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Verein für Badische Ortsbeschreibung [Hrsg.]
Badenia oder das badische Land und Volk: eine Zeitschr. zur Verbreitung d. histor., topograph. u. statist. Kenntniß d. Großherzogthums ; eine Zeitschrift des Vereines für Badische Ortsbeschreibung — 2.1840

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Der Tiefenstein
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https://doi.org/10.11588/diglit.22584#0277

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247

Tage bis zum Jahr dreizehnhundert und siebzehn erftrekt hat. Herr Ulrich,
welcher ihn noch überlebte, beschloß die Reihe der Freiherren von Tiefen-
stein als der lezte ihres Geschlechtes. Niemand weiß jezo mehr, wo ihre
Gebeine ruhen; kein Denkmal hat der Nachwelt ihr Gedächtniß erhalten;
die wenigen von Moos und Gesträuch überwachsenen Trümmer-Reste der
Stammburg, und einige Pergamentbriefe aus dem Archive von Sankt Blasien
— das ist Alles, was von diesem einst so reichen und angesehenen Adel auf
uns gelangte.
Unter solchen Gedanken über die Hinfälligkeit alles Irdischen verließ ich
mit meinem Gefährten den Burghügel und sagte mir das Horazische
lliem vor bis zum Wirthshaus von Tiefenstein, wo uns das heiterste Leben
des Augenblikes entgegenschallte. Wir fanden die Jugend der benachbarten
Thäler bei Tanz, Gesang und neuem Weine daselbst versammelt, ein frisches,
kräftiges, äußerst munteres Volk — Jünglinge von meist hohem, schlankem
Wüchse und ausdruksvollen Gesichtszügen; Mädchen von blühender, oft sehr
angenehmer und feiner Gesichtsbildung. Wir nahmen Plaz bei drei dieser
ländlichen Schönen, welche abgesondert an einem Tische saßen, und wovon
die eine uns besonders anzog. Ihr blaues, unschuldig freies Auge, das
weiche Goldhaar, die feingezeichnete Nase, die vollen Rosenwangen bei der
eigenthümlichen Kleidertracht gaben ein Bild, des Rubens'schen Pinsels
würdig. Reichgesättigt brachen wir endlich wieder auf und das Gefühl
eines glüklich verbrachten Tages begleitete uns nach Hause.
 
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