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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 15,1.1901-1902

DOI Heft:
Heft 8 (2. Januarheft 1902)
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Schneider, Camillo: Großstädtische Friedhöfe
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https://doi.org/10.11588/diglit.7613#0406

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Grotzsräälilcke frieciköfe.

Dic Aufgabcn dcr Gartenkunst habcn sich seit der Mitte des vcr-
flossenen Jahrhunderts mannigfach und bedeutungsvoll erweitert. Das
Bedürfnis nach öffentlichen Gartenanlagen macht sich in den Stüdten
immer mehr geltend, und bei diesen der Allgemeinheit dienenden großen
Parks und kleinen Platzanlagen hat der Gartenkünstler Zum Teil ganz
andere Momente zu berücksichtigen, als in der Anlage für eine Prioat-
person. Für die Großstädte ganz besonders charakteristisch aber sind
seit neuester Zeit die sogenannten ^Zentralfriedhöfe".

Aus wirtschastlichen und sanitärcn Gründen läßt mau die einzelnen
Gottesäcker jeder Pfarrgemeinde im Jnnern der Stadt wegfallen und
zentralisiert sämtliche Begräbnisplätze auf einem großen, meist ziemlich
weit vom Stadtinnern entfernt liegenden Gelünde. Die Anlage eines
solchen Gesamtfriedhofes pflegt gewöhnlich unter der Regie des Stadt-
bauamtes zu geschehen. Jndessen hat dabei der StadLgürtner ein Wört-
lein mitzusprechen. Ja, er ist es, der immer mehr danach strebt, daß
ihm die Ausgestaltung der Friedhofsanlage überhaupt übertragen werde.
Und das ist sicherlich zu verstehen, denn diese Anlagen gehören nicht nur
zu den neuesten, sondern auch zu den bedeutendsten Aufgaben der helitigen
Gartenkunst.

Was Wunder, daß dic Landschaftsgärtncr — oder, wie sie sich
sast durchweg nennen, die Gartenkünstler — in ihrer Fachpresse die
Friedhofsfrage in den letzten Jahrzehnten vielfach erörtert haben! Es
sind recht verschiedenartige Meinungen dabei zu Tage getreten, fast alle
aber durchzieht als roter Faden dcr Gedanke, daß dic Ausgestaltnng
der Friedhöfe eine „landschaftliche" sein müsse. Man versucht, ob man
nicht das beliebte Schema sür unsere Parrs im sogenannten natürlichen
Stile auf die Fricdhöfe übertragen könne, aber man fühlt, so einfach
geht das nicht. Beim Friedhof ist die übliche Trennung des Architekten
vom Landschaftsgürtner (deren Unmöglichkeit ich bereits früher im Kunst-
wart kurz betonte) durchaus nicht ausführbar. Das ist fatal für die
in ihrer Mehrzahl ganz eiirseitig gärtnerisch zugeschnittencn Herren Garten-
künstler. Hoffen wir, daß sie daraus die Bedeutung cincr allgemcincren
künstlerischen Bildung etwas besser erkennen lernen!

Da dic Zentralfriedhöfe öffentliche Anlagcn sind, so haben auch
wir das für die Allgemeinheit wichtige Thema zu behandeln. Mich hat
zu den solgenden Ausführungen das Studium der zwci bedeutendsten
in neuester Zeit geschaffenen Zentralfricdhöfe angeregt. Dic des Ham-
üurger bei Ohlsdorf und die dcs Wienerischcn. Veidc sind fast gleich-
zeitig entstanden und ziemlich glcich groß. Aber jeder weist einen
andcrn Stil auf und vertritt somit eines der beiden Grundprinzipien,
nach denen ein Zentralfriedhof angelegt werden kann.

Jch sagte bereits, daß die „landschaftlichcn" Friedhöse heute Trumpf
sind. Da sich aber cine Fricdhofanlagc nicht in ein Parkschema hincin-
pressen läßt, so ist ihr landschaftlicher Stil ctwas abweichend von dem
des Parkes. Man schließt beim Fricdhof ein Kompromiß mit dem sonst
verpünten regelmäßigen Stil, man hüllt gleichsam die geometrisch ge-
gliederten Kernmassen in Gewünder im „natürlichen" Stil ein. Die für
landschaftlichc Friedhöfe Bcgeisterten cmpfehlen im Grunde einen ^ge-
Runstwart
 
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