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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 41,1.1927-1928

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Heft 3 (Dezemberheft 1927)
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Lose Blätter
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Tribüne
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https://doi.org/10.11588/diglit.8883#0214

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nimmer rmd nie, so lange noch Machk über mich hak, was für immer dahin-
gcfahren ift. Ilnd darum sehen Sie mich auf der Flucht."

Wir Lraten in das Haus. Ilnsere Mahlzeik verlief sehr fchweigsam. Hu-
bertus' 2lugen fchicnen entzündet. Das Licht tue ihm weh, sagte er und ver-
fchatteke sie mit der Hand. Wir legten uns zcitig nieder, und ich fiel sehr bald
in einen fchweren Schlaf. 2lls ich gegen Mvrgen erwachte, war das andere
Lager leer. Der Herr lasse sich entfchuldigen und empfehlen, sagte der Knechk,
er sei vor Tag in den Wald. So habe ich ihn denn nie wieder gesehen. Ich
glaube, daß er sehr unglücklich war und daß ihm keiner helfen konnte; ich
will darüber nachsinnen, woher es kommen mag, daß immer mehr unker uns
ihm so ähnlich werden.

Tribüne

Deutsches Gewissen

Bon Albert Trentini

> Vines muß man uns Dentfchen lassen: wir beruhigen nns an keiner Gegenwart.
^^Mit einer Art automatifch einsetzenden Jnftinkts werfen wir jedem Heute gegen-
über die Frage nach dem Morgen auf, durchgraben und durchgrübeln jede Erfcheinung
auf ihren absoluten Hintergrund hin, und prüfen, was wir bereits geleiftet haben,
kaum daß eS fchon da isl, darauf, welche Vorauösetzungen es für eine noch voll-
kommenere Lösung derselben, nnö für die Lösung der nächfthöheren Aufgabe
in sich berge. Dies dem Deutfchen fcheinbar eingeborene Muß: ftets und zuallererft
nach dem zu fragen, wovon er, rein gewissenhaft, fühlt, daß es ihm aufgetragen
sei; sich um die Erspürung von P f l i ch t zu kümmern, und hierauf fchnell seine
Kräfte zur Erfüllung dieser Pflicht zu messen; bei diesem Messen aber gleich fchon
das denkbarft volle Maß und den vorftellbarft ganzen Jnhalt von Pflicht zu ent-
decken, und seine Kräfte nun faft gewaltsam dieser Entdeckung anzupassen,
— diese Anlage deö Deutfchen, in allem, waS er lebt, Jmperative zu ertaften
und ihnen gehorchen zu müssen, hat natürlich auch sehr fchattenseitige Wirkungen.
Ihr ift anzukreiden, daß wir, ohne es je zu wollen, der Welt sehr oft so erfcheinen,
als ob wir uns nicht nur für uns selber, sondern geradezu sür die Ersüllung der Welt-
pflicht verantwortlich empfänden; auf ihr Konto unsere Raftlosigkeit zu fchreiben,
unsere Wirklichkeitsfremdheit, unsere Genußunsähigkeit, und das — tragifch wir-
kende — Mißverhältnis, wie es so oft bei uns zwifchen erfchauter und erfüllter Pflicht,
zwifchen Wille und Werk, Stoff und Formung aufklafft. Was wir ihr hingegen
verdanken, dieser Anlage, ift: Glut und Gewalt eines GlaubenS, der durchwegs
erft auf der Grundlage ftrengfter Skepsis — subjektiver Skepsis uns selbft als Sub-
jekten gegenüber—seinen Turm aufbaut; und das Niemalsvergessen der Wahrheit,
die heutzutage zu jeder Stunde immer noch wahrer wird: daß auch das Reich eines
Volkes nicht von dieser Welt ift. Des Bekenntnisses zu dieser Wahrheit halber,
die kein großer Dentscher je verleugnet hat, sind wir viel verlacht, und auch gehaßt
worden. Wenn aber je eine Wahrheit es wert war, ihrethalben gehaßt und ge-
fchmäht zu werden, dann diese! Denn wenn eine, dann wird diese die „Welt er-
obern"!

Drei Bücher von heute will ich nennen, denen mir der Stempel solch deutschen Ge-
wissensdrangs besonders deutlich eingeprägt erfcheint: Richard Benz, „D i e
Stunde der deutschen M u s i k" (Diederichs 1927); Alfred Halfeld,
„Amerika und der Amerikanismus" (ebenda) und Prinz Karl AntonRohan,
 
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