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Architektonische Rundschau: Skizzenblätter aus allen Gebieten der Baukunst — 22.1906

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Heft 2
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Zetzsche, Carl: Bilder von der Lütticher Weltausstellung 1905
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https://doi.org/10.11588/diglit.44851#0023

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1906

A RCHI TEKTONISCHE RUN DSC HA U

Heft 2


Französische Halle für Nahrungsmittel. Architekt: De Montarnal in Paris.
Wirkung, wie schon gesagt, durch die Umgebung beeinträchtigt
ist. Die jetzt allein als Mittelbau erscheinende turmbekrönte
Haupteingangshalle hat in der Ausführung durch die vier über-
aus steif wirkenden Figuren auf dem Turme an Stelle von
vier fanfarenblasenden Genien mit mächtigen, weit ausgebreiteten
Flügeln und durch den Ersatz der architektonisch richtig durch-

Arenes Liegeoises.
gebildeten Eckpfeilerbekrönungen durch die vier ebenfalls nach
ein und demselben Modell ausgeführten, die Weltkugel tragen-
den Puttengruppen sicher nicht an Reiz gewonnen.
Den vordem Eingang flankieren zwei wirkungsvolle Fi-
gurengruppen von Edward Deckers; den Halbkreis über dem
innern Eingang füllt eine Allegorie des Wettstreites von Doneux.
In der Mitte der Eingangshalle steht ein schöner kleiner Brunnen
aus verschiedenfarbigem Marmor der Marmor-Aktien-Gesell-
schaft von Le Chateau, den eine Bronzefigur krönt. Im übrigen
machte die Vorhalle noch im Anfang August einen etwas un-
fertigen Eindruck.
Die Festhalle, wie die Hallen des Hauptgebäudes von
den Ausstellungsarchitekten Hasse & Soubre erbaut, läßt mit
ihrer traditionellen Gipsfassade vollkommen kalt. — Gegen-
über der Schauseite des Hauptgebäudes verdeckt eine Reihe
von kleineren Bauten die benachbarten Villengrundstücke und
eine kleine Kirche. Ihre Zusammenstellung ist bunt genug:
am Haupteingang zunächst die schon erwähnten Jahrmarkts-
buden des Extreme Orient, daneben der reizvolle Pavillon
von Marokko und neben diesem die durchaus moderne Halle
der französischen Garten- und Ackerbauausstellung,
dann der offene Schuppen der Schlafwagengesellschaft
und schließlich an der Ecke das anmutige Gebäude der
vereinigten Münchener Brauereien.
Auf der Mitte des Platzes steht der unvermeidliche Musik-
pavillon; weder er noch die übrigen Bauten, die beiden
Restaurants und die Pavillons mehrerer belgischer Groß-
industrieller sind architektonische Leistungen, wie man sie auf

diesem bevor¬
zugtesten Platze
einer Weltaus¬
stellung erwar¬
ten dürfte. Na¬
türlich ist von
diesem Bilde je¬
der enttäuscht,
der sich andrer
Ausstellungen
erinnert, z. B.
der Düsseldor¬
fer von 1902, wo
das einmütige
Bestreben der
Rheinisch-west¬
fälischen Werke
in dieser Rich¬
tung ganz Her¬
vorragendes
zum Gelingen
anders hätte doch dieser Platz als Mittelpunkt der ganzen Aus-
stellung und des großartigen Landschaftsbildes gerade in seinen
beschränkten Abmessungen sich gestalten lassen, wenn dies
nach wirklich künstlerischen Ge-
sichtspunkten einheitlich und groß-
zügig geschehen wäre!
Sehr abgelegen, an der Ourthe,
unweit der Maschinenhalle, steht das
kleine Gebäude des Genie civil
mit hochbedeutendem Inhalt an zum
Teil riesenhaften Modellen der groß-
artigen Hafenanlagen von Gent, Ost-
ende, Antwerpen, der Güterbahn-
hofsanlagen von Brüssel, der alten
Zisterzienserabtei in Villers la Ville,
eines großen Porphyrbruches in
Quenast u.s.w., sowie an Abbildun-
gen und Plänen der ebenfalls dem
Ministerium des Handels und der
öffentlichen Arbeiten unterstehenden
Wiederherstellungsarbeiten an der
Abtei Aulne, am Grafenschloß und
am Schloß Gerard le Diables in
Gent, an der Abtei Villers, am Schloß zu Bouillon u. s. w.
Die Fassade der Stirnseite dieses kleinen Gebäudes leidet unter
der Übergröße und dem Pathos der darauf gesetzten Figuren.
Im erfreulichsten Gegen¬
satz zu der beliebten gipsernen,
bei sparsamer Ausführung
ohne die festliche Steigerung
durch Plastik und Farbe noch
trockener wirkenden Palast¬
architektur zeigen die beiden
französischen Hallen für
Garten- und Ackerbau und
für Nahrungsmittel (letztere
am Quai Mativa) eine frische
Natürlichkeit und Selbstver¬
ständlichkeit in der Anwendung
der für vorübergehende Aus¬
stellungshallennächstliegenden
Baustoffe und Schmuckweisen.
Beide Hallen sind drei¬
schiffig mit dem üblichen ba-
silikalen Querschnitt, die 20 m
breite und 40 m lange Acker¬
bauhalle mit oberen Galerieen.
Das Äußere zeigt die Flächen
in gebrochenem Weiß mit leich¬
tem farbigen Ornament bemalt.
Bei dem bis ZU 20 m Höhe Bohrturm der Deutschen Tiefbohr-A.G.
in Nordhausen.


Französische Halle für Architekt: Guillaume
Garten- und Ackerbau. in Paris.


des Ganzen beigetragen hatte. — Wie ganz
 
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