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Verein für Badische Ortsbeschreibung [Hrsg.]
Badenia oder das badische Land und Volk: eine Zeitschr. zur Verbreitung d. histor., topograph. u. statist. Kenntniß d. Großherzogthums ; eine Zeitschrift des Vereines für Badische Ortsbeschreibung — 2.1840

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Eines Archivars Betrachtungen bei seiner Arbeit
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https://doi.org/10.11588/diglit.22584#0284

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in ein moderndes Grau verwandelt, anstatt der sprechenden Schrift der
Blüthen und Blätter, las ich die halbverblichenen Nubrikzeichen, die mich
mit ihren altfränkischen Buchstaben langweilig anstarrten. Welch' ein
Wechsel! Ich konnte mich lange nicht in die gewöhnliche Geschäftsstimmung
finden; ich ging die Gänge auf und nieder und schielte noch etlichemal durch
die Gitterfenster nach dem blauen Himmel, bis endlich die Gewölbluft
mich abgekühlt hatte. Da wurde ich wie umgewandelt, wie ein anderer
Mensch — ich näherte mich den Akten- und Urkundenkonvoluten wie alten
Bekannten mit einem wohlthuendcn Gefühle von Vertrautheit und sie fingen
an mit mir zu sprechen; die Gegenwart war vergessen und die Vergangenheit
trat lebendig vor meine Seele. Die Feder vermag cs aber nicht, all' die
Empfindungen zu bezeichnen, welche mich unserer Vorzeit gegenüber anwan-
delten — ich theilte in Gedanken die Freuden und Leiden der zu Grabe ge-
gangenen Geschlechter.
Mit einem Bunde verschiedener Urkunden, welche zu ordnen-, zu ver-
zeichnen und an ihre Pläze einzureihen waren, begab ich mich endlich her-
auf aus dem Gewölbe, in das heitere, geräumige Büreau-Zimmer an
meinen Schreibtisch, um den Inhalt des Bundes durchzugehen. Und
siehe da, gleich die erste Urkunde war ein erfreulicher Fund! Es trat mil-
der Name Markgraf Heinri chs von Hachberg entgegen, desjenigen Für-
sten, welcher das Iohanniterhaus Heitersheim gegründet. Die Urkunde
selbst betrifft die Beilegung einer Streitigkeit zwischen dem Kloster Then-
nenbach und den Herren von Weißweil, und ist im Jahre zwölfhundert
acht und fünfzig ausgestellt, also die älteste von diesem Markgrafen vor-
handene. Wie schön, dachte ich, tritt er mit einer Handlung in die Ge-
schichte, welche man als Symbol des Geistes und Charakters seiner ganzen
Nachkommenschaft aufstellen kann. Denn dasjenige, was den badischen Ast
von Hachberg vor andern Fürstenfamilicn so rühmlich auszeichnet, war
eine lange Reihe solcher Vergleichsgcschäfte, denen sich die Markgrafen
allezeit mit einer edlen Mäßigung und Friedensliebe unterzogen, wodurch
in den Jahrhunderten der Waffengewalt unzähliges Unglük verhütet
wurde.
Höchst vergnügt über die Entdekung dieser Urkunde legte ich sie in ein
neues Pallium und überschrieb dasselbe, während meine Neugier schon nach
der nächsten Nummer schielte, von welcher ich gerne eine gleiche Befriedigung
hoffte. Hastig ergriff die Hand das Pergament, an dessen Außenseite das
Auge sogleich die Merkmale eines fast gleichen Alters mit der vorigen Ur-
kunde erkannt hatte; seine Schwere aber verrieth mir leider, daß es eine
bleierne Bulle enthielt, aus der ich auf einen gewöhnlichen päpstlichen Be-
stätigungsbrief oder etwas Aehnliches schloß. Und so verhielt es sich auch —
 
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