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Gailhabaud, Jules; Kugler, Franz [Hrsg.]
Jules Gailhabaud's Denkmäler der Baukunst (Band 1): Denkmäler aus alter Zeit — 1852

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https://doi.org/10.11588/diglit.3501#0190

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Das Haus dos Pausa zu Porapeii.

Das Haus des Pansa, das in den Jahren 1811 bis 1814 ausgegraben wurde, gilt allgemein bei den

o^ö1

Altertumsforschern als Typus der pompeianischen Wohnhäuser. Es ist auch in der That von allen, die bis
jetzt in Pompeii aufgedeckt wurden, zugleich das kostbarste und vollständigste; seine Architectur, seine
Anordnung, seine Ornamente, Wandgemälde und Marmortäfelungen zeugen von Reichthum; es gehörte
augenscheinlich einem der reichsten Bürger der Stadt.

Dies Wohnhaus nahm eine ganze Insel, itisala, d. h. einen von vier Strassen begränzten Raum ein""'),
und bildete ein Rechteck von 312 Fuss Länge und 119 Fuss Breite; es wurde von einem Trottoir von
etwa 2 Fuss Breite umgeben"*).

Die Hauptfacade des Hauses, die die südliche Seite des Rechtecks bildete, lag an der Strasse der
Fortuna, beinahe den Thermen gegenüber. Diese Facade zeigt ausser der Hausthür, die sich in der Mitte
befindet, sechs Läden; die beiden langen Seiten des Hauses sind damit gleichmässig versehen. Bevor
wir uns in das Innere des Hauses begeben, wollen wir erst diese Läden besichtigen, und bei dem letzten
an der Abendseite, der mit u bezeichnet ist, beginnen. Derselbe hat hinter sich einen kleinen Hof L.
In diesem wie in den beiden folgenden Läden r und p hat man Farben, die zur Wandmalerei gebraucht
wurden, gefunden und eine Art gemauerter Ladentische. Auch sieht man in ihnen die Spuren von Treppen,
so dass also dieser Theil des Hauses ein zweites Stockwerk gehabt haben muss. Jeder dieser Läden
r und p hat ein Hintergemach s und q.

Die mit o, l, m, k, e bezeichneten Räume bildeten eine Bäckerei mit allem Zubehör. Es würde sehr
schwer sein zu bestimmen, welcher von den drei Räumen o, l, e zum Verkauf der Bäckerwaaren gedient
habe, indessen wenn die Alten dieselbe Vorliebe für die Eckläden wie unsere jetzigen Kaufleute gehabt
haben, so lässt sich dies zu Gunsten des Laden e entscheiden, der auch noch einen Eingang von der
Hauptstrasse hatte. Die interessanteste Piece ist das pistrinum, die Backstube m, in der sich noch drei
steinerne Handmühlen aus Lava befinden, fast von der Form unserer Kaffeemühlen, und der Trog, in dem
der Teig geknetet wurde. Eben so hat man auch in ihm verschiedene Gefässe aus gebranntem Thon
gefunden, die zur Aufnahme von Wasser, von Mehl und Salz gedient haben mögen. In einer Ecke dieses
Raumes befindet sich der Eingang zum Backofen n, in dem noch mehrere Brode gefunden wurden. Ueber
der Thür sieht man ein Relief, einen roth gefärbten Phallus mit der Inschrift: „Hie habitat felicitas."

Der Laden d, der einzige, der mit dem Inneren des Hauses in Verbindung steht, giebt Zeugniss, dass
schon bei den Römern es Brauch war, der noch heute und vorzüglich in Florenz besteht, dass der Haus-
besitzer von seinem Wein und Oel, den er auf seinen Ländereien gewann, im Hause verkaufen liess; das
Hinterzimmer e diente ohne Zweifel zur Wohnung für den düpensator, den Sklaven, der mit dem Verkauf
dieser Lebensmittel beauftragt war.

Den Läden c, b und a, die von einander ganz unabhängig sind, folgen mehrere andere, die in dem
Grundriss nicht angegeben worden sind; der erste derselben bildet die Ecke, die übrigen, vier an Zahl,
breiten sich an der Ostseite der insula aus.

Hinter diesen Läden folgt ein Gang, der in unserem Grundriss angedeutet ist, er führte vom Peristyl
des Hauses auf die Strasse. Dergleichen versteckten Nebeneingängen begegnet man häufig in grossen
pompeianischen Wohnhäusern; sie dienten den Patronen sich ungelegenen Clienten zu entziehen, die den
öffentlichen Theil des Hauses, das Atrium umlagerten.

Von diesem Gange beginnt ein Theil des Hauses, der zu Mazois's Zeit noch nicht aufgedeckt war,
er bildet eine Wohnung, die mit dem Innern des Hauses in keiner Verbindung stand, zwei Fenster nach
der Strasse hatte und ganz unabhängig war. Ohne Zweifel war dies eine Wohnung, die Pansa an irgend
eine Familie vermiethete. Eben dasselbe hatte für den Theil des Hauses statt, der mit U. T. S. R. bezeichnet
ist, von welchem unser Grundriss einen Eingang nach dem Triclinium Q zeigt, von dem ich später sprechen
werde. Dieser Eingang ist nicht antik; er wurde bei der Ausgrabung gemacht, um in dieses Zimmer zu
gelangen, bevor man den Eingang von der Strasse gefunden hatte. In diesen Zimmern hat man vier
weibliche Skelette gefunden mit goldenen Ohrringen, einen Candelaber, zwei Gefässe, einen hübschen
marmornen Faunkopf, goldene Armringe, Fingerringe mit geschnittenen Steinen zweiunddreissig Silber-
münzen und viele andere Gegenstände.

Wir wollen jetzt zur Strasse der Fortuna zurückkehren und von dieser aus das Innere des Hauses
besuchen. Der Haupteingang A war, wie man aus dem Grundriss und der Perspective ersehen kann,

*) Cicero nennt in einem seiner Briefe an Atticus merces insularum, den Ertrag einiger solcher Wohnhäuser. L. XV, Ep. 17.
**) Der Grundriss zu diesem Aufsatze ist dem grossen Werke von Mazois entnommen; derselbe ist ganz treu erhoben, aber
er giebt nicht die Ostseite des Gebäudes, die seitdem ganz aufgedeckt worden ist.

Denkmäler der Baukunst. CXXI. Lieferung.
 
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