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Badische Fundberichte: amtl. Nachrichtenbl. für die ur- u. frühgeschichtl. Forschung Badens — 23.1967

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Gerhardt, Kurt: Alexander Ecker und der urgeschichtliche Mensch: Eine Skizze
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https://doi.org/10.11588/diglit.44899#0222

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Kurt Gerhardt

Jahrhundert hinaus — hell oder sonor — weitertönte. Altmeister v. Baer, der selbst-
verständlich auch geladen war, mußte wegen Kränklichkeit und des schlechten Wetters
die lange Reise von Petersburg her aufgeben, nachdem der 73jährige in entzückenden
Briefen, die Ecker später auszugsweise mitteilte (1879), seine Freude über die bevor-
stehende Geburt herausgesprudelt hatte — „Vortrefflich! Vortrefflich!“ (v. Baer, 11.2.
1865). Die Zeitschrift erhielt den Namen „Archiv für Anthropologie“ mit dem bezeich-
nenden Zusatz „Zeitschrift für Naturgeschichte und Urgeschichte“. Insbesondere dem
frühen Menschen in seiner ihm eigenen Ganzheit galt es zu dienen: anders konnte
es der universale Geist v. Baers und Eckers gar nicht für sinnvoll halten. Die Redaktion
übernahmen Ecker und Lindenschmit, die opferbereiten Herausgeber waren die Verleger
Vieweg in Braunschweig. Es spricht so recht für die Redlichkeit Eckers, daß er in seinem
wegweisenden Geleitwort die Begründung einer „Berechtigung“ des Archivs voran-
stellte: nie war Anmaßung oder Unbekümmertheit in seinen Aussagen. Ich möchte jedem
angehenden Forscher am Menschen, nenne er sich nun heute Anthropologe, Prähistori-
ker, Ethnologe oder sonst was, ans Herz legen, diese Eckersche Einleitung sorglich zu
studieren: sie hat überzeitliche Gültigkeit, auch darin, daß sie von einem heute in der
Moderne kaum noch vorhandenen Ethos getragen wird: von der Ehrfurcht vor dem
Geschöpf Mensch. Der 1. Band, dessen 1. Heft im Mai 1866 erschien, setzte gleichsam mit
einem internationalen Autorenorchester ein. Ich führe hier aber nur die Beiträge von
Ecker an: „Die Berechtigung und die Bestimmung des Archivs“, „Skelet eines Makro-
kephalus in einem fränkischen Todtenfelde“, „Über eine charakteristische Eigenthüm-
lichkeit in der Form des weiblichen Schädels und deren Bedeutung für die vergleichende
Anthropologie“, „Einige Bemerkungen über fränkische und alemannische, schwedische
und römische Schädel, mit Beziehung auf seine Schrift ,Crania Germaniae'“. Jede dieser
Arbeiten bedeutete eine Wegmarke. Von höchstem Werte waren — und sind auch heute
noch — die internationalen Übersichten über die anthropologische Literatur, welche nicht
nur die Titel in möglicher Vollständigkeit brachten, sondern die wesentlichen Inhalte
referierten; die „Urgeschichte“ betreute hier Carl Vogt, welcher einige Jahre vorher mit
seinen „Vorlesungen über den Menschen, seine Stellung in der Schöpfung und in der
Geschichte der Erde“ (1863) die Gemüter gebeutelt hatte; die „Anatomie“, welche viel
Anthropologisches miterfaßte, behandelte Ecker unter Mithilfe von Weicker, an den
weiteren Übersichten „Ethnologie“, „Reisen etc“, „Allgemeine Anthropologie“, „Zoo-
logie in Beziehung zur Anthropologie“, die redaktionell verantwortet wurden, hatte
Ecker seinen gewichtigen Anteil. Wer einmal eine solche Arbeit geleistet hat, weiß, wie-
viel sie kostet, aber auch, in welchem Maße sie poliert und fördert: den Tätigen, den
Lesenden.
Wenigstens eine weitere Schädelarbeit Eckers, die in einem der folgenden Jahrgänge
des „Archivs“ erschien, möchte ich kennzeichnen: im Jahre 1868 veröffentlichte Ecker
„Einige Bemerkungen über die Skeletreste aus den . . . Grabstätten beim Hinkelstein
unweit Monsheim und bei Oberingelheim“. Lindenschmit (1868) hatte dieses „Todten-
lager“ als eines der ältesten des Rheinlandes bezeichnet, was auch heute noch gilt, aber
als absolute Zeitstellung dieses — wie wir heute wissen: neolithischen — Friedhofes etwa
„fünf Jahrhunderte vor Cäsar“ angesetzt. Ich gehe weiter unten noch ausführlicher auf
die damaligen Miseren der Urgeschichtsforschung ein, die einen so blitzgescheiten Kenner
wie Lindenschmit derart kraß narren durften. Für Ecker stellte sich die Aufgabe, zwei
 
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