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Verein für Badische Ortsbeschreibung [Hrsg.]
Badenia oder das badische Land und Volk: eine Zeitschr. zur Verbreitung d. histor., topograph. u. statist. Kenntniß d. Großherzogthums ; eine Zeitschrift des Vereines für Badische Ortsbeschreibung — 2.1840

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Villingen kommt an das Haus Oestreich
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https://doi.org/10.11588/diglit.22584#0052

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ferne Hilfeleistung zu ihren Fehden nur unter der Bedingung einzugehen,
daß beide urkundlich versprachen, sich innerhalb zweier Jahre über die Herr-
schaft der Stadt zu entscheiden, widrigen Falls es derselben erlaubt seyn
solle, einen andern Herrn zu suchen.
Ein so kräftiges Auftreten war der Stadt möglich geworden, nachdem
sie durch die Gunst weiland Graf Egons an Wohlstand freudig zugenom-
men, und jüngstens eine zeitgemäße Verbesserung ihrer bürgerlichen Ver-
fassung errungen hatte. Sie fühlte sich als ein erstarktes Gemeinwesen und
war durch Erfahrungen gewizigt genug, um die erworbenen Vortheile zur
Wahrung und Förderung ihrer Interessen bestens zu benüzen.
Das erste Jahr des anberaumten Termins war verflossen, und auch das
zweite neigte sich zu seinem Ende, ohne daß die Grafen sich über den Best;
von Villingen vereinbart hatten. Im Gegentheil, sie stunden sich ferner
als je. Denn während der heftige Charakter Gottfrieds und der hart>
näkige seines Bruders eine Ausgleichung schon äußerst erschwerten, hatten
gewisse Herren dies benüzt, um das Zerwürfniß unheilbar zu machen. Als
es gelungen schien, ging man weiter. Man rieth den Grafen, durch den
Verkauf der villingischen Herrschaftsrechte an die Stadt sich des fatalen
Handels zu entledigen. Dieser Vorschlag mußte Gehör finden, weil er
Aussicht auf reiche Summen gab, deren die Grafen stets bedürftig waren,
wert ferner das Werkzeug der Unterhandlung, ihr Vetter, der Pfarrherr
Gebhard zu Villingen, ihnen ein unverdächtiger Mann scheinen mochte,
und weil sie in ihrer leidenschaftlichen Verblendung eher das streitige Klei-
nod in die Schanze schlugen, als daß einer den Besitz desselben dem
andern allein gegönnt hätte.
Inzwischen hatte man auch zu Villingen gewisse Herren bemerkt,
welche sich hier rächend und dort abmahnend in die Verhandlung mischten
— freilich nur wie zufällig, ohne allen Schein öffentlicher Teilnahme;
aber desto thätiger im Stillen bei einzelnen Häuptern der Bürgerschaft.
Immer mehr und entschiedener kam der Loskauf vom Hause Fürstenberg zur
Sprache. Vergebens erinnerten anhängliche Bürger an Graf Egons
Wohltbaten, oder redeten von der Unerschwinglichkeit der Loskauf-Summe.
Ihre Gründe vermochten nichts gegen das Bild des traurigen Familien-
und Bruderkrieges, wodurch das gemeine Wesen täglich in Verwiklungen
und Verlegenheiten gestürzt, zu Opfern und Verlusten geuötüigt wurde,
welche seinen Wohlstand an der Wurzel anfraßen. Mit grellen Farben
schilderten die Freunde der Neuerung diese Gefahren, und die ungewisse
schwankende Stimmung, worin sich die Bevölkerung befand, vergrößerte im
Gefühle den Druk der Gegenwart und ließ die Zukunft der Befreiung in
desto lokenderew stichle erscheinen. Da fand sich endlich kein guter, patrio-
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