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Vereinigung zur Erhaltung Deutscher Burgen [Hrsg.]
Der Burgwart: Mitteilungsbl. d. Deutschen Burgenvereinigung e.V. zum Schutze Historischer Wehrbauten, Schlösser und Wohnbauten — 6.1904-1905

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Nr. 10 u. 11
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Wenzel, Ernst: Der wehrhafte Kirchturm zu Niederzwehren bei Cassel und Geschichte des Ortes
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Mehlis, Christian: Von der Wolfsburg in der Pfalz
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https://doi.org/10.11588/diglit.31828#0106

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aus das Gewölbe und von da auf den Fußboden des l> Grscks. Diesev Raum erhälr sein Licht durch je einen nach
Ptord und Süd gerichrcron Gchießschliy mir plarre ;um Auflegen des Armcs der Armbrustschüyen. Ein rings um den
Turm laufendes Hohlkehlgesims verhinderre das Hinaufschieben von Srurmleirern. Das zweire Grockwerk, dessen Gebälk auf
vsn Rragsteinen gerragenen Steinbalken ruhk, har je einen Schießschliy nach Osten und weste», deren leyrercr das
Bestreichen der gesamren Dachfläche gestarrer. Diese Art wehranlage eines Rirchrurms finder sich sehr bäufig an den
hesstschen Lirchenbauren. Vvas aber den Durm von Niedeezwehren vor allen andcren auszeichner, das ist sein weirerer Aufbau.
Das drirre Srockwcrk, deisen Gebälk mirsamr den lNauerlatten auf einem Maueeabsay ruhr, weist nach allcn vicr Seircn
pcchnascn auf. Dieselben bestehen aus zwei aus der Mauer vorstehendcn plarren und einer von Ronsolen getragenen,
die von einer Schlüiselscharre füe Hakenbüchscn durchbrochen wird. Die Scharre ist, wie aus der Abbildung 1O erstchrlich
ist, so gestalrer, daß die hindurchgesteckre Büchse inncn einen festen Halr harre in der Vcrengung, während die
Rundung den Durchblick crmöglichre 2lußen gestattete die unren befindliche 2lundung eine Lewcgung der Lüchse,
während dcr Schliy das zum 2richren norwendige Licht spendere. In jedcr dieser pechnasen harren zwei Mann play,
dcr eine zur Handhabung der Lüchse, der andere, um den an die Mauer herangekommenen Feind mit Steinen, pech,
Unrar u. dergl. ;u bcwcrfen Über jeder der pechnasen befindet stch ein gorhisches Maßwerksfenstcr. In einem ist die
Zahl 1472 eingemeißelr, jedenfalls die Zeir der Vollendung des Durmes. Der durch diese Fenster erhellre Raum enrhielt
und enrhälr noch jeyr die Glocken, deren Gestühl auf bis zum Mauerabsay hinabgehenden starken pfosten ruht. Eine
der beiden Glocken ist dem Durm gleichalrrig und rrägt kleine Reliefs, während die andere umgegojsen ist. Da»
lNauerwerk des Durmes ist oben von einem hohlprofilierren Gestms abgedeckt. Etwas unrerhalb des Gestmses enrwickeln
stch durch allmähliche Auskragung aus den vier Ecken kleine Rundbauren, welche in Höhe des Gestmses mit ciner
plarrform abschließen, deren einzelne plarrcn über den rragenden Ronsolsteinen zusammenstoßen. Zwischen je zwei dieser
Ronsolen bcfinder stch in der Plarre ein Schießlsch, durch welches man die Ecken des Durmes unrer Feuer nehmen
konnre. Insgcsamr befinden sich in den plarrformen der Eckrondelle 1S Schießlöcher; es konnren demnach in den
verschiedenen Srockwerkcn zugleich ZS Schüycn in 2lkrion rrcten. Das Dach des Turmes ist eine achrscirige Ppramide
mir 4 Eckrürmchen. Ich möchre behaupten, daß dieser Helm eine genaue Ropie des am 19. Ianuar 1552 durch Bliy-
schlag in Lrand geseyren Helms ist und ein Vorbild für alle ähnlichen Durmhelme der Umgegend geworden ist, denn
durch die Eckrondclle waren die Türmchen unbedingt norwendig, während ste bei anderen Türmen nur des schöncn
Aussehens wcgen angebracht stnd. Gb der Durm jemals in die Lage verseyr worden ist, seine Zwecke ;u erfüllcn,
darübcr ist nichrs bckannr. Im dreißigjährigen Rriege war Zwehren der Lagerplatz ansehnlicher Heere und auch im
stebenjährigen Rriege harre Zwehren schwer ;u leiden. Im Iahre 17SS wurde infolge Zusammenbruchs einer Empore
das alre Rirchenschiff abgebrochen und in dem folgenden Iahre eine geräumige predigrkirche aufgcführr, wobei der
Driumphbogen aus Mangel an Verständnis zugcmauerr wurde.

Zum Schlujse sei noch bemcrkr, daß in Niederzwehren die Märchcnfrau Viehmann gebsren wurde und wohnre.
deren Erzählungen die Gcbrüder Grimm dcn Stoff ihres Märchcnschatzes verdanken.

von der wolfsburg in der pfalz.

Von Or. L. Mehlis.

ie Burgrnine Wolfsburg Uegr bekannrlich auf einer nach Güdwest-Süd vorspringenden
^lase des wolfsberges (-82 m) in 280 m Meereshöhe. wahrscheinlich rvurde dies
„Lastruin 0olfberg" zu gleicher Zeit rnit den Bergnestern Winzingen und Rastenburg
(Mazburg) bereirs unter den Galiern ;ur Deckung des vorn Mittelrhein gen Lothringen
frchrenden Talrveges angelegt, wofür die kleinkalibrigen Mauerteile, aus denen die alresten
Ninfassungswerke hergestellc, bei diesen drei Burgen sprcchen, ebenso der Architekturstil der Burgkapelle
auf 0este Winzingen, jetzt Haardcer Schloß.

2lbcr erst ain 28. Marz des Iahres 1255 ^) erscheint die Burg wolfsberg urkundlich und zwar
bereirs gleichzeirig mir uova civit38 — Neustadt a. d. Haardt. In diesein Iahre erhielt Pfalzgraf
Ludwig II., der Screnge, in der Landgücerteilung das altsalische Gelande in der vorderpfal;: ^leu-
stadt, wolfsberg, winzingen, Wacheicheiin, Gggersheim, Epstein, die seicher beim Hause Wittelsbach
und der Pfal; geblieben sind.

Selbstredend waren es die crsten Wirrelsbacher (Ludwig I., Vtro der Erlauchre, Ludwig II ),
die im eigenen Inceresse und zur Sicherung ihrer Stadre und Grrschaften in der 0orderpfalz im
Sinne einer zeicgemaßen 0erreidigung aus dem halb verfallenen Scraßenkastell eine „feste Burg" ge-

*) vergl. häußer, „Geschichie der rheinischen pfalz, j. Bd., 5. 8S; I. L. lvidder, „Beschreibung der Aurf. pfalz am
Rheine", II. Teil, S. 2Z8; die Liieratur vergl. bei tville und Aoch: „Regesien der pfalzgrafen am Rhein" (jS87) j. Lief. S. 36.
 
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