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Architektonische Rundschau: Skizzenblätter aus allen Gebieten der Baukunst — 22.1906

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Heft 8
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Putzfassaden und Zierputz
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https://doi.org/10.11588/diglit.44851#0075

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1006

A RCH1 TEKTONISCHE RUN DSC HA U

Heft 8

Entwurf zu einem Konversationshaus. Architekten: Gebrüder Rank
Eingang. in München.


Zunächst wurde — wie beim Außenputz — der Wechsel zwischen
rauhem und glattem Putz zur Herstellung von Verzierungen ausgenutzt.
Ersterer wurde im Innern zwischen Pappschablonen und nur ’/a cm stark
aufgetragen. Seine Oberfläche wurde weiter mit dem Messer kerbschnitt-
artigbehandelt, was sich namentlich zur Herstellungschmaler, geschwungener
Bänder gut eignete, die quer zu ihrer wechselnden Richtung schraffiert
wurden. Ferner wurden darauf in Gips in der Längsrichtung gekämmte
Bänder im Wechsel mit den Schraffurbändern angeordnet.

Eine andre sehr dankbare Verzierungsweise ergab das Ausschneiden
und Auskratzen von Mustern durch geglätteten weißen, 2 cm starken Gips-
putzüberzug hindurch auf gewöhnlichen grauen Kalkputzgrund. Die natur-
großen, gelochten Zeichnungen wurden nach Erhärten des Überzugs mit
Kohle auf diesen aufgepaust und ihre Linien mit scharfen Messern nach-
geschnitten und bis auf den Grund ausgekratzt. So konnte jede Feder-
zeichnung in schraffurartig mit Schatten u. s. w. behandelter Darstellung in
sgraffitoartiger Wirkung wiedergegeben werden. Die Wirkung wurde noch
durch Austuschen einzelner Felder zwischen den Umrissen oder völlige
Ausmalung erhöht; bei letzterer stehen die eingegrabenen Umrisse als
Grenzen in interessant schwankenden natürlichen Mittelfarben zwischen
den Tönen. Die Ausführung kostete je nach Muster für 1 qm ohne Maler-
arbeit 5—10 Mk. und mehr. - Eine weitere Belebung dieser Darstellungen
wurde durch dichtes Punktieren, Sticheln, Wellen u.s.w. des Grundes oder
der Zeichnung erzielt, was wirkungsvolle Lichtreflexe in den Farbentönen,
namentlich metallischer Farben, ergab.
Die Türumrahmungen in den Fluren, welche aus Sparsamkeitsrück-
sichten nur bis zu etwa 1,8 m Höhe eine Werksteinverkleidung der beiden
senkrechten Kanten erhalten haben, wurden aus geschwungenen, die Tür
umspielenden Linienführungen gebildet und deren etwa ’/s cm breite Linien
an Holz- oder Pappschablonen mit scharfen, Kerbschnitzmesser-ähnlichen
Werkzeugen in den glatten Putz eingeschnitten. Die Muster sind in einer
oder mehreren kräftigen Tönungen in Silikatfarbe einfach flächig ausgetuscht.
Diese Verzierungsart bewährt sich besonders überall da, wo auch die ge-
ringsten vortretenden Gliederungen leicht der Beschädigung ausgesetzt sind.
Der Preis stellte sich ohne Malerarbeit für eine Tür je nach Muster auf
4,5 Mk., 7 Mk. und mehr. — Wirkliche Stuckarbeit, gezogene Leisten auf
oder in der Deckenfläche, auf frischem Putz angedrückte Hohlformen u.s.w.
wurden infolge Bevorzugung dieser reinen Putztechniken weniger verwendet.
Eine charakteristische Behandlung erfuhr schließlich auch das Gewölbe
der großen Halle. Es läßt zwischen den geputzten und in der Längs-
richtung schraffierten Rippen innerhalb einer Spruchbandumrahmung Back-
steinflächen sehen. Auf diesen ist aus mit Schablonen in Putz aufge-
tragenen und teilweise vergoldeten Sternen der Sternenhimmel dargestellt.
Die Abbildungen veranschaulichen die Wirkung der ge-
schilderten Arbeiten in verschiedenen Formen; auch der Maler
braucht dabei über den einfachen Anstrich bezw. das rein
flächige Austuschen nirgends hinauszugehen. Sind das nicht
verlockende Anregungen, die uns von dem öden Einerlei fabrik-
mäßig hergestellter Stuckdecken erlösen könnten?


Landhaus des Herrn Kommerzienrat Leicht in Vaihingen.
7. Blick von der Veranda in den Garten

63'

Architekten: Eisenlohr & Weigle, Oberhauräte in Stuttgart.
 
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