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Vereinigung zur Erhaltung Deutscher Burgen [Hrsg.]
Der Burgwart: Mitteilungsbl. d. Deutschen Burgenvereinigung e.V. zum Schutze Historischer Wehrbauten, Schlösser und Wohnbauten — 6.1904-1905

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Nr. 10 u. 11
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Ebel, Friedrich: Burg Greifenstein im Westerwald, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.31828#0098

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kleine Tür ;u einein runden Türinchen, das die vcnn Rondell koininende, jetzt verschrvundene
Mauer begrenzce und ;u einem Altan leicet. Lctzterer, vor dein halbkreisförmigen Ausbau
der Durchfahrc gelegen, ;eigr noch Restc von Zinnen. Über dein Gcwölbe erhoben stch vier
Geschosse, von denen das oberste, nach dcn ceiliveise noch erbaltenen Mauerbögen ;u schließen,
früher inir einer Tonne überdeckr rvar. Die Lcnsterpfoslcn und Gcwande sind bis auf eins (;rveireilig
nrit Guerbalken) verschrvunden. 1?or dein großcn Gaal, der in jedem Scock liegt, befindet sich nach
Nordrvest ein korridorarriger Gang, dessen organischer Zusammenhang mit dem Gan;en nichr recht
erkennbar ist; in der Tat ist auch diescr Teil des Gebaudes, der ohne Verband an den Hauptbau
gefügt ist, erst unter Wilhelm Moritz cntstanden. Dicser ließ den Rern des Baues, der schon auf
dem Marianschen Gtich von 1650 sichrbar ist, nach sZordrvesten vergrößcrn und verandern; Beweise
sind die vielfachcn Ziegelsteine in den Gurrbögen, Gewölben und Mauern.

Mit diesem Bau sind wir in den vierten Bauabschnitt eingctrercn. Sein Hauptreprasencanc
ist die Gchloßkirche (Abb. 8 in V»r. 9). Wilhelm Moritz benutzte die alcc Rarharinen- und sparere

Grufckapelle, er verstarkte die
Mauern ralwarrs durch ;wei
große N7auerbögen und eincn
Screbepfeiler und setzte darauf
die neue Rirche. Ihre Archi-
rektur ist schmucklos und rvcist
heuce schlechre moderne Zu-
taren auf; um so überraschen-
dcr wirkt dafür die reiche
Stuckacur der Ran;el, der
Empore (Abb. Z) und der
Deckc. Eine Inschrifr an der
südlichen Empore nennr den
Rünstler und die Zeic der
Entstchung: lOV^ RL8 VL

1686.

Der Dekor gchört ;u dem
Besten, das in dieser Gegend
;u finden ist Dic Pucren sind
von gan; besonderer Gchönheit.
Eine Inschrifc (siehe Himmcl

!69^. An der Vlordwand
erinnern schmiedeeiserne Anker
mir 168Z an den

Bauhcrrn. 1820 mußte die
Rirche wegen Baufalligkeit
geschlossen wcrden; l829/Z9
wurde sie sodann wiederhcr-
gcstellr, jcdoch kam der 1806
vom Blitz gccroffene und bald
darauf abgerissene Turmhelm
nichr wieder ;ur Ausführung.

An die Rirche stößt ein
;iemlich umfangreicher 2Zau,
den Himmelreich für das in
dcn Hepenpro;esscn eine große
Rolle spiclende Gefangnis
halr. Vlur vom Dal aus
sichtbar, ist es bis ;ur Höhe
der Schürre gur erhalren. Gein
Inneres soll eine Reihe von
Gcrvölben aufrveisen, ;. Z. ist

reich G. 159) nennr alö Zeit Abb.z. Greifenstein,LmporeinderSchloßkirche. es leider nicht ;uganglich und

der Erbauung der Rirchc

konnte daher nichc in den

Rahmen der Unrersuchungen ge;ogen werden, wie so manches andcre, das uncer Gchucchaufcn
begrabcn liegr.

Burg Greifenstein gehört ;u unsern umfangreichsten Anlagen. Gchon im 17. Iahrhunderr
war ihre Srarke gerühmr, sie ist weir und breic in der Gegend die ein;ige veste, die dcn dreißigjahrigen
Rrieg guc überstand. Der Anriquarius des Lahnstroms er;ahlt, Graf wilhclm habe den Gcneral
Turenne, der lange vergeblich versuchte, Greifenstein ein;unchmen, nach aufgehobener Belagerung ;u
sich auf die Burg geladen und ihm im Gcher; die Übergabc der vcstc versprochen, wenn er an jedem
ihrer Tore einen Becher Wein lcere. Turenne soll den vcrsuch bald aufgegeben haben, da die Zahl
der Tore 22 bctrug. An diese Begebenheit soll ein Spruch am Haupttor des Schlosses erinnerc
haben: „Greifenstein du edles Haus, Vlüchtern hinein, trunken hinaus".

Abgesehen von seiner Größe bleibt uns Greifenstein deswegen wcrtvoll, weil an ihm wie
selten ;u verfolgcn ist, in welcher Weise sich das Gchloß und die Festung aus dcr Burg entwickelten.
Der bauliche Zustand der Burg ist leider überaus rraurig. Erfrculicherweise hat jedoch S. D. Prin;
Friedrich von Solms- Braunfels in Aussichc genommen, der Erhaltung der archaologisch wertvollsten
Teile naher;utreren.
 
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