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Verein für Badische Ortsbeschreibung [Hrsg.]
Badenia oder das badische Land und Volk: eine Zeitschr. zur Verbreitung d. histor., topograph. u. statist. Kenntniß d. Großherzogthums ; eine Zeitschrift des Vereines für Badische Ortsbeschreibung — 2.1840

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Die Wiedertäuferlehre im Hauensteinischen
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https://doi.org/10.11588/diglit.22584#0308

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277

In der Urzeit zog aus dieser Gegend des markianischen (mark-
männischen) Waldes Marbod die Markmannen weg nach dem
Böhmer Land. Auf der verlassenen Stätte siedelten sich über den Rhein
gekommene Nauracher an, mit diesen auch Römer, welche den ganzen
Schwarzwald in ihr rheinisches Borland einschlossen. Später war die
Gegend ein Bestandtheil des alemanischen Alpengaues, dessen Grafen
zn Gurtweil saalten; fiel alsdann den Herzogen von Zäringen zu,
kam mit dem einen Theil des zäringischen Erbes an die Grafen von
Kyburg, von diesen durch Sippschaft an das Haus Habsburgs),
und endlich, als zum Breisgau gehörig, an die Großherzoge von
Baden.
Dies kleine Gebirgsland beherbergt ein durch Charakter und Schick-
sale ausgezeichnetes, eigenthümliches Völklein, in dessen Schooße der
Funke der Freiheit, heimlich erzeugt, Jahrhunderte treu genährt, endlich
keck zur Flamme augefacht wurde. Vielerlei Verhältnisse von Zeit und
Ort hatten auf Stimmung und Bildung dieses Volksstammes Einfluß;
der wiederholte Regentenwechsel ließ die Liebe zum Landessürsten erkalten;
die alle Menschlichkeit empörenden Gräuel endloser Kriege nöthigten auch
der stärksten Geduld den Seufzer nach Rettung ab. Die Rittterschast,
durch Fehden und schlechte Wirthschaft in steter Geldnoth, verschlang
den Ertrag des Landes; das usurpirte Faustrecht würdigte den Leib-
eigenen auf die Stufe des Lastthieres herab. Nach und nach aber
begannen die festen Burgen, die so deutlich den Zweck ihrer ersten
Bewohner, als Wächter und Schützer des wehrlosen Volkes, sinnbildlich
verkündet hatten, nachdem der Geist des wahren Adels entwichen war,
über den entarteten Enkeln zusammenzustürzen. Der Landfrieden und das
neue Kriegswesen hauchten den Rittern gegen den gemeinen Mann
heimlichen Groll ein; denn sobald Bürger und Bauern zur Landwehre
die Waffen tragen durften, sank die Glorie des Adels.
Der Bewohner dieses Ländchens, mit dem benachbarten Schweizer
verwandt, hält fest und unverbrüchlich am Alten; alte Sitte, alte
Sprache, alte Kleidung erben sich auf Enkel und Urenkel getreulich fort.
Bieder und verschlagen, hochherzig und derb, roh und gemüthlich,

(3) Dieses ist nicht ganz richtig. Denn die grafschastlichen Rechte über den nie-
der» Albgau waren schon im zwölften Jahrhundert weder bei der zäringi-
schen noch kybur gischen, sondern bei der l e n z b u r g i s ch e n Familie,
und von dieser erst erbten sie auf die habsburgis ch e. Vergl. (Pahls)
Herda (meine Fortsetzung) I, 7.
 
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