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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 15,1.1901-1902

DOI Heft:
Heft 12 (2. Märzheft 1902)
DOI Artikel:
Schumacher, Fritz: Denkmalkunst, [2]
DOI Artikel:
Schultze-Naumburg, Paul: Kulturarbeiten, [14]
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.7613#0618

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Und wcnn wir cine so gefaßte Figur nicht in einen cigcns fnr sie
geschaffenen Jnnenrauin stellen, wo fie wohl am gcwaltigsten und sichersten
wirken würde, so inüssen wir wenigstens init inächtiger architektonischer
Orchesterwirkung das hochgefaßte Motiv begleitcn. Keine andre kttnst-
lcrische Sprache vermag den Nusdruck zu übertvncn, der in trotzig
gcfügten Massen licgt. Die tiefsten Empfindungen der Menschhcit —
die tiefste Ehrfurcht dcs Glaubens, der tiefste Schmerz des Todes, der
tiefste Stolz nationalen Einpfindens, die tiefste Freude an Machr und
Große einer genialen Persönlichkeit — sie lassen sich nur ausdrückcn in
einer abstrakten Sprache, in der Sprache ber Harmonicn, der
Harmonien in Tönen, odcr der Harmonien in Massen.

Und so sehen wir auch bei dieser größten unsrer Denkmals-
aufgaben, was wir versucht haben in all unsercn Ausführungen fest-
zuhalten: für das wirklich große Denkmal nützt nichts der gewissenhafte
Historiker, nützt uichts der geistreiche Journalist, nützt nur der gcstaltende
Dichter. Fritz Schumachcr.

liullurm beilen. 14.*

Es gibt eine altc Stadt in Deutschland, die die herrlichsten Gnrten
des Landcs hat, eine Gartenstadt im breitcn Flußthal, und es ist keine
Gartenaufgabe, die dort nicht ihre vollendetste Lösung gefunden. Noch
liegt cin großer Teil dieses Schatzes Allen sichtbar da. Aber nicmand
scheint es zu bemerken, denn niemand lernt davon. Auch hicr cntstehcn
nur noch jene traurigen Karikaturen, bci deren Anblick man sich so un-
glücklich fühlt und denen gegenüber man die Lebensfrcude vcrgißt; jeder
private und jedcr öffentliche Garten ist ein neues Gegenbcispiel, das man
lebensgroß neben die herrliche alte Kultur pflanzt.

Jn der Nähe diescr Stadt, in der sich eine alte Univcrsitüt und
bedcutende Kliniken befinden, ging ich einmal spazieren. Jch stieg über
Höhen und Felder und gelangte, indem ich querfeldein ging, plötzlich in
cin mit Wegen angelcgtes Gelände, das einen seltsam beklemmcnden
Eindruck machte. Jch konnte nicht sagen, was cs war, aber die Wcge-
führung, die dcm Gelündc so zuwider lief, und bcsonders allerhand krause
Anlagen hatten geradezu etwas Bcüugstigendes. Steinhaufen am Wcgc,
die nicht Kindeshände gehüuft habcn konnten, zeugtcn von einer seltsam
nervösen Wühlarbeit, am grausigsten aber war eine Art Pavillon, der sich
aus einem ebenen Terrain erhob: es war, als trüge er dic Spuren des
Jrrsinns an sich. Plötzlich fiel mir ein: sollte ich unachtsamcr Weise in
den Garten der Provinz-Jrrenanstalt geraten sein? Der Garten war
ganz einsam, vielleicht war es die Speisestunde der Kranken? Und sollten
all diesc Zerrbildcr dic Arbeiten scin, mit deren Errichtung man die
Unglücklichen beschüftigt, um sie an den Aufenthalt im Frcien zu fesseln?
Um mir Gewißheit zu verschaffen, fragte ich einen alten Arbeiter, dem
ich endlich begegnete und der sicher kcin Kranker sein konnte, wo ich

* Jn dicscs Heft solltc cin Aufsatz vvn Schiiltze-Naumbiirg über
Kirchenbau kominen, mußte aber aus tcchnischen Gründcn für cincs der
nächsten Hcfte verschoben werden. Wir rücken zum Ersatz dicsc Bctrachtungcu
ein, iveil ivir jetzt in dcr Jahrcszeit dcr Gartenanlagen leben.

Rnnstwart
 
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