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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 15,1.1901-1902

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Heft 2 (2. Oktoberheft 1901)
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Gregori, Ferdinand: Zuschauerschmerzen
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Batka, Richard: Post festum
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https://doi.org/10.11588/diglit.7613#0072

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eine gute Münchcner Mozart-Auffi'chrung oder an die vernnnftigen
Kostnme nnd Masken des „Dcutschen Theaters" nach und nach wiedcr
dcn Sinn der Zuschaucr anf das Gute und den der Regisseurc auf das
Vessere zn lenkcn. Oder dcr Kritiker greife cine Szene aus dem anf-
geftchrtcn Werke hcraus nnd bcsprcchc aus cigencm Gefühl die Müngcl
der Darstellung. Die Zeit ist ja gottlob vorbci, da cine Madame
Henscl dem Hamburger Dramaturgen Lessing verbieten durfte, sic zu
tadeln; dic Eitelkeit dieser Damc hat uns unser künstlerisches Handbuch
gekostet — cin Schadcn so uncrmeszlich wie unersetzlich.

wicn. Ferdinand Gregori.

yosl fesluni.

Mancherlei Umstäiide trafen zusammcn, um in den letzten Wochcn
Bayreuth zum Gegcnstand eifriger Erörterungen zu machen: die Urheber-
rechtsdebatte iin deutschcn Ncichstag, das Jubiläum dcr Fcstspiele, dic Eröffnung
des Prinzregentcntheaters. Wer gcrne ivisscn ivill, ivie sehr das schreibcnde
Deutschland scit z876 in dcr Würdigung Bayreuths vorgeschrittcn ist, findet
m Zeit- und Flugschristen nun Stoff gcnug. Aber die Durchmusterung führt
leider zu cinem sür unscre Kunstverhältnisse recht beschüinenden Ergebnis.
Die alte Prcßhctze gcgen eine dcr wunderbarsten Bethätigungen der dcutschen
Kultur scheint in gcwisscn Kreiscn geradezu Sport geivorden zu sein, und es
ist notivendig, cinmal hcrzhaft in dicses Gctriebe hineinzulcuchten, dessen
Absicht nichts andcrcs bezivcckt, als die Festspiele in den Augcn der Lcffent-
lichkeit herabzusetzcn.

Vor allcm inöchte ich die Zumutung abivcisen, als duldcten „die An-
hänger" Bayreuths in ihrer Blindheit keinen Tadcl. Nicht alle diese Anhänger
sind blind. Sie sehcn recht gut, ivie auch ,in der Wagnerstadt dcr Zoll der
Menschlichkeit entrichtet ivird. Aber von ciner srcimütigcn Besprechung solchcr
Punkte bis zu höhnischcn Verunglimpfungen dcs großen Ganzen, dcr großcn
Sache ist dcnn doch cin ivcitcr Weg. Nlag auch die Lchwärmerei bcgeistertcr
Partcigüngcr, mag die vornchm, allzu vornchm, fast gouvernemental zurück-
haltcnde Art des Hauscs Wahnfricd zum Widerspruche reizen, so rechtfertigcn
sic die beliebtc Wahl der literarischen Waffen in keincr Weise. Die Angriffe
in dcr Tagcspresse scheincn hauptsächlich auf eine Lchädigung des Besuchcs
abzuzielcn. Wenn vor cinem Vicrteljahrhundert ein schurke das Gerücht von
einer in Bayreuth ausgebrochencn Epidemie ausstreute, so sollten diesmal
ängstliche Gcmüter durch Notizcn übcr die — Baufälligkeit des Festspielhauses
eingcschüchtcrt wcrden. Dann kam das alte Staarenlied über schlechte Unter-
kunft und Teuerung, wahre Schaucrballadcn, worin vercinzelte Prellereien,
ivie sie dem Uncrfahrencn bci solchen Gelegcnheitcn zustotzen, als allgemeiner
Brauch am roten Main verkündigt ivurden. Natürlich hatte man dann leichtes
Spicl, um den Besuch Bayreuths als cine Sache „nur für die oberen Zehn-
tauscnd" hinzustellen. Vom Bcstehcn einer Stipendicnstiftung, die jährlich
viclcn hundert Unbcmittcltcn die Teilnahme an den Festspielen ermöglicht,
davon erfährt der deutsche Zeitungslcser in der Regel kcin Stcrbenswörtchen.

Dagcgen ist sehr viel von dcr herrschcnden „Ausländerei" die Rcde,
eine Klage, die wohl um die Mitte dcr ncunzigcr Jahre einigermaßen berechtigt
war. Auch ich habe damals auf die Nachteile ausmcrksam gemacht, ivelche
die wciter gehende Verfolgung cines nicht rundwcg abzulehncnden Gcdankens

2. Bktoberhcft zyat
 
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