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Vereinigung zur Erhaltung Deutscher Burgen [Hrsg.]
Der Burgwart: Mitteilungsbl. d. Deutschen Burgenvereinigung e.V. zum Schutze Historischer Wehrbauten, Schlösser und Wohnbauten — 14.1913

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Nr. 6
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Metzsch-Reichenbach, Carl von: Burg Stolpen
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https://doi.org/10.11588/diglit.32139#0126
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N4

Iohannes VI. (von Salhausen 1487—1518), gewidmet dem Evangelisten Iohannes; mit dieser Widmung
steht dann die an derOstseite desTurmes noch erhalteneSteinplatte inVerbindung, welche auf gekreuzten
Bischosstäben 5 Wappenschilde zu tragen scheint, von welchen das oberste einen Adler, das Symbol des
Ev. Iohannes, noch erkennen läßt, die Platte trägt die Iahreszahl 1520; ein Brand im Iahre 1742 beraubte
den Turm seiner Haube. Der in seinem unteren Mauerwerk 5,4 m starke Turm enthält ein unterirdisches
Gesängnis und baut sich über diesem aus Erdgeschoß und 4 Stockwerken aus, von welchen jedes einen
Naum enthält. Die Räume stehen durch einen sechsstöckigen, nordwestlich vorgelagerten Treppenturm
untereinander in Verbindung. Der Raum des Erdgeschosses, welcher vermutlich einst als Kapelle diente,
ist durch ein scharsgratiges, keilförmiges Steingewölbe ausgezeichnet, wie deren der Erbauer gleichsalls
in dem bischöslichen Schlotz zu Wurzen, jetzigem Sitz des Kgl. Amtsgerichts, ausführen lietz und wie

Abb. 87- Grundriß dcr Veste Stolpen nach einer im Königl. Hauptstaatsarchiv besindlichen Aufnahine voin Aahre 1743.

deren srüher der siebenspitzige Turm der Veste und die Albrechtsburg zu Meitzen, sowie Schlotz Strehla
an der Elbe noch besitzen. Wie in der Albrechtsburg sind auch hier die Fensternischen mit diesen kunstvollen
v ^ - Gewölben überspannt. Das vierte Stockwerk enthält einen in seinem äutzeren, unteren

Teile mit Sandsteinplatten gezierten, um das Iahr 1580 errichteten Wehr-Nundgang.

V -I ^ Am und im Turme sind nebenstehende Steinmetzzeichen angebracht. Eine genaue Aus-
^ nahme des Turmes besitzt das Kgl. Finanzverwaltungsbureau zu Dresden.

Historische Berühmtheit erhielt der Iohannisturm dadurch, datz er seit 1715 bis 1755 erst als Gefängnis,
später, von 1758 ab, als freiwillige Wohnung der Gräfin Lossell diente, weshalb der Volksmund jetzt den
Turm als „Cossellturm bezeichnet. Die genannte Gräsin Lossell wollte einmal in einem Anfall von Eifer-
sucht den König August (den Starken) von Polen erschietzen und mutzte dies Vergehen in jenem Turme
bützen. Der Nachsolger Augusts bot der Gräfin die Freiheit wieder an, doch sie blieb aus freier Wahl. Sie
hatte eine Treppe hoch ihr Wohnzimmer, noch höher ihre Bibliothek, Boudoir und dergleichen, autzerdem
einen kleinen Garten.

Im Eossellturme werden einige historische Merkwürdigkeiten, Gemälde, Kupferstiche und Autogramme
aufbewahrt. Bemerkenswert ist das schöne Bildnis des Kuradministrators, Herzogs Friedrich Wilhelm von
Weimar, bez.2.^V.V.15d7; es ist vom kurfürstlichenHosmalerZachariasWehme gemalt, demselbenKünstler,
von welchem die Kgl. ösfentliche Bibliothek zu Dresden das kunstreiche charakteristische Bildnis des Kur-
fürsten August besitzt; ferner sind bemerkenswert zwei kleinere, trefflich erhaltene Bildnisse, bez. 1585,
eine Zeichnung der Veste nebst Grundritz, bez. H. O. I. Anf.18.Iahrh., ein Kupferstich, die Stadt mit ihren
Befestigungen und die Veste Stolpen zeigend, bez. 1758, und ein Kupferstich von C. A. Günther, die
Veste von Süden darstellend.

Der dritte Hof, Kanonenhof genannt, war seitlich früher mit Gängen und Schietzscharten
versehen, welche der Besatzung gestatteten, sich nach dem hintersten Hof zurückzuziehen, falls der Feind in
 
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