahlzeiten zur Ehre der Götter statt finden sollten, dass
sie die Vorbereitungen zu denselben trafen und die Lagerbetten stellen liessen, auf die man sich zum Speisen
legte. Ausserdem mussten sie noch die frommen Stiftungen von Privatpersonen für solche heilige Mahlzeiten
sammeln und darauf halten, dass die Erben derselben selbst mit Beschlagnahme ihres Vermögens, den Be-
stimmungen ihrer Erblasser nachkamen. Livius erzählt, dass die Epulonen das mit Purpur gesäumte Kleid
wie die Pontifices trugen. Zu ihren Vorrechten gehörte auch, dass ihre Töchter nicht zu Vestalinnen ge-
macht werden durften. Aulus Gellius drückt sich hinsichtlich derer, die diesen Vortheil genossen, also aus:
,,Sed eam, cuius soror ad id sacrificium leeta sit, exeusationem mereri ahmt. Item cuius pater /hinten, auf, augur,
aut quindecemvir sacris faciendis, aut qui septemviT epulonum."

Das Grabmal des Cestius ist eine vierseitige Pyramide deren innere Masse aus einem Gusse von kleinen
Bruchsteinen und Mörtel besteht, und aussen ist sie mit ungefähr 0 bis 9 Zoll starken Quadern von weissem
Marmor bekleidet. (Fig. 1 u. 2.) Sie erhebt sich auf einem 2£ Fuss hohen Sockel von Travertin in eine flöhe
von f 1 5 Fuss, und misst an der Basis 91 Fuss ins Gevierte, an welcher Stelle die Stärke der Mauern gegen
24 Fuss beträgt. Der untere Theil der Pyramide war lange Zeit und an einigen Stellen mehr denn l-iFuss
tief verschüttet, bis Alexander VII im Jahre 1063 das Denkmal bis auf den Boden des alten Roms ausgraben
liess. Bei dieser Gelegenheit wurden die beiden cannelirten Säulen von weissein Marmor in mehreren Stücken
zerbrochen gefunden, und an den Ecken der Pyramide als an ihrer ursprünglichen Stelle, wie man glaubt,
auf den an der westlichen Seite vorgefundenen Sockeln von Travertin wieder aufgerichtet Capitell und Base,
so wie die Cannclirung der Schäfte dieser Säulen zeigt Fig. 7 und Fig. 8. Wahrscheinlich standen auf diesen
Säulen Statuen. Man fand ausserdem auf der östlichen Seite noch zwei andere Basen von Travertin, deren

•) Bekanntlich bestatteten die Römer ihre Verstorbenen an den Laivdstrassen.
Denkmäler der Baukunst. LXXXÜ Lieferung
 
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