DOI Heft:
Heft 7 (1. Januarheft 1902)
DOI Artikel:Avenarius, Ferdinand: Denkmäler
DOI Seite / Zitierlink: https://doi.org/10.11588/diglit.7613#0347
Also die Berliner bekommcn ein Wagncr-Denkmal von Eberlein.
Wir haben das iin vorigen Heft auch unsrcrseits ehrerbietig verzeichnet
uud bei dieser Gelegenheit eine Aussprache über Denkmäler überhaupt
augekündigt. Binnen kurzem wollen ivir in der That versucheu, an der
Hand von Bildern mit Beispicl und Gcgenbcispiel unsere Wünsche über
klassische Denkmäler auszudrückeu. Zunächst aber erbitten wir für die
Vorfrage Gehör: müssen wir denn überhaupt so viele „Denkmüler", rich-
tiger gesagt: so viel Standbilder habeu?
Jm allgemciuen, das ist ja sicher, antwortet der gleichzeitig gute
und gebildete Mann auf diese Frage: aber gewiß doch! Bildet sich
irgendwo eiu neucs Deukmal-Komitee, so pflegt sein Aufrus uuerweicht
zu lasscn nur dcn Nohen oder dcu Verstockteu, denn immer wird allein ge-
fragt, ob a) der Betreffende dessen „würdig", ob d) das Geld dafür zu
bekommen sei, daß aber ein Denkmal zu pflanzen, an und für sich ein
gutcs Werk, das wird vorausgesetzt als klar gleich dem Sounenlicht.
Vor kurzem berieten die Väter von Breslau, denn 75 000 Mark waren
für cin Denkmal da, der Staat aber hatte geschrieben: ich gebe euch
25 000 drauf, wenn ihr mich darüber entscheidcn laßt. „Ja", sagten
fie natürlich, „ja!" Bei dieser Gelegenheit nun sprach der Oberbürger-
meister ein ganz besonders großes Wort. „Wir wollen möglichst viele
Denkmäler bekommen, auch auf die Gefahr hin, daß sie uns nicht ge-
fallcn." Denu was, fügen wir erläuterud hinzu, ist eine Stadt mit
ihren Straßen, als, vergleichsweise gesprocheu, eiue Stube mit Thüren,
Schränken, Tischen und Stühlen? Sind die Thüren, Schränke, Tische
und Stühle zwar praktisch und bequem, aber sozusagen bloß und nackt,
psui, versteht sich, so sind sie häßlich. Klebst du aber Schnörkel an sie
daran, wo nur eiu Fleckchen frei ist, und legst Deckchen darüber und
stellst Nippes darauf, siehe, so wird sie zu einer Putzstube, auch wenn
dir die Schnörkelchen nicht gefallen. So mit dcu Häuscru: Erkerchen
dran, Türmchen drauf, so werden sie nett, und mit den Straßen und
Kunstwart >. Ianuarheft ^902 ^
Wir haben das iin vorigen Heft auch unsrcrseits ehrerbietig verzeichnet
uud bei dieser Gelegenheit eine Aussprache über Denkmäler überhaupt
augekündigt. Binnen kurzem wollen ivir in der That versucheu, an der
Hand von Bildern mit Beispicl und Gcgenbcispiel unsere Wünsche über
klassische Denkmäler auszudrückeu. Zunächst aber erbitten wir für die
Vorfrage Gehör: müssen wir denn überhaupt so viele „Denkmüler", rich-
tiger gesagt: so viel Standbilder habeu?
Jm allgemciuen, das ist ja sicher, antwortet der gleichzeitig gute
und gebildete Mann auf diese Frage: aber gewiß doch! Bildet sich
irgendwo eiu neucs Deukmal-Komitee, so pflegt sein Aufrus uuerweicht
zu lasscn nur dcn Nohen oder dcu Verstockteu, denn immer wird allein ge-
fragt, ob a) der Betreffende dessen „würdig", ob d) das Geld dafür zu
bekommen sei, daß aber ein Denkmal zu pflanzen, an und für sich ein
gutcs Werk, das wird vorausgesetzt als klar gleich dem Sounenlicht.
Vor kurzem berieten die Väter von Breslau, denn 75 000 Mark waren
für cin Denkmal da, der Staat aber hatte geschrieben: ich gebe euch
25 000 drauf, wenn ihr mich darüber entscheidcn laßt. „Ja", sagten
fie natürlich, „ja!" Bei dieser Gelegenheit nun sprach der Oberbürger-
meister ein ganz besonders großes Wort. „Wir wollen möglichst viele
Denkmäler bekommen, auch auf die Gefahr hin, daß sie uns nicht ge-
fallcn." Denu was, fügen wir erläuterud hinzu, ist eine Stadt mit
ihren Straßen, als, vergleichsweise gesprocheu, eiue Stube mit Thüren,
Schränken, Tischen und Stühlen? Sind die Thüren, Schränke, Tische
und Stühle zwar praktisch und bequem, aber sozusagen bloß und nackt,
psui, versteht sich, so sind sie häßlich. Klebst du aber Schnörkel an sie
daran, wo nur eiu Fleckchen frei ist, und legst Deckchen darüber und
stellst Nippes darauf, siehe, so wird sie zu einer Putzstube, auch wenn
dir die Schnörkelchen nicht gefallen. So mit dcu Häuscru: Erkerchen
dran, Türmchen drauf, so werden sie nett, und mit den Straßen und
Kunstwart >. Ianuarheft ^902 ^