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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 15,1.1901-1902

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Heft 10 (2. Februarheft 1902)
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.7613#0528

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kunMckau.

* Ueber »freie öffentliche
Bibliotheken" unterrichtet ge-
wissenhaft und anschaulich Ernst
Schultze in einem umfangreichen
Werke (Stcttin, igoo, Dannenberg L
Cie., 6 Mk.). Wir erhalten Einblick in
die Büchereiverhältnisse aller Kultur-
staaten, namentlich in diejenigen Nord-
amerikas und Englands. Damit er-
öffnet sich freilich auch eine sehr be-
schämende Einsicht in unsere hcimischen
Zustände auf diesem Gebiet. Jn jenen
beiden Ländern wie in den größeren
englischen Kolonien sehen wir das Recht
des Einzelnen auf freie Gelegenheit zur
Bildung durch Bücher und Zeitschriften
längst anerkannt durch Gesetze, von
denen die .Ewart Bill/ die seit fünfzig
Jahren in England besteht, ein klcines
Meisterstück ist in der Art, wie die
Gemeinden zur Selbstbestimmung in
dieser Sache genötigt werden könncn.
Jn Städten von mindestcns 5000 Ein-
wohnern muß der Bürgermeister auf
Verlangen von wcnigstens zehn Steuer-
zahlern eine Abstimmung sämtlicher
Besteuerten vornehmen lassen darüber,
ob eine regelmäßige Bibliotheksabgabe
erhoben werden soll. Die Mehrheit
entscheidet; lehnt sie ab, so kann sie
nach Jahresfrist wiederum befragt
werden. Die Abgabe dars eincn Penny
auf je ein Pfund gezahlter Steuern
nicht überschreiten. Durchschnittlich ent-
fallen aber auf den Einzclnen etwa
-zo Pf. im Jahr; das ist nicht viel,
aber wie Vieles wird damit gcleistet!

Vorweg in London. Bei einer
Jahresrechnung von insgesamt sso
Millionen Mark bringt die Stadt mehr
als 1 osooooM.jährlich Steuern für ihre
öffentlichen Büchereien auf. Was will
das aber bei einer Millionenbevölke-
rung sagen gegenüber den soo ooo Ein-
wohnern Bostons in dem amerika-
nischen Musterstaate Massachusctts, die
für ihre Bücher jährlich über eine
Mill. Mk. aufwenden, (wozu noch ca.

Aunstwart

42000 Mk. aus Stiftungen regelmäßig
hinzukommen), durchschnittlich also
steucrt ein jeder zwci Mark im Jahr.
Der Kontinent, der alte, wackelt
da schr bedenklich wcit hinterdrein:
in Wicn, wo dic Volksbibliothcken
sich zum größtcn Teil sclbst durch Leih-
gebühr bezahlt machen müsscn, be-
tragen die Ausgaben nicht viel mehr
als 200000 Kronen jährlich; Paris
zahlt aus dem Stadtscckel annühernd
ssoooo Frankcn. Und Berlin? Ich
will die Zahlen vom Jahrc >899/^900
genau herschreiben: es sind an ein-
maligen Aufwendungen 42 sso, an fort-
laufenden 29922 Mk., insgcsamt also
tooooo Mk. bci einer Jahrescinnahme
von t,o—tso Millioncnl Und dabei
ist diese Summe schon um ssooo Mk.
größer als dic deö Vorjahres.

Jmmerhin, eS wird besser bei unS,
gerade in dcn letztcn Jahrcn ist das
Bcwußtscin dcr Pflichten in dicser
ernsten Bildungsaiigelcgenheit da und
dort crfreulich aufgewacht — daS geht
auch aus Schultzes Aufstclluiigeii und
Angaben hcrvor, vbivohl sie mcist nur
bis ziim Jahre 4099 hinführcn. Sehr
entschieden bckämpft der Verfasscr dic
llnsitte, den Lcser durch cinscitigc AuS-
wahl der Bücher irgcndwie partcilich
bcvormunden zu wollcn. Seine pral-
tischen Vorschlägc stüht er auf die
gründliche persönliche KemitniL der
Büchereiverwaltungen Deutschlands,
Englands, Oesterrcich-UiigarnS und
Belgicns. AuS der grvßcn Fülle dev
Materials ist das Wesentliche klar und
übersichtlich verarbcitet. Wcr sich über
das Thenia als Fachmann oder Laie
unterrichtcn will, wird dicseö vor-
treffliche Handbuch, daS auch 2ü Ab
bildungen enthält, brauchcn inüssen.

Jm Anschluß hieran müchtc ich noch
eine Angabc in dcm Aussatzc »Volkv-
büchcrhallcn" (Kw. XV, 8) crgünzen.
Für dic „sozialdemokratische Volks-
bibliothek'BerlinS, dic dcr Vcrlagsbuch
 
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