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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 15,1.1901-1902

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Heft 10 (2. Februarheft 1902)
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Göhler, Georg: Die Musikgeschichte und Lamprechts Geschichtstheorie, [1]: allgemeines. Die ältere Zeit
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Schumann, Paul: Gurlitts Kunstgeschichte
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https://doi.org/10.11588/diglit.7613#0502

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Wir wollen dabei nicht als wichtig gelten lassen, daß die Schilde-
rung im 2. Absatz auf Seite s8: ganz neue Formen der Kirchcnmusik:
Motette? — Verhältnis des Madrigals zum deutschen Chorlicd? dcn
Thatsachen nicht entspricht, und wollen auch die folgende Zusammcnfassung
der weiteren Entwicklung nicht näher beleuchtcn. Es kam uns ja nur
darauf an, zu zeigen, daß die allzu rigorose Anweudung der Stufen bei
ungenügendcr Kontrolle durch das Thatsacheumaterial zu uugenauen Er-
gebnissen führen mußte. Lamprecht konnte hier um so leichter einmal
irren, als es sich um Gebiete handelt, für welche die Unterlagen zum
Teil noch sehr dürftig sind; er selbst wird sich auch gesagt haben, daß
diese nicht zu umgehende Darstellung in gewissem Siune ein Notbehelf
war, der wenigstens Anregung zur Kritik und Korrektur bicteu künne.

Daß das Lamprechtsche Prinzip, mit der von uns geforderten
Einschränkung, auch auf die Kunstgeschichte Anwendung findcn kann und
muß, wird jeder zugeben, der sich mit ihm näher befaßt hat. Es kann
gerade uns Fachmusikern für die älteste Zeit die großen allgcmeinen
Gesichtspunkte liefern, die nur zu leicht bei der Fülle des Stoffes aus
den Augen verschwinden. Und wenn wir in einem zweiten Aufsatze
die Darstellung der neuesten Entwicklung durch Lamprecht betrachten, so
wird sich zeigen, wie sehr deren Verständnis durch ihn gefördert wird,
ja wie er wohl zum ersten Male die geistigen Grundkräfte, auf die sich
das Meiste in überzeugender Weise zurückführen läßt, mit wissenschaftlicher
Sicherheit aufweist. Daß er bei der älteren Zeit nicht die gleichen Er-
gebnisse erzielen konnte, liegt wohl mit in erster Linie daran, daß das
Geistesleben jener Zeit für das Rein-Künstlerische noch wenig Platz zu
haben scheint und daß man ohne die Annahme der Antizipation der
nächsten Entwicklungsstufe durch künstlerischc Genies kaum zu einem
befriedigenden Ergebnis gelangen wird. Georg Göhler.

6ur!i«s liuiislge^ckickle.'

Das Bedürfnis nach zusammcnfasscnden Kunstgeschichtcn scheint ungcmein
stark zu sein: im vorigen Jahre sind wieder, sowcit uns bekannt geworden ist,
drei ncue erschienen. Man sragt sich dabei zunächst cinmal, ivelchem Zwccke
denn Kunstgeschichten diencn und diencn sollen, und für wcn sie bcstimmt sind.
Offenbar mehr für ein wcitcrcs Publikum als für dic Kunstforscher sclber,
sonst würden die Ncrfasscr ja auch kaum zumeist an dcn kunsthistorischen Streit-
fragen vorübergehcn und ihre Erörterung einzclncn Schriftcn und dcn Fach-
blättern überlassen. Jn der That: cine Kunstgcschichte, die ausschlicßlich fiir
den Kunstforscher bestimmt ist, gibt es nicht. Einc Kunstgeschichte nun fiir ein
größeres Publikum kann mehr historisch odcr mehr püdagogisch-ästhctisch („kunst-
erzieherisch") sein. Die meistcn bishcrigcn sind mehr historisch. Ein Werk, das
rein kunsterzieherisch scin, d. h. dcn Beschaucr für das Künstlerische empfünglich
machen, ihm Augc, Verstand und Empfinden bilden will, ist Wölsflins Buch
über die klassische Kunst. Es leistet diese Arbeit aber nur für die italicnischc
Hochrenaissance. Eine allgemeine Kunstgeschichte mit solcher Absicht habcn wir
nicht, können wir auch kaum habcn, da das notwcndige Verweilcn bcim Ein-

* Cornelius Gurlitt, Geschichte der 5tunst, in zwei Bündcn, 090 und 792
Seiten, mit zo Bildcrtafelu. (Stuttgart, Bcrgstrüßer, geb. 4z Mk.)

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