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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 15,1.1901-1902

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Heft 5 (1. Dezemberheft 1901)
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Avenarius, Ferdinand: Literarische Ratgeber des Kunstwarts für 1902, [8]: Philosophie
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Avenarius, Ferdinand: Literarische Ratgeber des Kunstwarts für 1902, [9]: Religion
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https://doi.org/10.11588/diglit.7613#0271

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telcr, Lachendc Wahrheitcn lDiederichs,
ö.—). Stcin, L., Die soziale Frage
iin Lichte dcr Philosophie (Enke, 16.— ).
U Dcrs., An dcr Wcnde dcs Jahr-
hundcrts (Mohr, 9.—). >!< Stein, H. v.,
Aesthctik (Cotta, 4.— ). S t c i n-
thal, H., Einleitung in die Psycho-
logie und Sprachenwisscnschaft igeh.
16.50). Strümpcll, Einleitung in
die Philosophie. X Taine, Oe I'in-
relligence, dtsch. v. Sicgfried. X Tcrs.,
Philosvphic d. Lunst, deutsch v. Ernst
Hardt (Diedcrichs, 2 Bde., in Vorbc-
rcitung). U Ucberrveg-Hcinzc,
Grundr. d.Gcsch. d. Philosophie(Mittler
u. S.. 4Bde.,3l.-). UVischcr, F. Th-, D.
Schönc u. d. Kunst (Cotta Nchf., 7.—).

Ders., Altcs und Neues (2 Bde., 28.—).
W Ders., Aesthetik (nur noch anti-
guarisch zu kaufcn, ca. 60.—). X Ders.,
Kritische Gänge (Reisland, 7.—).

Ders., Ncue Folge (Cotta, 13.50). X
Whitncy -Iolly, Die Sprachivissen-
schaft (Ackermann, geh. 10.—). W in-
delband, W., Geschichte der Philo-
sopie (Mohr, 15. ). X Ders, Gcsch.
derneueren Philosophie Breitkopfu. H.,
2 Bde., 21.—). Wunvt, W., Vor-
lesungen über dic Mcnschen- und Tier-
scelc - Noh, 14.-). Ders., Grundrih
der Psychologie (Engclmann, 7.—). X
Ders., Ethik (Enke, 17.—). Ders.,
Logik (2 Teile in 3 Bde., 49.—). X
Ders., Grundzüge der physiol. Psycho-
logie (Engelmann, Bd. I, 12.—, Bd. II,
14.—). Dcrs., Völkerpsychologic
iEngelmann, 3 Bde., I. Die Sprachc
2 Bde., ca. 34.—). Ders., Einleitung
in die Philosophie (ebda., 9.—).
Zeller, E., Grundrih der Gcschichtc
der griechischen Philosophie (Reisland,
5.60).

Aeligion.

Es gibt mehrcrc Umstände, mclchc dic Bedcutung der religiösen Schrift-
stcllerei für die ästhetische Kultur in unscrer Zcit sehr ivcsentlich bceinträchtigen.

Dcr einc tritt überall ein, wo man zu nahe an ciner Rednertribüne
ivohnt — cs braucht nicht immcr eine Kanzel zu scin. Die Tribüne ivirkt gut
für das Aufkommen grohcr und cinfacher Anschauungsformcn. Aber eben
diese Wirkung führt bei schivächercn oder trägcren Naturen zur Phrase, zur
Erseizung dcr grohen Anschauung durch dcn grohcn Ton, zur künstlichen Auf-
bauschung von Trivialitäten. Sie ist die „Berufskrankheit" aller Rcdncr. Sind
nun gar die Wirklichkeiten, übcr dic der Rcdner spricht, gcistiger, schiver kontrollier-
barer Art, so ist cs selbst für kräftigere Naturen schiver, sich ganz frci zu
halten. Die Phrase ivuchert denn auch erschrcckend üppig durch die ganze
theologische Litcratur, zumal dic crbauliche; bcsondcrs seit die Sicherheit dcr
ültercn christlichcn Mythologic zerbrochcn ist. Solchc Steine und solchen Bau
schafft man nicht in dcr Eile neu. Da muh das Papicrmachö nachhelfcn.

Ein andcrer Umstand ist der, daß dic Theologen so leicht den schrccklich
zivcidcutigen Worten vom Anstosjgebcn crliegcn. Besonders in so schwcren
Wandlungen des gcistigen Milicus, wie dencn von heute. Es ist oberflächlich,
diescn Umstand damit in Verbindung zu bringen, daß der Theologe darauf
angcivicscn sci, von sciner geistigcn Arbeit zugleich zu leben. Denn das ist
die allgenicinc Situation aller, die geistige Arbcit leistcn — auher viclleicht,
wcnn sie unverheiratcte Renticrs sind — und unseren »freiesteiU' Schriftstellcrn
kann man am dcutlichsten sozusagen mit den Fingcrspitzcn nachfühlen, wic und
was sic schreiben müssen oder dürfen. Jnncrc Frcihcit ist immer eine persönliche
Lcistung, und ihre Chanccn sind andere, als die von den Flachköpfen gewittcrten.
Bci den Thcologcn ist das ihrem Bcruf bcsondcrs eignende Hemmnis dics, das;
das Pflicht- und Verantwortungsbcwuhtsein bci ihnen durch cine lange Mih-
entwicklung vcrbildct und eng und klcinlich geworden ist. Jndem sie, soviel
sie Männcr eigener Gedanken sind — und nur die sind dcr Nede wcrt —
Wahrheit und Vorsicht zu vercinigen suchcn, haben sie einen wunderlich glcitcndcn
verklausulicrten vieldeutigcn Stil ausgebildet, desscn Jdeal ist, das; der Ein-
geweihte crnstcste, lctztc, freicstc Gedankcn in dcnsclbcn Wortcn lese, in dcnen
der Arglose gutc biedcre Kirchcnlchrc mit etwas modcrner Auffärbung findcn

(. Dezemberhcft 1(90;

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