Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 15,1.1901-1902

DOI Heft:
Heft 4 (2. Novemberheft 1901)
DOI Artikel:
Göhler, Georg: Neuere Kompositionen für Männerchor
DOI Artikel:
Schwindrazheim, Oskar: Lässt sich die Bauernkunst wieder beleben?
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.7613#0160

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Männergesangs in einem außerordentlichen Widerspruche zu scinem Werte
und seiner Bedeutung für unser Kunstleben steht. Mögen also allc, dio cs
angeht, bemüht sein, dieses Mißverhältnis nicht noch stärker hervortreten zu
lassen, sondern Gegengewichte zu schaffen, wo und wie es geht, besondcrs
durch rege Pflege des Gesangs im gemischten Chore l Georg Göhlcr.

Lätzt sick äie ikauerrikunsl veieäer beleben?

Unsre Aufsätze über Bauernkunst (Kw. XIV., 23, 2^) haben übcr
Erwarten vicl Teilnahme erregt. Und nun kainen die Anfragen: wie
denkt ihr euch, daß man das wieder beleben könnte? Erstens einmal:
belebt zu werdcu braucht's gar nicht überall, denn an manchcn Stellen
lebt's noch. Wie man's am Leben erhalten könnte, wo es noch lebt,
davon ein andermal. Kann man's aber, wo es gestorben ist, wieder
beleben? Darüber ein paar Zeilen heute.

Nein, eigentlich nicht darüber, ob man's kann, dcnn von vornherein:
ich weiß nicht, ob man die Fragc bcjahen darf. Jch wciß nur, daß man,
wie bei all unserer ästhetischen Kultur, zu bessern versuchen muß, ob
mit viel oder wenig Aussicht auf Erfolg, versuchen muß, weil der
gegenwärtige Zustand erbärmlich ist und deshalb auch die geriugste
Möglichkeit der Besserung benutzt werden sollte. Hoffnungslos aber
liegen die Dinge durchaus nicht, und zudem ist der Weg, der zum Ziele
führt, derselbe, an dem auch noch andere Ziele liegen, — es ist der
Weg, den wir nicht nur mit unserem Sehnen, sondern auch mit unserer
Arbeit schon längst begehen.

Wenn bis dato von .Schulungs'-Versuchen gesprbchen wurdc, haben
die Zweifler natürlich mit Recht an den bisher üblichcn Wcg dcr kttnst-
lerischen Erziehung gedacht: erstens Zeichnen von Holzmodellen, zwcitens
von Gipsornamenten, a) antike, b) italicnische Ncnaissance, drittens
Stillehre vom Aegyptischen an, viertens Aesthetik. Daß Einem dabei
angst werden kann, daß das der sicherstc Weg ist, die totcrklärte Baucrn-
kunst, wenn sie noch einen Funken von Leben in sich hat, in Wahrheit
zu töten, ist klar. Um Jrrtümer zu vermeidcn, gebe ich mit großcm
Vergnügen zu, daß eine moderne „Jugendstil"-Schule genau so unfehlbar
tötlich wirken würde.

Mit Recht hat man auch davor gewarnt, in der Beschaffung von
Absatz für bäuerliche Kunsterzeugnissc in der Stadt odcr durch Hervor-
rufen einer Fremdenindustrie dcr Baucrnkunst aufhelfen zu wollen, da
dadurch das Beste in ihr, die Unbefangenheit, dic Frische, das Eigen-
leben von vornherein ertötet würden. Bci cinzelnen Zweigen, der Töpferci,
Weberei u. a. ist's freilich natürlicher Weise immer so gewesen, die
waren immer darauf angewiesen und haben doch Schönes erzeugt —
da mag's also auch heut gehen. Jn armen Gcgcnden, wo dem Volke
durch Wiederbeleben ciner alten Technik Brot gegeben werdcn künnte,
schweigt natürlich auch jedes Bedcnken.

Wenn wir der Bauernkunst helfen wollen, muß es von untcn und
von innen her geschehen. Was man so ästhetische Erzichling nennt,
klassische Bildung, Museumsbesuche, Vorbildcr, ctwa Prachtstttcke der
Pariser Weltausstellung, dazu die Vermittlung eines „guten Gcschäfts"
— all das nützt dcr Bauernkunst gar nichts, im Gegenteil! Eine Feldblume
Aunstwart
 
Annotationen