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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 15,1.1901-1902

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Heft 2 (2. Oktoberheft 1901)
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.7613#0089

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deutendere Tiefen auf; auch tritt in
der Vorliebe Huchs fürs „Alte" ein ein-
seitig parteiischer Standpunkt denn
doch recht deutlich hervor, und eben-
sowenig sind die Sachen künstlerisch,
auch wenn ich von gelegentlichen possen-
haften Uebertreibungen ganz absehe,
sehr hoch zu stellen. Wirkliche Menschen
mit lebendigen Schicksalen finde ich
bei Huch selten; meist crscheinen sie
mir nur als mehr oder weniger charak-
teristisch gesertigte Figuren, die er
mehr oder weniger geschickt benutzt,
um mit ihnen etwas zu erläutern odcr
zu belegen. Trotzdem läßt das Buch,
wie gesagt, nicht gleichgültig. Es steckt
eben doch eine Persönlichkeit dahinter
und zwar eine, die an ihren Figuren
mit jenem innerlichen Behagen bosselt,
das immer seltener zu werden scheint
und nur einem warmen und in sich
zuversichtlichen Herzen entstammen
kann. Jn solch eine von innercn Be-
hagen erhellte Welt schaut man aber
immer gern hinein, mag sie auch nicht
grade weit sein; ja mag selbst das
Behagen Huchs manchmal auf Kosten
seiner Gegner und ihrer wirklichen
oder vermeintlichen Thorheiten ent-
standen sein. L. W.

Okeater.

* Von den Berliner Bühnen.

Der erste Monat der Spielzeit hat
in der Hauptsache ncue Aufsührungen
von bereits berühmten Dramen ge-
bracht. So sahen wir im Deutschcn
Theater Jbsens „Nora", im Schiller-
theater seine „Kronprätendenten", im
Schauspielhause „Weh' dem, der lügt"
von Grillparzer und Calderons
„Das Leben ein Traum". Auch die
Novitäten, zu denen wir eingeladen
wurden, waren bereits durch Auf-
führungen in anderen Städten bc-
kannt. Die „Familie Wawroch" kam
aus Wien und selbst wenn wir dic
Ersten untor den Sterblichen gewesen
wären, die einer Aufführung dieses
Dramas beiivohnen durften — wir
Aunstwart

hätten an dieser Stelle nicht eingehend
darüber berichten können. Es geschieht
in der Erwähnung der landesüblichen
Theaternichtigkeiten schon viel zu vicl;
die „Familie Wawroch" aber ist selbst
dann noch nichtig, wenn man die
landesüblichen Nichtigkeiten für Etwas,
sei es auch noch so wenig, ansehen
will. Das Stück ist eine pure Dilet-
tantenarbeit, ein richtiges mattes
„Obcrlehrerdrama". Jnteressant ist
vielleicht nur der eine Umstand, daß
es nach naturalistischen Mustern ge-
macht ist, und daß mithin auch der
Naturalismus bereits scine „Ober-
lehrer" hat. Die Bctrachtungcn, dic
sich an diesen Punkt anknüpfen lioßen,
liegen indessenaußerhalb eines Theater-
briefs. Das Erfreulichste war schließlich,
daß die blutlose Arbcit im Lessing-
theater mit Pauken und Trompeten
durchficl und bereits nach der crsten
Vorstellung abgesetzt werdcn mußte.
Die Bühne suchte die Scharte durch
Halbes „Haus Rosenhagen" auszu-
wetzen, was ihr auch zum Teil gelang.
tzalbe hat cin Recht, gehört zu werden,
und so ist es schlicßlich inimer ein
Verdienst, ihm das Wort zu gcben.
Das „Haus Rosenhagen" (waruni hat
Halbe im Titel den Artikel gespart?)
ist an dieser Stellc bereits gewürdigt
worden. Wonn mir trotzdem ein
kurzes Wort der Kritik gestattct scin
darf, so möchte ich bedaucrn, daß
Halbe von dcm kühnen nnd wcnigstens
zum Teil gelungcnen Wagnis seines
„tausendjührigcn Reiches" zu cincr so
beschaulichcn und gefahrlosen Fericn-
arbeit zurückgekehrt ist.

Von den ncuen Dichtungen ist wohl
nur Björnsons „Laboremus" in
Berlin zucrst aufgeführt wordcn, und
zwar im „Berliner Theater". Die
Leser des Kunstwarts, die das Work
aus einer ausführlichcn Besprechung
und aus cincm Stück dcr „Loscn
Blätter" bercits kennen, wisscn, daß
es den Konslikt zwischen Arbcit und
Liebe behandelt. Es war nach der
 
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