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Verein für Badische Ortsbeschreibung [Hrsg.]
Badenia oder das badische Land und Volk: eine Zeitschr. zur Verbreitung d. histor., topograph. u. statist. Kenntniß d. Großherzogthums ; eine Zeitschrift des Vereines für Badische Ortsbeschreibung — 2.1840

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Das Isteiner Dinggericht
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https://doi.org/10.11588/diglit.22584#0077

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eine ebenso unscheinbare als mühsame; wer aber ein Patriot seyn will,
darf sich's nicht verdrießen lassen, zu dem großen Baue auch Sand und
Kiesel zu liefern, wenn es ihm versagt bleibt, Mauern aufzuführen und
Gewölbe zu sprengen.
Das altdeutsche Gerichtswesen entsprach in seiner Abstufung vollkom-
men den Hauptmomenten der Staatsgesellschaft — der Familie, der
Gemeinde, dem Stamme und dem Volk, welche in lokaler Bezie-
hung wieder dem Hofe, dem Dorfe oder der Stadt, dem Gau und
dem Lande entsprechen. Es gab also Hofgerichte, Dorf- oder Stadt-, Gau-
und Landgerichte. Das Jfteiner „Dinggericht" gehörte der untersten
Stufe an, cs war ein Hof- oder Hubeng er i cht. In welchem ursprüng-
lichen Verhältnisse dasselbe zum Jfteiner „Dorfgerichte" stund, kann hier
nicht untersucht werden — es genüge uns, einen Blik auf die Entstehung
und das Schiksal der Dmggerichte überhaupt zu werfen.
Bei weitem die meisten unserem Fleken und Dörfer sind aus einzelnen
Höfen entstanden, welche der Wohnort eines reichen Grundbesizers, oder
des Meiers einer geistlichen oder weltlichen Herrschaft waren. Denn solche
Höfe vereinigten zweierlei mit sich, was die Bewohner einer größern oder
kleinern Nachbarschaft herbeizog und in der Folge die natürlichste Veran-
lassung einor wachsenden Ansiedelung gab. Sie waren die Gerichts-
stätten für alle dem Hofgut angehörigen Leute, und enthielten gewöhnlich
auch eine Kirche oder Kapelle, wo das Volk der Umgegend den Gottes-
dienst besuchte. Sie waren also die politischen und kirchlichen Mit-
telpunkte eines größern oder kleinern Bezirkes, dessen Interessen sich in dem
Grade mehr und mehr dahin vereinigen mußten, in welchem Kultur und
Bevölkerung zunahmen.
Wir verlassen hier die kirchliche Beziehung des Fronhofes und verfolgen
allein die politische. Diese aber bestund in dem Verhältnisse der Hofange-
hörigen oder sogenannten Hofjünger (?) zum Hofherrn, und na-
mentlich in dem Grade der Gerichtsgewalt des leztern über die erstern. Als
Eigenthümer des Gerichtes hatte derselbe den Vorsiz und einen Theil der
Bußen; er hielt es aber selten in eigner Person, sondern meistens durch sei-
nen Vogt oder Maier ab, woher es alsdann den Namen Vogt- oder
M aier-Gericht erhielt. Ding- Gericht hieß es im Allgemeinen als ein
gedungenes, das ist vertragsmäßiges; denn das Gesez, wornach

(2) Hofangehörige gab es in einem weitern und cngern Sinne. Zur lcztcn Klasse
gehörten die Huber, d. h. diejenigen Bauern, welche ein ganzes Hofgut lehnweis
vom Fronhofe besaßen; zur erstern dagegen die s. g. EinZinser oder auswärtigen
Bauern, welche nur mit einzelnen Grundstufen belehnt waren.
 
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