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Jean Francois Millet.
dankt er die Stärke seines Charakters und seiner Ueber-
zeugungen, und in der ländlichen Umgebung, in welcher
er geboren und erzogen, fand er die begeisternden
Eindrücke, welche seine ganze Laufbahn beherrsch-
ten. Obgleich er nach den ersten 18 Jahren seines
Lebens niemals wieder — ausgenommen zu kurzem
Besuch — nach seinem Geburtsort zurückgekommen
war, konnte doch nichts die Erinnerung an diese ersten
Eindrücke schwächen, und bis an sein Lebensende
blieb er der Bauer von Greville. »Oh, wie gehöre
ich meiner Heimat an,« rief er aus, als er 1871 —
drei Jahre vor seinem Tode — zum letztenmal die
Normandie besuchte, und ein wahreres Wort war nie
gesprochen.
Jean Francois Millet wurde am 4. Oktober 1814
zu Gruchy geboren, in einem Vorwerk von Greville,
einem Dorf zehn Meilen von Cherbourg, in dem
Departement von La Manche an der nordwestlichen
Spitze des schmalen Streifens der Küste, welcher in
den englischen Kanal ausläuft und mit dem steilen
Vorgebirge von La Hague endigt. Eine wilde und
schroffe Küste ist es, mit hoch aufragenden Granitfelsen
und Spitzen, ernst und trostlos dem Auge des See-
manns, welcher ihre gefährlichen Ufer umschifft, aber
lieblich und fruchtbar im Innern; eine Gegend wellen-
förmigen, von frischen Winden durchwehten Moor-
landes, wo seltsame alte Kirchtürme aus grauem Ge-
stein die Hügel krönen und niedrige Dächer sich
zwischen den Obstgärten und Wiesen der geschützten
Thäler bergen. (Der ganze Distrikt hat für den Eng-
länder noch ein besonderes Interesse als Wiege einiger
der ältesten Familien, und manche dieser Dörfer —
wie auch Greville — tragen noch die Namen der
Barone, welche einst mit dem Eroberer hinausgesegelt,
Jean Francois Millet.
dankt er die Stärke seines Charakters und seiner Ueber-
zeugungen, und in der ländlichen Umgebung, in welcher
er geboren und erzogen, fand er die begeisternden
Eindrücke, welche seine ganze Laufbahn beherrsch-
ten. Obgleich er nach den ersten 18 Jahren seines
Lebens niemals wieder — ausgenommen zu kurzem
Besuch — nach seinem Geburtsort zurückgekommen
war, konnte doch nichts die Erinnerung an diese ersten
Eindrücke schwächen, und bis an sein Lebensende
blieb er der Bauer von Greville. »Oh, wie gehöre
ich meiner Heimat an,« rief er aus, als er 1871 —
drei Jahre vor seinem Tode — zum letztenmal die
Normandie besuchte, und ein wahreres Wort war nie
gesprochen.
Jean Francois Millet wurde am 4. Oktober 1814
zu Gruchy geboren, in einem Vorwerk von Greville,
einem Dorf zehn Meilen von Cherbourg, in dem
Departement von La Manche an der nordwestlichen
Spitze des schmalen Streifens der Küste, welcher in
den englischen Kanal ausläuft und mit dem steilen
Vorgebirge von La Hague endigt. Eine wilde und
schroffe Küste ist es, mit hoch aufragenden Granitfelsen
und Spitzen, ernst und trostlos dem Auge des See-
manns, welcher ihre gefährlichen Ufer umschifft, aber
lieblich und fruchtbar im Innern; eine Gegend wellen-
förmigen, von frischen Winden durchwehten Moor-
landes, wo seltsame alte Kirchtürme aus grauem Ge-
stein die Hügel krönen und niedrige Dächer sich
zwischen den Obstgärten und Wiesen der geschützten
Thäler bergen. (Der ganze Distrikt hat für den Eng-
länder noch ein besonderes Interesse als Wiege einiger
der ältesten Familien, und manche dieser Dörfer —
wie auch Greville — tragen noch die Namen der
Barone, welche einst mit dem Eroberer hinausgesegelt,