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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 15,1.1901-1902

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Heft 2 (2. Oktoberheft 1901)
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.7613#0088

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Kunctlckau.

Oiteratur.

* Eine ncue Erzählerin, die
Benchtung vcrdient, ist Pauline
Würne r. Jhre Gcschichtcn vom Kaiser-
stuhl „Orchideen iin Lvßgrund" (Frci-
burg i. B. bci Paul Waetzel, s,so Mk.)
zeigen einc Begabung, die noch nicht
ausgercift, deren Wcscn abcr schon
heut als heimatkünstlerisch im besten
Sinne zu erkenncn ist. Jm all-
gemcinen wird man ivohl thun, neu
cntdeckten Hcimatstalenten, die von
unserer Tagesmcinung in bedrohlicher
Fülle angepricscn ivcrdcn, mit einiger
Vorsicht zu bcgegnen; es ivird da,
und zumal den Werken schreibender
Fraucn gegcnübcr, doch gar zu viel
Geivicht auf das blos Einhcimischc, auf
geographische Stoffbcgrenzung und
mundartliche Sprachbehandlung ge-
lcgt, und das Wichtigste, die künstle-
rische Bewältigung des Lebens in
solchen spezifischen Formcn, bleibt mehr
odcr ivcnigcr uncrörtcrt odcr unver-
standen. Da ist cs dcnn cinc mn so
liebere Pflicht, auf dicses Vuch gcradc
um seines künstlcrischen und sclbstün-
digcn Wcrtes ivillen hiiiweiscn zu
kvnnen. Man lasse sich durch dcn ein
wcnig frauenzimmerlich anmutcndcn
Titel nicht nbschrccken, dcnn die Er-
zählungen, so wcnig sie ihrcn Ursprung
aus weiblichen Anschauungskreisen jc
verlcugncn, stehen allcr poetischcn Posc,
aller weibischcn Scntimentalität fern.
Davor ist die Verfasscrin schon durch
eincn wohl abgestimmtcn gesundcn Hu-
mor geschützt. Den weiß sie vor allcm
ihren zahlrcich geschildcrten Kindern
so mitzutcilen, daß dcrglcichen Szcncn
nicmals als bloße Lustigmacherci, son-
dcrn als im tiefcrcn Sinne crnste
Momente der Entwicklung wirkcn.
Ucbcrhaupt sind es Kindcr jedcn Altcrs
und der reichsten wie kümmerlichstcn
Veranlagung, dcren innercs und
äußcres Gehaben Paulinc Würner bei
aller anschcinenden „ländlichcn Ein-

fachheit" dcs Stoffes mit einer fein-
fühligen Folgerichtigkeit zu geben weiß.
So z. B. besonders im „Müllarz",
wo die tragische Neigung zweier Kin-
der ebensolche Ursache wird, daß deren
Vater und Mutter von einander lassen.
Hicr ist Gestaltetes, und ich meine
schon, daß man bis zur Ebner-Eschen-
bach gehen mutz, um künstlerische
Lösungcn von ähnlich schlichter und
selbständiger Eigenart bei einer Le-
bcnden zu finden, womit natürlich
nicht gesagt werden soll, daß die Ver-
sasserin eine zweite Ebner ist.

Tcr allemannische Dialckt tritt
meist nur in der Wortfolge und
-Verkürzung, seltener in vereinzelten,
dann aber plastischen „Urformen"
hervor, trotzdem aber hört ihn jedes
Ohr, das ihn kennt, beständig an-
klingen. Das ist die Art, wie wir
Werke der Heimatkunst wünschen
müssen, wenn sie über die Berge ins
Land gehen sollen. L. Kalkschmidt.

* „Was liegt denn dran?"
Lebensbilder von Rudolf Huch
(Leipzig. H. Hässel).

Das Buch bestcht aus einer Neihc
von Skizzen: novellistischen Abhand-
lungen, Schnurren, satirischen Ergüssen.
Ein alter Dichter erzählt einem jungen
Parnaßaspiranten oon anderer Leute
merkwürdigen Schicksalen, die in sein
Lcben hineinspielten; dcr Majoratsherr
Fritz von Kortewitz cntdeckt vermittelst
der Theorienbrille Lombrosos in seiner
Umgebung lauter Verbrecher, bis er
schlicßlich auf scine eigenen „degene-
rativen Phänomenc" ausmerksam ge-
macht wird; Heinz, der Denker, kon-
struiert sich in kühlcm Egoismus ein
„Glück", das bci der Begegnung des
Philosophen mit ciner heißblütig-kräf-
tigen „Natur" zu Schanden wird u. s.w.

Die Sachen lescn sich nicht übel.
Zwar thut uns der Verfasser bei der
Art, wie er scine Probleme stellt und
wie er sie abwandelt, kcincswegs be-
2. Gktobcrheft tZat

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