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Verein für Badische Ortsbeschreibung [Hrsg.]
Badenia oder das badische Land und Volk: eine Zeitschr. zur Verbreitung d. histor., topograph. u. statist. Kenntniß d. Großherzogthums ; eine Zeitschrift des Vereines für Badische Ortsbeschreibung — 2.1840

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Das Isteiner Dinggericht
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https://doi.org/10.11588/diglit.22584#0076

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Freibeit und Nationalität; aber die Feder Ulrichs von Hutten war nicht
so glüklich, wie das Schwert des Helden von Teutoburg. Neber der
Kirche vergaß man den Staat, die Nation zerfiel in zwei Partbeien, welche
sich auf Leben und Tod verfolgten — und während des traurigen Kampfes
sezte sich das fremde Recht für bleibend auf den Thron (H!
Jezt folgte ein Schlag, eine Schmach und Demüthigung der andern.
Es folgten der dreißigjährige Krieg und westphälische Friede; es folgten die
Invasionen Ludwig des Vierzehnten und der Republik; es folgten die Auf-
lösung des Reichs, der Despotismus des fremden Diktators und die tiefste
Erniedrigung des deutschen Namens.
Da endlich, nach so viel'bittern Leiden, erhob sich der Nationalgeist
wieder, das fremde Joch wurde abgcworfen, und wir leben jezt in einer
Gährung, aus welcher die Wiedergeburt Deutschlands hervorgehen wird.
Tausend Kräfte arbeiten öffentlich und im Stillen an der nationalen Ein-
heit und volksthümlichen Freiheit durch Landcskonstitutionen, Wehrverfas-
sungen, Zivil- und Kriminalgesezbücher. Und wem hätte man dieses er-
neuerte Bewußtseyn, diese edle Richtung nach einem nationalen Ziele, nach
einem zeitgemäßen Fortschritte, eher zu verdanken, als den Rükbliken in die
freiere, glücklichere und glorreichere Vergangenheit?
Nichts Interessanteres und Wichtigeres, nichts Ehrwürdigeres kann uns
also die vaterländische Geschichte bicthcn, als was Aufschluß gibt über die
alte National-Verfassung und Freiheit, über das alte volksthümliche Ge-
richswesen, über den politischen und Rechtszuftand, in welchem die Nation
groß und blühend geworden. Daher hat sich in neuerer Zeit unsere Ge-
schichtsforschung auch vorzüglich'hierher gewendet, und manche ihrer Re-
sultate auf diesem wichtigen Wege sind bereits vielfältig in die Geschicht-
schreibung übergegangen; sic werden über kurz oder lang ihre freudigen
Früchte tragen.
In diesem Sinne folget hier die Beschreibung und Geschichte des Istei-
ner Diuggerichts, dessen Urkunden und Akten ziemlich vollständig er-
halten sind, als Beitrag zur Kenntniß des altdeutschen Gerichtswesens.
Möge er sich einer Aufnahme erfreuen, welche den Gefühlen entspricht, wo-
mit er niedergeschrieben wubde! Die Arbeit für das Vaterland ist meist

(1) Ein fremdes Recht in fremder Sprache — welche unendliche Verwirrung mußte
das erzeugen, so vortrefflich dasselbe auch an sich seyn mochte! Aber man ver-
stümmelte es noch überdies; denn der römische Prozeß war mündlich und öf-
fentlich, und man führte den geheimen ein. So wurden die Volksgerichte
völlig unmöglich, und Alles nahm jene traurige Wendung, die der Deutsche nie
genug beklagen kann.
 
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