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Gailhabaud, Jules; Kugler, Franz [Hrsg.]
Jules Gailhabaud's Denkmäler der Baukunst (Band 1): Denkmäler aus alter Zeit — 1852

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https://doi.org/10.11588/diglit.3501#0268

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Der Palast von Persepolis.

Die Kunde des alten Persiens ist in neuester Zeit auf einen anderen Boden, auf den in Wahrheit
geschichtlichen versetzt worden. Man verdankt diesen Fortschritt dem Studium der Keilschrift und den
Inschriften, die man unter den Denkmälern Persiens, Babyloniens und Assyriens gefunden hat und von
denen die der letzteren Länder die älteren zu sein scheinen. Den Antrieb zu diesem Studium hat die
Entdeckung der Ruinen von Ninive gegeben, die hinsichtlich der Geschichte und der Kunst Asiens un-
streitig die wichtigste Entdeckung der neueren Zeit ist. Diese Inschriften bestätigen nun in allen Punkten
die Erzählungen der griechischen und römischen Geschichtsschreiber, die lange Zeit die einzigen Quellen
unserer Kenntniss der alten asiatischen Welt waren, und weisen eben sowohl jene Ansichten zurück, die
auf blossen Vorstejlungen beruhen, als auch die mährchenhaften Erzählungen der orientalischen Schrift-
steller, die durch und durch mit Irrthümern durchweht sind.

Die Meder und Perser, die die Baudenkmäler Babylons zerstörten, haben uns von ihrer eigenen
Kunstthätigkeit zur Zeit ihrer höchsten Blüthe kaum einige Spuren hinterlassen, und fänden sich nicht
an dem Orte, von dem man meint, dass ihn Persepolis eingenommen, jene imposanten Ruinen, aus denen
sogleich der grosse überwiegende Einfluss hervorgeht, den die Perser auf die Geschicke Asiens haben
mussten, wir würden von der Kunst dieses Landes so gut wie gar Nichts wissen. Diese Ruinen sind
die einzigen architektonischen Werke, die uns von dieser Civilisation geblieben sind; denn die Monumente
der anderen Hauptstädte, von Susa, Ecbatana etc. sind vom Erdboden verschwunden.

Bevor wir uns an die Beschreibung der Ruinen von Persepolis begeben, wollen wir in angemessener
Kürze über Ursprung, Geschichte und Lage dieser Stadt reden. Die Quellen, woraus wir unsere Nach-
richten schöpfen müssen, sind die griechischen und römischen Geschichtsschreiber, die orientalischen
Schriftsteller, die Berichte der Reisenden, die Forschungen der Sprachgelehrten und vor allem die in
Keilschrift verfassten Inschriften des Landes.

Die Siege des Cyrus hatte Persien eine weitreichende Macht gegeben; nach der Unterwerfung so
vieler Reiche dachte dieser mächtige Fürst wohl daran sein Volk zu civilisiren; aber bei dem Zustande
der Barbarei, in dem sich dasselbe befand, musste Cyrus seine Zuflucht zu den Besiegten nehmen.
Wahrscheinlich waren es die Meder, die ihre Bildung von den Babyloniern und Assyrern empfangen
hatten und die jetzt ihre entliehenen Kenntnisse und Künste wieder auf die Perser übertrugen. Kunst
und Schrift der Perser scheinen völlig entlehnte zu sein, was andrerseits durch die verschiedenen Bezie-
hungen und Analogieen, die unter diesen drei Civilisationen statt finden, bewiesen wird. Mit der Civili-
sation entstanden auch Centralpunkte derselben, es entstanden Städte, die in der Folge allen Luxus der Kunst
.in sich aufnahmen. Wahrscheinlich steigt bis in diese Zeit die Gründung des berühmten Persepolis hinauf.

Der Ursprung und die Formation dieser Stadt ist bei dem jetzigen Stande unserer Kenntnisse noch
in ein gewisses Dunkel gehüllt, denn die Keilschriften haben uns darüber noch keinen Aufschluss gegeben.
Alles was wir davon wissen, haben wir einzig aus den Erzählungen griechischer und römischer Geschichts-
schreiber gelernt; aber diese Erzählungen reichen nur bis in jene Zeit hinauf, wo die Griechen mit den
Persern in Verbindung kamen, d. h. bis dahin wo die letzteren schon eine grosse Rolle in der Politik
Asiens gespielt hatten, und wo folglich Persepolis schon eine bestimmte Entwicklung seiner Grösse
erfahren hatte. Von den geschichtlichen und litterarischen Monumenten dieses Volkes haben wir keine
Bereicherung unserer Kenntnisse über dasselbe zu hoffen, denn sie sind verloren gegangen, eben so wie
der grösste Theil der griechischen Werke, die uns köstliche Aufschlüsse über diesen Gegenstand hätten
liefern können. Die Geschichte von Persepolis eröffnet sich für uns erst mit der Stunde seines Verfalls
und um die Zeit der Eroberungen Alexanders in Asien.

Hier wirft sich ganz natürlich die Frage nach dem Namen auf, den diese Stadt in Persien gehabt,
denn der Name Persepolis ist offenbar griechisch, und wird von keinem gleichzeitigen Schriftsteller
gebraucht, die indessen von anderen wichtigen Städten des persischen Reiches, von Susa, Ecbatana und
Babylon sprechen; aller Wahrscheinlichkeit nach ist der Name Persepolis ) blos die griechische Ueber-
setzung von Pasargada oder Parsagada, wie 0. Curtius schreibt, und bedeutet Lager, Burg oder Stadt
der Perser. In der Nähe von Persepolis lag nun allerdings ein in der Geschichte bekannter Ort, der den
Namen Pasargade führte, ein Ort, an dem man noch eine grosse Zahl von Ruinen einer analogen Kunst
sieht; woraus eben Heeren den Schluss zog, dass die Hauptstadt der Perser den Namen Pasargada gehabt,
und dass Persepolis nur davon die Uebersetzung sei. Nach einigen Alterthumsforschern sollen die

*) Dieser Name erscheint in der Geschichte erst von Diodor und den späteren Schriftstellern ab.
Denkmäler der Baukunst. CIL Lieferung.

^Hilflft ucit ^erfepotis. 1.
 
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