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Gailhabaud, Jules; Kugler, Franz [Editor]
Jules Gailhabaud's Denkmäler der Baukunst (Band 1): Denkmäler aus alter Zeit — 1852

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https://doi.org/10.11588/diglit.3501#0328

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Die römischen Basiliken.

(Der Text nach Leon Vaudoyer, Architekt.)

Die Basilika ist eine Bauform griechischen Ursprungs. Ihr Name ßaoiXixr] axou, königliche Halle —
knüpft sich, wie es scheint, an die Thätigkeit eines der Oberhäupter der attischen Republik, des "A^av
ßaatXevg, auf den einige der heiligsten Vorrechte der alten Königswürde übergegangen waren, an. Auf
griechischem Boden sind uns aber keine Gebäude dieser Gattung erhalten, und wir können nicht mehr
entscheiden, ob das, was die Römer Basilika nannten, eine genaue Nachbildung griechischer Muster war.
Wir müssen uns somit hier darauf beschränken, die noch vorhandenen Reste altrömischer Basiliken
mit den Nachrichten und Vorschriften Vitruv's so weit als möglich zu vergleichen.

Die römischen Basiliken waren für die gemeinsamen Zwecke des kaufmännischen Verkehres und der
bürgerlichen Rechtspflege bestimmt. Sie bestanden demgemäss aus zwei Haupttheilen: aus dem Räume
für das Publikum, der eine oblonge Grundfläche hatte und für den Handelsgebrauch die eigentliche Börse
bildete, und aus dem Tribunal, welches an jenen in Form eines Halbcirkels, die Sitze der Richter umschlies-
send, angelehnt war. Die Ausdehnung, vornehmlich des oblongen Raumes, musste natürlich, je nach den
besondern Bedürfnissen, auf die verschiedenartigste Weise wechseln. Bei den grösseren Basiliken waren
Portiken mit Säulen, und Gallerien über diesen, an den inneren Seiten der Umfassungsmauern angeordnet.

Unsere Hauptquelle über die Einrichtung der Basiliken ist zunächst die Beschreibung des Vitruv;
seine allgemeinen Vorschriften für ihre Anlage lauten, Buch V, Kap. I, also:

„Die Basiliken auf den öffentlichen Plätzen sollen an den sonnigsten Stellen errichtet werden, damit
auch im Winter Handel und Wandel nicht durch die Kälte gestört werde. Ihre Breite darf nicht weniger
als ein Drittheil und nicht mehr als die Hälfte der Länge betragen, wenn die Beschaffenheit der Lage
und die übrigen Verhältnisse es irgend gestatten. Ist der Raum länger als nöthig wäre, so mag man
an das eine Ende Chalcidiken hinbauen, wie z. B. an der Basilika Julia Aquiliana geschehen ist. —
Die Säulen der Basiliken müssen, wie es scheint, so hoch sein, als die Portiken breit sind; der mittlere
Raum muss die dreifache Breite der letzteren haben. Die oberen Säulen müssen niedriger sein als die
unteren. Die Brustwehr (pluteum) zwischen den oberen nnd unteren Säulen scheint um ein Viertel
niedriger als die oberen Säulen gemacht werden zu müssen, damit die, welche im zweiten Geschoss
wandeln, von den Knuffenten unten nicht gesehen werden können.") Die Architrave, Friese und
Kranzgesimse sind nach den Verhältnissen der Säulen, welche ich im dritten Buche angegeben habe,

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einzurichten."

Nach diesen wenigen, nicht sehr anschaulichen Zügen hat nun Andrea Palladio die Restauration einer
antiken Basilika versucht, zu einer Zeit, da die Ausgrabungen höchst spärlich und ein rein objectiver
Sinn für die alte Baukunst noch gar nicht vorhanden war. Wir geben auf unserm Blatte die
Zeichnung des gefeierten Baumeisters, welche den vordem Oueerdurchschnitt darstellt. — Mit der
Stelle Vitruv's und der Herstellung Palladio's, welche ihrer Schönheit und Originalität wegen gefiel, hat
man sich lange Zeit begnügen müssen. Denn so oft auch in den übrigen römischen Schriftstellern von
Basiliken die Rede ist, so würde man sich doch vergeblich nach einer Beschreibung derselben umsehen.
Man weiss, dass die erste Basilika Roms, die B. Porcia, im Jahr der Stadt 564 unter den Consuln Lucius
Porcius und Publius Claudius erbaut wurde, und dass es, nach dem Zeugniss des Livius, vor dem Jahr
535 in Rom keine Basilika gab. Plinius sagt, die Basilika des Paullus Aemilius auf dem Forum sei
die schönste von allen, und betrachtet sie, besonders wegen ihrer Saiden von phrygischem Marmor, als
ein Wunder der Weltstadt. Wir geben auf unserm Blatte dasjenige Fragment des auf dem Kapitol auf-
bewahrten antiken Planes von Rom, welches höchst wahrscheinlich den Grundriss der Basilika Aemilia
enthält. Auch ist sie, freilich höchst mangelhaft, auf den Consularmünzen des Marcus Lepidus abgebildet.")

Nach diesem antiken Plan konnte man glauben, die Basiliken hätten mit offenen Säulenreihen ge-
schlossen, zumal da auch Vitruv kein Wort von Aussenwänden oder Fenstern sagt. Diesen Irrthum
haben jedoch die neuern Ausgrabungen völlig aufgeklärt.

-) Die obige Stelle erregt in mehrfacher Beziehung Bedenken und hat deshalb zu mancherlei Emendationen des Textes Ver-
anlassung gegeben. Palladio hat sich in seiner Darstellung streng an die Worte gehalten.
'"*) Vaillant, Numism. reg. et imper. t. 0.
Denkmäler der Baukunst. VI. Lieferung.
 
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