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Architektonische Rundschau: Skizzenblätter aus allen Gebieten der Baukunst — 22.1906

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Heft 2
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Zetzsche, Carl: Bilder von der Lütticher Weltausstellung 1905
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https://doi.org/10.11588/diglit.44851#0026

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1906

ARCHITEKTONISCHE RUNDSCHAU

Heft 2


Ein Vergleich
der Abteilungen
und der wenig
erfreuliche Ein-
druck, den die
deutsche in ihrer
Gesamtheit
macht, klagen
wohl deutlich ge-
nug gegen diese
Sparsamkeit am
unrechten Orte.
DerEindruck
der belgischen
Abteilung ist gut
und erfreulich.
Die große Mittel-
halle ist als

Hauptraum der-
selben etwas rei-
cherausgestattet.
Die Wandpfeiler
und Flächen sind hellgrün mit Gold gehalten, die sichtbare Eisen-
konstruktion des Daches gelb, die Verschalung weiß gestrichen.
Den oberen Teil der Wände schmückt ein ringsumlaufender
Puttenfries auf braunem Grunde, von den Professoren Jans und
van Neste an der Antwerpener Kunstakademie. Die Gesamt-
wirkung dieser Ausstattung ist durchaus vornehm. Die ein-
zelnen Gruppen, die Ausstellungen der Ministerien, der Fach-
schulen, der industriellen Vereinigungen und großen Werke
sind geschickt zusammengefaßt und zum Teil recht geschmack-
voll dekoriert, auch durch Wahl verschiedener Grundfarben

Germaniagruppe an der Fassade Architekt: Baurat
der deutschen Abteilung. F. Jaffe in Berlin.
Bildhauer: Rob. Schirmer.

für die Einbauten u. s. w. voneinander abgehoben.
Die französische Abteilung, der deutschen nicht nur
räumlich um das Vierfache, sondern auch in Bezug auf Inhalt an
geschlossenen Darstellungen von allgemeinstem Interesse weit

überlegen, bietet ein wirklich vornehmes und anziehendes Bild
durch die einheitlich, ohne jede Übertreibung und mit gutem
Geschmack durchgeführte Gruppierung der an sich schon so
überaus verlockenden Kostüme, Möbel, Schmucksachen u.s.w.,
unter Leitung des Abteilungsarchitekten de Montarnal in Paris.
Mit wahrem Behagen durchschreitet jeder diese stets mit

gleichmäßigen Schrankeinbauten u. s. w. in angemessener, gut
abgewogener Farbenstellung ausgestatteten Räume, in denen

nicht eine Spur von dem Durcheinander und dem widerwärtig
aufdringlichen Verkaufsgetriebe niedrigster Basarart zu be-
merken ist, das man in Lüttich mit tiefster Beschämung auch


Von der Fassade der
deutschen Abteilung.

in der deut-
schen Abtei-
lung sich breit-
machen sieht.
Was hilft es
demgegenüber,
daß die deut-
sche Maschi-
nenindustrie ihr
Bestes geleistet
hatund einzelne
Gruppen, wie
das Rheinisch-
westfälische
Kohlensyndi-
kat, in imposan-
ter Weise ver-
tretensind! Die
nach haltige
Wirkung dieses
deutschen
Kleinhandels
mit Tand — von
dem bekannten
italienischen

Kanadischer Pavillon. Architekt: G. M. Bailey.


Handel mit schlechten Mosaikbroschen u.s.w. kaum hie und da

durch einige bessere Muster unterschieden - und das Fehlen
unsres ernsten Kunstgewerbes muß auf lange Jahre hinaus
eine ernstliche Schädigung des deutschen Ansehens, eine
Unterschätzung deutschen Geschmacks und deutscher Leistungs-
fähigkeit im Nachbarlande nach sich ziehen. Daran ändert es
auch nichts, daß auch andre Staaten nicht besser vertreten sind
und selbst Österreich und Japan nur ein beschränktes Bild
ihrer kunstgewerblichen Leistungsfähigkeit geben.
Auf die einzelnen Darbietungen in den verschiedenen
Abteilungen einzugehen verbietet uns leider der Raum. Selbst-
verständlich enthält die Ausstellung eine Fülle des Sehens-
werten nach den verschiedensten Richtungen, den schönen
Marmor der belgischen Brüche, die kostbaren farbenprächtigen
Hölzer der überseeischen Kolonieen und San Domingos, pracht-
vollen algerischen Onyx, flandrische Gobelins, spanische Spitzen,
Stickereien und Gewebe aus den Balkanstaaten, Porzellan, Email-

arbeiten, japanische Gewebe und Seidenstickereien von staunens-
werter Vollendung der Nadelmalerei, französische Kostüme und
Prunkmöbel, kostbare Gläser, Steingut, Fayencen, Schmucksachen
und Edelmetallarbeiten der verschiedensten Art, darunter die

feinen spanischen Schmucksachen aus schwarzem Stahl mit In-
krustationen aus verschiedenfarbigem Gold und von Morel & Co.

in Paris eine
Via Vitae, eine
figurenreiche,
hochpoetische
Darstellung
des christ-
lichen Erlöser-
glaubens aus
Edelmetall
und Elfenbein.
Aber wer die
Leistungen
des deutschen
Kunstgewer-
bes in den
letzten Jahren
kennt, vermag
sich der Über-
zeugung nicht
zu verschlies-
sen, daß es
hier trotz ein-
zelner vorzüg-
licher franzö-
sischer und


Architekt: Baurat F. Jaffe
in Berlin.
Bildhauer: Rob. Schirmer.

Architekt: Baurat F. Jaffe
in Berlin.
Bildhauer: Rob. Schirmer.

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Von der Fassade der
deutschen Abteilung.
 
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